Seite:Otmar Volcks-Sagen.pdf/285

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Juden, die nahe am Thor wohnten, von denen sie die Kleider kaufen wollte, noch verschlossen, und wollte wieder zu ihrem Kerker zurückkehren.

Aber, der Taumel ihrer Gedanken machte sie schwindeln. Sie verfehlte den Weg in der Stadt, und, halb besinnungslos stand sie mit einemmal auf dem Marktplatz in der Mitte derselben. Es war noch so früh am Tage, daß sie auch hier keinen Menschen sah. Sie richtete ihren niedergesenkten Blick in die Höhe, und sahe die Rolands-Säule an der Ecke des Rathhauses. Ueberwältigt von ihrem Jammer und von dem Drang ihrem vollen Herzen Luft zu machen, warf sie sich vor dem steinernen Bilde auf die Knie, und erzählte diesem, unter Strömen von Thränen und lautschluchzend ihre Leiden, und die Abscheulichkeiten, die sie in der Raubhöle gesehen und gehört hatte.

Ein vorbeigehender Gerichtsdiener hörte einen Theil ihrer Beichte, und nötigte sie, mit ihm zu dem Schöffen zu gehen. Hier,

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Johann Karl Christoph Nachtigal: Volcks-Sagen. Wilmans, Bremen 1800, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otmar_Volcks-Sagen.pdf/285&oldid=- (Version vom 1.8.2018)