Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/148

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Gespräch, als durch an einander hängende Lektionen mitgetheilt zu seyn. [1] Wie viel anders mußte hier die Sorge des Liebhabers für die Ausbildung des Geliebten, und der Eifer des letzten, sie zu nutzen, seyn, als wenn der junge Mann entweder von dem Miethlinge lernt, oder die Mittel zur Ausbildung seines Geistes und seines Herzens ohne alle Schwierigkeiten findet! Wie wichtig, wie edel wurden dadurch diese Verbindungen! Darum nannte schon Solon die Liebe der Männer eine Mutter aller Tugend: darum empfahlen sie alle Weltweisen als das zuverlässigste Mittel, junge Seelen dazu anzuführen.

Diese Vortheile waren der Grund, warum die Athenienser so nachsichtig gegen Mißbräuche waren, die sich leicht in diese Verbindungen einschleichen, aber zu gleicher Zeit die Begeisterung und die Innigkeit erhöhen konnten, womit diese Bürgerpaare an einander hingen. Sie billigten die Richtung, welche eine ausgelassene Sinnlichkeit zu Körpern des nehmlichen Geschlechts nahm, nicht unbedingt, nie, wenn die Verbindung allein auf bloße Befriedigung einer unreinen Lust ausging. Sie nannten ein solches Verhältnis: eine gewöhnliche, pöbelhafte Liebe, die sich nicht um den Werth, um das Wohl des Geliebten bekümmerte, seine Seele durch schändliche Gewinnsucht zu verderben suchte, und ihn verließe, wenn sie zu ihrem verworfenen Zwecke gelangt war. Vor dieser Liebe suchten die Väter ihre Kinder zu bewahren: diese mißbilligten sie an den Lesbischen Weibern, nach deren Lage gegen


  1. Xenophon in den Denkwürdigk. des Sokrates. Viertes Buch, viertes Kap.