Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/170

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giebt es eine feinere Geschlechtssympathie des Körpers, wobey die Symptome der Lüsternheit nur sehr schwach sind: giebt es ferner eine Geschlechtssympathie der Seele, die sich durch einen schwärmerischen Aneignungstrieb der Geister, durch eine Art von Besessenheit, äußert. Nicht selten, und beynahe jedesmahl, wo der schwärmerisch begehrte Geist in einem Körper wohnt, der körperliche Lüsternheit erwecken kann, wirkt diese im Geheimen mit, und dient dazu, jene Geschlechtssympathie der Seele, jene Besessenheit zu erhöhen. Eine Zärtlichkeit, die auf dieser feineren Geschlechtssympathie beruht, nimmt aber immer noch einen leidenschaftlichen Charakter von besonderer Art an, die sich durch schmachtende Sehnsucht, schmelzende Hingebung, und ununterbrochene Vorstellung des Bildes des Geliebten, von den Symptomen der Freundschaft sehr unterscheidet, und die Geschlechtsliebe unwidersprechlich begründet.

Aber auch selbst in dieser feineren Geschlechtsliebe giebt es Stufen. Zuweilen melden sich die körperlichen Triebe gar nicht, bloß der Geist scheint sich den Geist aneignen zu wollen. Zuweilen äußert sich auch dieser schwärmerische Aneignungstrieb der Geister nur mit dunkeln Spuren des schmachtenden Begehrens, der schmelzenden Hingebung, und der Besessenheit von dem Bilde des Geliebten. In diesem letzten Falle kommt die Geschlechtsliebe der Freundschaft so nahe, daß nur die Verhältnisse, worin die Personen in Rücksicht auf Zartheit und Stärke zu einander stehen, die Vermuthung unterstützen kann, daß Geschlechtsliebe bey der Verbindung zum Grunde liege.