Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/94

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deine Ruhe durch keine unfreundliche Begegnung zu stören, und mir durch Achtung deine Liebe zu erhalten!“ Diese wahrhaft liebende Gesinnung gehört allen Zeiten an, wenn gleich die Handlung, wodurch sie sich äußert, ins Heldenalter zurückgeführt werden muß.

Die Art, wie eben diese Andromache sich für ihren Sohn aufzuopfern bereit ist, liefert einen neuen Zug dieses schönen Charakters, der an einer andern Stelle in die Worte ausbricht: „Nicht Schönheit fesselt den Mann, sondern einnehmende Tugend!“ – Ueberall wird in diesem Schauspiele treue Anhänglichkeit an einem einzigen Weibe eingeschärft. Das Chor empfiehlt sie. Hermione sieht die Monogamie als einen Vorzug der Griechen vor den Barbaren an, und Menelaus sagt: „Das Weib hat in Ansehung der ehelichen Treue gleiche Rechte mit dem Manne, nur mit dem Unterschiede, daß dieser die Untreue des Weibes selbst richtet und bestraft, die Frau aber Hülfe bey ihren Anverwandten findet.“

Die Verirrungen der Gattinnen werden hauptsächlich dem übeln Beyspiele und dem verführerischen Rathe anderer Weiber von verdorbenen Sitten zugeschrieben, und Hermione räth daher, weibliche Freundinnen von ihnen zu entfernen.

Orestes zeigt gegen das Ende des Stücks ein merkwürdiges Beyspiel von liebender, beynahe romanhafter Standhaftigkeit. Er, der vorher um Hermionen geworben hatte, aber vom Peleus verworfen war, hat sie, ungeachtet ihrer Ehe mit Pyrrhus[WS 1], nicht vergessen können, und biethet ihr, nachdem sie von ihrem Gemahle verlassen war, seine Hand an.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Perseus (siehe Verbesserungen)