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zurückgeschlagen worden. Mossala Dschin, nicht mehr der heuchlerische Förderer abendländischer Zivilisation, – nein, der Sultan von Dscharani, der Beduinenfürst, der Mohammedaner, der Enkel des Feldherrn des Mahdi, war eingetreten.

Nichts mehr von europäischer Tracht. Nichts mehr von dem verbindlichen Lächeln des Weltmannes … Nichts mehr von dem klug gezügelten Blick der langbewimperten Fanatikeraugen … Der, der dort, herausgeputzt zu einer Fantasiegestalt eines Kalifen aus Harun al Raschids Zeiten, regungslos stand, die Rechte leicht auf den Griff eines krummen Säbels gelehnt – Theaterfigur vielleicht, trotzdem geschmackvoll in ihrer Würde, brutalen Anmaßung und dem ungekünstelten Selbstbewußtseins – war ein Vertreter jener schrankenlosen Machtfülle, jenes bedingungslosen Absolutismus, mit dem einst der erste Mahdi und sein Nachfolger sogar das stolze Albion herausgefordert und halb Afrika in Flammen gesetzt hatten.

Die Seele des Orientalen wird dem allzu nüchtern denkenden Mitteleuropäer stets ein Rätsel bleiben. Der fatalistische Schwung dieser Herrscher, die einen Slatin Pascha[1] in Ketten niederste Dienste leisten ließen, die ihren Kriegerscharen vorausstürmten und mit der Selbstverständlichkeit von Helden auf dem Schlachtfelde verbluteten, – dieser ungeheure innere Antrieb, für eine Idee sein Leben hinzugeben, ist verwässert worden durch jene Überkultur, an der ein Rom, Athen, Sparta zu Grunde gingen.


  1. Vorlage: Pasche
Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Rauschgiftpatrouille. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1933, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rauschgiftpatrouille.pdf/262&oldid=- (Version vom 1.8.2018)