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eigener Erfahrung – hier erwähne, daß mir zahlreiche Leute aus sog. „gebildeten Ständen“ begegnet sind, die die gröbsten Verstöße gegen die gesellschaftlichen Anstandsforderungen und Gebräuche begingen.

Fangen wir mit einem äußerst unappetitlichen Verstoß an. – Das Ausspeien ist in Gesellschaft stets verpönt. Auch wenn Spucknäpfe vorhanden sind. Viele glauben nun, genügend Rücksicht auf zartbesaitete Mitmenschen zu nehmen, wenn sie das vorgehaltene Taschentuch als Speinapf benutzen. Auch dies genügt nicht. Wer von einem Hustenanfall oder Niesen überrascht wird, drehe sich um oder verfüge sich, wenn ihm Zeit dazu bleibt, etwas abseits und erledige alles recht geräuschlos.

Wer stark erkältet ist, lehne eine Einladung zu einem Essen usw., wo er in seinem Zustand anderen nur den Appetit verdirbt, unbedingt ab. Ein Tischherr, der alle fünf Minuten seine Tischdame und die Nachbarschaft durch einige trompetenartige Explosionen seines Riechorgans „erfreut“, ist kein angenehmer Gast. – Mir schwebt eine sehr peinliche Szene vor, wo ein junger Bankbeamter, als gerade Gänsebraten gereicht wurde, die Schüssel mit einem Sprühregen aus seiner dick verquollenen Nase bedachte, so daß die Hausfrau die Schüssel sofort hinausschicken mußte. Der erkältete Pechvogel wurde in diesem Hause nie mehr eingeladen. Er hätte daheim bleiben sollen. In welcher Art man auf Einladungen hin abschreibt, darauf komme ich später zu sprechen. –

Viele wissen auch nicht, daß es als unfein gilt, den Teelöffel in der Tasse, im Grogglas usw. zu lassen. Hast Du den Zucker zerrührt, so lege den Löffel auf die Untertasse oder den Teller. – Dies ist durchaus keine überflüssige Anstandsregel. Nur zu leicht kann man durch den über den Tassen- oder Glasrand hinausragenden Löffel Tasse oder Glas bei einer Hand- oder Armbewegung umstoßen.

Da wir nun einmal beim Löffel sind, soll auch gleich über Messer und Gabel etwas gesagt werden.

Daß man das Messer nicht zum Munde führen darf

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)