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im Salon zusammensitzen soll. Wie soll da eine rege Unterhaltung und Stimmung aufkommen?! Ach – in wie vielen Häusern findet man die Unsitte, daß die Gastgeber bei zwanglosen Abendessen nach Tisch nur den Salon erleuchten, so daß die Gesellschaft sozusagen an diese Stätte gebannt ist. Nichts ist verkehrter als dies! Stehen Dir nicht viel Räume zur Verfügung, so erleuchte wenigstens zwei. Für jeden Gast ist es eine Pein, vielleicht nach Tisch abermals zwei Stunden auf einen Stuhl festgemauert zu werden. Bewegungsfreiheit – das verlangt jeder, der nicht gerade schon ganz „zum alten Eisen“ gehört. Insbesondere wenn Jugend dabei ist, soll man es dieser ermöglichen, sich abzusondern.

Dann: verhindere nach Möglichkeit musikalische Darbietungen zweifelhafter Güte! Etwa Klaviervorträge oder Belästigungen durch eine sangeswütige Jungfrau! Ein Zuviel ist in dieser Beziehung stets eine Belästigung. Wer ein Menü von ein paar guten Gängen nebst Wein hinter sich hat, empfindet sog. schwere Musik und Konzertlieder immer nur als Störung, selbst wenn sie von „Künstlern“ vorgetragen werden. Wer dies ableugnet, wer behauptet, davon einen Genuß zu haben, – schwindelt! Es gehört zu den schlimmsten gesellschaftlichen Mißbräuchen, seine Gäste durch ein Übermaß derartiger Darbietungen anzuöden. Aber: es ist nun mal „Sitte“, daß, wer die Mittel dazu besitzt, Künstler „von Ruf“ den Gästen präsentiert – als teuersten Nachtisch, genau so wie es in vielen Familien wieder zum Abendprogramm gehört, daß Fräulein Müller fünf Lieder singt und Herr Meier beweist, daß er Chopinsche Etüden usw. durchaus nicht fehlerlos herunterpauken kann. – Fein-humoristische Vorträge aller Art – eingestreut auch mal etwas Ernstes – das ist der richtige „Nachtisch“!

Schließlich: sorge für eine angenehme Beleuchtung! – Es ist durchaus verkehrt, daß (wie die Romanphrase lautet) „der Saal in eine Überfülle von Licht getaucht war“, daß das Tafelsilber und die geschliffenen Gläser funkelten und leuchteten – und so weiter! – Nein,

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/45&oldid=- (Version vom 1.8.2018)