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eine Überfülle von Licht ist geradezu schädlich für die Stimmung Deiner Gäste! Wer es versteht, eine sog. „mollige“ Beleuchtung herzurichten, wird sehr bald merken, daß sie weit belebender wirkt als das grelle Licht unserer modernen Beleuchtungskörper, die im holden Antlitz der Damen jedes Fältchen preisgeben und stets kalt und nüchtern sind. – Ich verkehrte einst in K. in Ostpreußen bei einem Arzt, dessen Abendgesellschaften geradezu berühmt waren. Für einen solchen Abend umhüllte er alle elektrischen Birnen mit ganz dünnem rosa Seidenpapier, das sehr gefällig drapiert war. Es gab das ein sehr trauliches, intimes Licht ab[WS 1]. Dann schuf er durch Umstellen der Möbel, durch Blumenkübel und Efeuwände die von mir wiederholt betonten lauschigen Eckchen, hing dort bunte Lampions hinein und wußte in diesen Eckchen stets die Leute zu vereinen, die gut zueinander paßten. – Freilich: in den meisten Familien werden selbst die zwanglosen Abendessen stets „nach der Schablone“ abgetan. Viele fürchten sich geradezu, eine selbsterdachte Neuerung einzuführen. Weshalb?! Weshalb nicht so viel gesundes Selbstbewußtsein haben, um mal aus der Schablone herauszuspringen?! Ebenfalls in Ostpreußen (der Heimat der berühmten „Königsberger Fleck“ war ich einmal als Angehöriger einer studentischen Abordnung zu einer sehr hochstehenden militärischen Persönlichkeit zum Abendessen geladen. Um 1 Uhr nachts gab es – zur allgemeinen Überraschung – Königsberger Fleck, dann Kaffee und Kuchen an gemeinsamer Tafel! Dies bürgerte sich schnell ein. Ob es heute in Ostpreußen noch Mode ist, weiß ich nicht.

Was ich soeben über „Beleuchtung“ gesagt habe, trifft bei allen festlichen Veranstaltungen kleineren Stils zu, so besonders auch für die sog. „Nachmittagstees“, wobei zumeist diese Nachmittage der feststehende Empfangstag der Hausfrau sind. Hierzu sind keine schriftlichen Einladungen nötig. – „Bitte kommen Sie doch dann und dann zu einer Tasse Tee. Von 5–7 Uhr bin ich an diesem Tage stets zu sprechen,“ so sagt Frau Müller zum jungen Meier. – Diese Nachmittagstees

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vgl. den Beitrag Licht und Laune von Walther Kabel, erschienen 1915 in der Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens.
Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/46&oldid=- (Version vom 1.8.2018)