Seite:Wie die Führer des Boxeraufstandes bestraft wurden.pdf/3

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Walther Kabel: Wie die Führer des Boxeraufstandes bestraft wurden. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 13, S. 223–225

Tod auf seine greise Mutter und ihre Gesundheit machen würde, beschäftigte ihn sehr.

Den ganzen Tag über war sein Zimmer gedrängt voll von Freunden. Der Gouverneur hatte sie zunächst fernzuhalten gesucht, aber schließlich nachgegeben, so daß die Zahl der Anwesenden sehr groß war. Da der Gouverneur merkte, daß Chaos Stimme noch klar und fest und kein Anzeichen für den nahenden Tod vorhanden war, befahl er einem Diener, ihm Opium zu geben. Als um fünf Uhr auch das Opium noch nicht gewirkt hatte, wurde den Dienern befohlen, dem Verurteilten eine reichliche Dosis Arsenik zu geben, worauf er zu Boden fiel und dort, ächzend und sich die Brust schlagend, liegen blieb. Er klagte über heftige Schmerzen und bat, daß man ihm die Brust reibe; aber seine Natur war so stark und sein Wille zum Leben so zähe, daß er selbst um elf Uhr noch bei klarem Bewußtsein war.

Der Gouverneur geriet jetzt in große Unruhe und Sorge, wohlbewußt, daß die Kaiserin-Witwe einen stichhaltigen Grund dieser langen Verzögerung der Ausführung ihres Befehls verlangen werde. Darauf schlug man ihm vor, man solle einige Stücke dicken Papiers zusammenballen, sie in starken Spiritus tauchen und mit ihnen die Luftröhre schließen; so würde der Verurteilte schnell ersticken. Tsen billigte den Vorschlag, und nachdem fünf Papierpfropfen eingeführt waren, starb Chao endlich.

Hierauf beging seine Gattin, bitterlich weinend, Selbstmord, indem sie Gift, und zwar Arsenik, nahm.

Bis zum Ende wollte Chao nicht glauben, daß die Kaiserin seinen Tod zulassen werde, und es ist daher wahrscheinlich, daß er nur unzureichend Opium und Arsenik schluckte, um Zeit für einen Aufschub zu gewinnen.

Interessant ist auch die Schilderung des Todes des Prinzen Chuang. Der Prinz begab sich nach Tuchon im südlichen Schansi, um dort die Entscheidung der Kaiserin-Witwe über sein Schicksal abzuwarten. Er bewohnte dort ein kaiserliches Lustschloß. Als der Gouverneur Kopaohua dorthin das Dekret brachte, das Chuang befahl, sich zu entleiben, war es noch früh am Morgen.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Wie die Führer des Boxeraufstandes bestraft wurden. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 13, S. 223–225. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_die_F%C3%BChrer_des_Boxeraufstandes_bestraft_wurden.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)