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William Shakespeare: Romeo und Juliette. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.

Romeo (zu Juliette.)

[1] [Wenn meine unwürdige Hand diesen heiligen Leib entweiht hat, so laß dir diese Busse gefallen: Meine Lippen, zween erröthende Pilgrimme, stehen bereit den Frefel, mit einem zärtlichen Kuß abzubüssen.

Juliette.

Ihr thut eurer Hand unrecht, mein lieber Pilgrim; sie hat nichts gethan, als was die bescheidenste Andacht zu thun pflegt; Heilige haben Hände, die von den Händen der Wallfahrenden berührt werden, und Hand auf Hand ist eines Pilgrims Kuß.

Romeo.

Haben Heilige nicht Lippen, und andächtige Pilgrimme auch?

Juliette.

Ja, Pilgrim, sie haben Lippen, aber zum Beten.

Romeo.

O so erlaube, theure Heilige, erlaube den Lippen nur, was du den Händen gestattest; sie bitten, (und du, erhöre sie,) daß du den Glauben nicht in Verzweiflung fallen lassest.

Juliette.

Heilige rühren sich nicht, wenn sie gleich unser Gebet erhören.


  1. Dieser Dialogus ist im Original eine Elegie mit verschränkten Reimen.
Empfohlene Zitierweise:
William Shakespeare: Romeo und Juliette. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/45&oldid=- (Version vom 1.8.2018)