William Shakespeare: Was ihr wollt. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII. | |
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Stadt aufzusuchen. Sein Rath könnte mir izt den grössesten Dienst thun – – Denn wenn gleich meine Vernunft gegen meine Sinnen behauptet, daß diß alles irgend ein Irrthum seyn könne, ohne daß es Einbildungen oder Tollheit seyn müsse; so geht doch dieser Zufall und ein so ausserordentliches Glük so weit über alles, was man sich vorstellen kan, oder was jemals erhört worden ist; daß ich bereit bin, ein Mißtrauen in meine eigne Augen zu sezen, und mit meiner Vernunft zu streiten, wenn sie mich bereden will, irgend etwas anders zu glauben, als daß ich toll sey oder daß es diese junge Dame sey; und doch, wenn das leztere wäre, würde sie ihr Haus regieren, ihren Bedienten Befehle geben, Geschäfte annehmen und auftragen, und das alles mit einer so guten Art, mit einem so sanften, vernünftigen, gesezten Wesen, wie ich sehe, daß sie thut? In der That, es ist etwas unbegreifliches in dieser Sache. Aber da kommt sie ja selbst.
Olivia.
Tadelt nicht, daß ich zu hastig sey; wenn eure Absicht
ehrlich ist, so kommt mit mir und diesem heiligen
Mann in die Capelle, und unter ihrer geweyhten Umwölbung
schwöret mir da, vor ihm, das Gelübd eurer Treue
zu, damit meine noch immer mißtrauische, noch immer
zweifelnde Seele beruhigt werde. Er soll es geheim halten,
bis es euch selbst gefallen wird, die Zeit zu einer öffentlichen
Feyer, die meiner Geburt gemäß sey, zu bestimmen.
Was sagt ihr hiezu?
William Shakespeare: Was ihr wollt. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/486&oldid=- (Version vom 1.8.2018)