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leichenblaß, völlig verstört vor. Fliegenden Atems berichtete er, daß der Schurke, der Preßburger, ihn und Zahn, die zuletzt von der Sache nichts mehr hätten wissen wollen, entsetzlich hineingelegt hätte –“ Er unterbrach sich hier. „Ah – sie kommen – ganz still!“ flüsterte er und zog einen Revolver aus der Tasche. Gertrud Hold zitterte wie Espenlaub. Auch mir war siedend heiß vor Aufregung.

Wir hörten in 47 Schritte, Stimmen. – „So, da wären wir,“ sagte Schilling. – „Endlich!“ meinte Bremer lachend. „So – nun danke ich Ihnen sehr. Ich bin beim Zeichnen gern allein.“

Harst hatte sich erhoben, riß die Verbindungstür ganz auf. In demselben Moment packte Schilling den Verbrecher blitzschnell bei den Handgelenken. Und – alles verlief in Sekunden – nun saß der erdfahl gewordene Bremer mit Stahlbändern um die Hände in einem Korbsessel.

Auch wir nahmen Platz. – „Geben Sie zu, Schmiedicke ermordet zu haben?“ fragte Harst dann den Pockennarbigen, der sich sehr bald wieder gefaßt hatte. – „Herr – Sie müssen verrückt sein!“ brauste Bremer auf[1]. – „Sie werden Ihren Ton ändern,“ meinte Harst gelassen. „Ich kann Ihnen genau schildern, was damals am 3. Mai vorgegangen ist.“ – „Wer sind Sie, zum Teufel?“ – „Natürlich Kriminalbeamter. Das ist wohl nicht schwer zu erraten. – Ich habe gestern aus Wien telegraphisch über Sie Auskunft verlangt. Die Antwort lautete etwa: Zivilingenieur Bremer, sehr befähigt, sehr ehrgeizig, stets große Projekte, ebenso große Fehlschläge, sucht schnell reich zu werden; Spieler, Lebemann, Verschwender nebenbei. – Sie heißen also wirklich Bremer. Ihr letztes Projekt war ein Verbrechen. Als Verbündete hatten Sie die bis dahin recht harmlosen Kunstmaler Klein und Zahn gewonnen. Diese mußten hier im Hotel Sonnenschein absteigen – als Reuperts, Vater und Sohn. Klein spielte den Mann mit dem künstlichen Arm vortrefflich. Jeder glaubte, der linke Unterarm wäre nur eine Prothese. Und Zahn hatte sich ein Mal auf die Wange eingebeizt, das sich leicht entfernen

  1. Vorlage: au
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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/124&oldid=- (Version vom 1.8.2018)