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führte. Er bestellte den Jungen zu sich. – Karl Malke sah heute wie ein junger Geck aus. Harst schenkte ihm stets seine meist noch tadellosen Sachen, die ein gefälliger Onkel Schneidermeister dem langen, dünnen Burschen dann umarbeitete.

Der Junge war natürlich Feuer und Flamme für sein „neuestes Metier“, wie er sich vornehm ausdrückte. Er durfte Detektiv spielen, – kein Wunder, daß ihm dies zusagte! – Zehn Minuten später verließ er eiligst das Haus, fuhr stolz im Auto nach dem Stettiner Bahnhof und traf hier mit Komiker-Maxe zusammen, der noch seine Verkleidung als älterer, einfacher Mann trug.

„Ich beneide Sie, Herr Schraut,“ meinte der Junge ehrlich. „Ich möchte für mein Leben gern an Ihrer Stelle nach Pasewalk fahren. Es wird dort mächtig interessant werden. Wissen Sie, ich denk’ mir, der Herr Assessor hat den Bräutigam im Verdacht –“

„Abwarten, Karl – Unser Auftraggeber wird im übrigen wohl auch hier noch für Dich lohnende Arbeit finden.“

Karl verabschiedete sich. „Unsre Pflegerin bäckt heute zu Mittag Kartoffelpuffer. Da muß ich zur Zeit zurück sein. Kalt sind die Dinger wie Leder. – Na – alles Gute, Herr Schraut!“

Er schritt dem Ausgang der Vorhalle zu. Dann kam ihm der Gedanke, sich doch noch schnell mal von ferne die im Wartesaal sitzende Helene Burg anzusehen. Er machte kehrt. Oben in der Halle vor den Bahnsteigen blieb er jedoch plötzlich stehen und trat dann hinter den Zeitungskiosk. Er hatte Schraut bemerkt, der im Gespräch mit einem sehr großen, hageren, elegant gekleideten Herrn vor der Tür des Waschraumes stand. Harst hatte ihm nun im Vertrauen mitgeteilt, daß der ehemalige Schauspieler von der Polizei gesucht würde und daß daher niemand etwas von dessen Anwesenheit im Hause erfahren dürfte. Karl hegte aus demselben Grunde ein gelindes Mißtrauen gegen Komiker-Maxe, der doch wohl verschiedenes auf dem Kerbholz haben mußte. Als er ihn nun in so eifriger Unterhaltung mit dem langen Hageren sah, regte sich in ihm sofort der Wunsch, hier mal auch ohne Auftrag handelnd aufzutreten.

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)