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ADB:Brücke, Ernst von

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Artikel „Brücke, Ernst von“ von Robert Ritter von Töply in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 273–275, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Br%C3%BCcke,_Ernst_von&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 16:53 Uhr UTC)
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Band 47 (1903), S. 273–275 (Quelle).
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Brücke: Ernst Wilhelm Ritter von B., geboren am 6. Juni 1819 zu Berlin, † am 7. Januar 1892, zählt zu den hervorragendsten Physiologen des 19. Jahrhunderts. Er wurde durch den Superintendenten C. Droysen [274] in Stralsund erzogen (sein Vater, der Porträt- und Historienmaler Johann Gottfried B. lebte in Italien, die Mutter war früh verstorben), studirte seit 1838 in Berlin und Heidelberg, wurde in Berlin 1842 zum Doctor promovirt und 1843 Assistent des berühmten Johannes Müller, welcher gleichzeitig die normale, vergleichende, pathologische Anatomie und die Physiologie lehrte, habilitirte sich hier 1844 als Privatdocent, wurde 1846 Lehrer für Anatomie an der Akademie der bildenden Künste, dann 1848 außerordentlicher Professor der Physiologie in Königsberg. 1849–1890 wirkte er als Professor der Physiologie an der Universität in Wien und zählte hier neben Hyrtl, Rokitansky, Skoda, Hebra, Billroth zu den glänzendsten Leuchten dieser Hochschule. Seine litterarische Thätigkeit war sehr umfangreich. Die zahlreichen kleineren Abhandlungen erschienen bis 1849 in Joh. Müller’s „Archiv“, später in den Denkschriften und Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften in Wien. Das Hauptwerk „Vorlesungen über Physiologie“ hat vier Auflagen erlebt (Wien, 1. Aufl. 1873–74, 4. Aufl. 1885–87). B. hat die mikroscopische Technik um eine in den Laboratorien allenthalben vertretene Präparirlupe bereichert, indem er ebenso wie Chevalier nach einem bereits im 17. Jahrhundert bekannten Princip zwei Linsen für Vergrößerungszwecke zusammensetzte (Brücke’sche Lupe, 1851). Seine Studien über die Zellen als Elementarorganismen sind wichtige Grundsteine für die moderne Zelltheorie. Er hat mittels des polarisirten Lichts die Zusammensetzung der Muskelfasern entdeckt, Muskelfasern in den Darmzotten nachgewiesen, die Contractilität der Gallenblase bestätigt, die Anatomie der feinsten Chylusgefäße erläutert. Die Physiologie der Sinnesorgane wurde durch ihn mannichfach bereichert. So hat er nachgewiesen, daß das Auge nicht genau centrirt ist, hat wie seine Vorgänger Fechner und Plateau die Farbenlehre fortentwickelt, den Farbenwechsel der Tintenfische und Chamäleonen (durch das Zustandekommen von Interferenzfarben) erklärt. Seine optischen Studien wurden ebenso wie die von Jean Méry und Adolf Kußmaul zu Vorarbeiten für die Erfindung des Augenspiegels durch Helmholtz. Von grundlegender Bedeutung sind die Arbeiten über die Physiologie der Sprache („Grundzüge der Physiologie und Systematik der Sprachlaute“, 1. Aufl. 1856, 2. Aufl. 1876; „Neue Methode der phonetischen Transscription“, 1863). Er hat darin die Bildung der Sprachlaute nachgewiesen und eine gemeinfaßliche Weise angegeben, wie der Lautwerth irgendwelcher Schriftzeichen durch bestimmte Elementarzeichen für Jedermann faßlich darzustellen wäre (Transscription). Er hat den Dichroismus des Blutfarbstoffs (die rothe Farbe des Bluts in dicken, die grüne in dünnen Schichten) nachgewiesen und in seinen Studien über die Ursache der Gerinnung des Bluts dargelegt, daß letztere durch die lebende Gefäßwand hintangehalten wird, die Theorie der Verdauung bereichert (Peptontheorie) u. s. w. Ueberdies ist er der Verfasser einer Reihe von werthvollen Werken ästhetischen Inhalts („Physiologie der Farben für die Zwecke des Kunstgewerbes“, 1866; „Die physiologischen Grundlagen der neuhochdeutschen Verskunst“, 1871; „Bruchstücke aus der Theorie der bildenden Künste“, 1877; „Schönheit und Fehler der menschlichen Gestalt“, 1. Aufl. 1891, 2. Aufl. m. Bildn. d. Verf., 1893). Die Schrift „Wie behütet man Leben und Gesundheit seiner Kinder“ hat 1892 die 4. Auflage erlebt. Seine vielfachen Verdienste haben auch die entsprechende äußere Anerkennung gefunden. Er wurde noch in jungen Jahren Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien (1849), später deren Vicepräsident (1882), Rector magnificus der Universität und lebenslängliches Mitglied des Herrenhauses im Reichsrath (1879), k. k. Hofrath, er wurde mehrfach durch Ordensverleihungen ausgezeichnet, in den erblichen Ritterstand [275] erhoben, Berlin, München ernannten ihn zum Akademiemitglied u. s. w. Die Universität in Wien hat sein Andenken durch Errichtung eines künstlerischen Denkmals im Arkadengang geehrt.