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ADB:Bardo

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Artikel „Bardo“ von Ernst Steindorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 56–59, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bardo&oldid=- (Version vom 17. Dezember 2024, 10:04 Uhr UTC)
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Bardo, Erzbischof von Mainz, geb. unter K. Otto II., wahrscheinlich im J. 980 zu Oppershofen, einem Orte der Wetterau zwischen Gießen und Friedberg, † 10. oder 11. Juni 1051. Die Eltern waren vornehme Leute, der Vater hieß Adalbero, die Mutter Christina, außer B. hatten sie noch zwei Söhne, Heliso und Harderat. In der größeren, aber nicht immer glaubwüdigeren Lebensbeschreibung, welche wir von B. besitzen, wird er einmal bezeichnet als Blutsverwandter der schwäbischen Herzogstocher Gisela, später Gemahlin Konrads II. und Kaiserin. Aber ob diese Verwandtschaft wirklich bestand und wie sie vermittelt wurde, ist völlig dunkel. Seine geistliche und litterarische Vorbildung erhielt B. in Fulda unter Abt Erkenbald (997-1011) und wurde auch wol noch unter ihm selbst Mönch, ein Genosse des Bonifaciusklosters. Im J. 1011 wurde Erkenbald Erzbischof von Mainz; in der Abtei folgte ihm Branthog, später Bischof von Halberstadt. Dieser aber entzweite sich mit seinem ihm übergeordneten Vorgänger bald derartig, daß K. Heinrich II. einschritt, Branthog entsetzte und ihm Bobbo, Abt von Lorsch, zum Nachfolger gab. In Folge dessen verließen viele Mönche, namentlich die von freier Geburt, mit Branthog das Kloster, unter ihnen B.; dieser jedoch nur vorübergehend. Als die erste Aufregung sich gelegt hatte, kehrte er zurück, setzte auch unter Bobbo († 1018) sein Mönchsleben fort und gewann mit der Zeit großes Ansehen bei den Brüdern. Während der ersten Jahre des Abtes Richard (1018-1039) erwählte man ihn zum Decan des Hauptklosters; dann als Richard den schon bestehenden drei Nebenklöstern noch ein viertes, S. Andreas oder das neue Kloster im Westen der Stadt, hinzugefügt hatte, ernannte er B. zum ersten Vorsteher (Prior) desselben. Einer persönlichen Begegnung mit K. Konrad, welche wahrscheinlich [57] im Juni 1025 stattfand, hatte er zu verdanken, wenn der Kaiser ihn wol noch vor 1030 zum Abte von Werden an der Ruhr erhob. Seitdem erwarb B. in rascher Folge weitere und höhere Ehren, so zu Anfang des J. 1031 die Abtei im Kloster Hersfeld, dessen bisheriger Abt Arnoldus oder Arnulfus bei dem Kaiser in Ungnade gefallen und von ihm abgesetzt war; ferner aber - und damit erstieg B. die Höhe seiner Lebensstellung - erlangte er einige Monate später das durch Aribo’s Tod († 6. April 1031) erledigte Erzbisthum Mainz. Beides, die Uebertragung von Hersfeld sowol als auch die Erhebung zum ersten Kirchenfürsten des deutschen Reichs geschah nicht, ohne daß Gisela, Konrads II. kluge und herrschbegierige Gemahlin, ihren Einfluß zu Bardo’s Gunsten geltend gemacht hätte. Ring und Stab erhielt er schon zu Pfingsten, am 30. Mai 1031, die Consecration am 29. Juni (Peter und Paul) und vom 14. Sept. d. J. datirt das erste Diplom Konrads II., in welchem B. als Erzkanzler figurirt. Dieses glückliche Emporkommen zog ihm, dem einfachen und seither wenig beachteten Mönch, allerlei Mißgunst zu und bereitete ihm während der ersten Zeiten seines Pontificats mancherlei Verlegenheiten, nicht am wenigsten in Mainz selbst, wo er an dem Burg- oder Stadtgrafen Erkenbald einen erbitterten Widersacher fand. Bald wandte sich Erkenbald direct gegen den Erzbischof, indem er ihn in der Stadt bedrängte oder bei Hofe verklagte; bald wußte er ihm indirect das Leben zu erschweren durch Quälereinen, welche er gegen die übrigen Stadtbeamten und einzelne Bürger verübte. Auch einer der nächsten Suffragane von Mainz, der Bischof Sibicho von Speier (1037-1051) soll seinen Erzbischof angefeindet haben. Mit dem Kaiserhofe dagegen lebte B., soweit man sieht, durchweg in gutem Einvernehmen. Am 10. Nov. 1036 sah er die ganze kaiserliche Familie, Konrad II. und Gisela, K. Heinrich III. und dessen erste jugendliche Gemahlin Kunigunde (Gunhild) bei sich in Mainz anläßlich der feierlichen Weihe des neuen Doms, des von ihm selbst ausgebauten neuen Münsters von S. Martin. Um die Zeit, wo Heinrich III. den Thron bestieg, (4. Juni 1039) befand sich B. in einem Rechtsstreit mit dem Frauenkloster Kaufungen: er verlangte von ihm, wie von den hessischen Kirchen und Klöstern überhaupt, die Zahlung eines sogenannten Hessenzehnten, das Kloster jedoch verweigerte die Zahlung, bis der König sich ins Mittel legte. Auf einem Tage zu Fritzlar, Mitte des J. 1040, brachte Heinrich einen Vergleich zu Stande, wonach das Kloster die Verpflichtung den Zehnten zu zahlen anerkannte, zugleich aber sie dadurch ablöste, daß es mehrere bei Fritzlar gelegene Besitzungen an Mainz abtrat. Im Hochsommer desselben Jahres (1040) leistete B. dem Könige Heeresfolge gegen Böhmen und dessen damalige Machthaber, Herzog Bretislav und Bischof Severus von Prag; denn gestützt auf einen glücklichen Handstreich gegen das ohnmächtige Polen, trachteten sie darnach Böhmen politisch und kirchlich von Deutschland unabhängig zu machen, richteten sich also, da Prag ein Suffraganbistum von Mainz war, recht eigentlich auch gegen B. und dessen Autorität. Dieser aber wußte sich zu behaupten. Als K. Heinrich nach dem verunglückten Feldzuge vom Aug. 1040, wo B. zusammen mit dem Markgrafen Eckehard von Meißen das deutsche aus Sachsen gebildete Nordheere geführt hatte, im Aug. 1041 wieder zu den Waffen griff und nun siegreich in Böhmen eindrang, da trat B. gegen seinen rebellischen Suffragan mit der Drohung hervor: er werde ihn wegen aller seiner Anmaßungen und Uebergriffe vor einer Synode zur Rechenschaft ziehen. Dies wirkte auf der Stelle. Severus fiel ab, machte heimlich seinen Frieden mit den Deutschen und nöthigte dadurch Bretislav nun auch seinerseits an Unterwerfung zu denken. Zwischen diesen beiden Kriegsunternehmungen kam es Weihnachten 1040 in Münster zu einer friedlichen Zusammenkunft des Königs mit dem großen Theile des deutschen Episcopats, [58] um dort ein neues von Bischof Hermann errichtetes Stift einzuweihen. Auch B. fehlte nicht, vielmehr war er es, der am 27. Dec. den südlichen Hauptaltar consecrirte, nachdem er Tags zuvor dem neuen, ihm assistirenden Bischof Suidger von Bamberg die bischöflichen Weihen ertheilt hatte. Ein Jahr später, Weihnachten 1042, berathschlagte der König in Goslar mit den Fürsten über die Wiederbesetzung des jüngst erledigten Bisthums Eichstedt. Die Meinungen waren sehr getheilt, der König selbst schwankend. Da gab B. den Ausschlag, indem er diesen ermuthigte, es mit einem jungen Kleriker schwäbischer Herkunft, namens Gebehard (nachmals Papst Victor II. zu wagen. So war denn die Stellung, welche B. als Erzcaplan und als deutscher Erzkanzler am Hofe Heinrichs III. einnahm, doch nicht blos titulär; er gehörte auch thatsächlich zu den einflußreicheren Prälaten, während er später merklich zurücktritt, anderen, namentlich jüngeren Rathgebern Platz macht. Sich vorzudrängen war eben nicht Bardo’s Art; er war eine mehr innerliche, contemplative Natur, ein echter Mönch, der auch als Erzbischof und im königlichen Rath seine Kutte nicht gerne ablegte: in sie gehüllt saß er bei jener Versammlung über Gebehard von Eichstedt still da und wartete, bis man ihn um seine Meinung fragte. Er galt als vorzüglicher Prediger: wol schon bei seinen Lebzeiten pries man ihn als einen zweiten Chrysostomus. Ueberhaupt, Charakterzüge, welche auf eine edle, wohlthuende Persönlichkeit schließen lassen, sind vielfach von ihm überliefert: Geradheit, Milde im Urtheil, große Herzensgüte, namentlich gegen Untergebene werden ihm nachgerühmt. Auch allgemeine Weltbildung ist B. keineswegs abzusprechen. Den Kunstsinn, welcher der deutschen Geistlichkeit jener Epoche überhaupt eigen war, besaß auch er: das bezeugt der hervorragende Antheil, den er an dem Neubau des Mainzer Doms gehabt hat. Machte er doch schließlich gegen Ende seines Lebens den Versuch, den Triumphbogen der Kirche mit Malereien schmücken zu lassen. Eben damals wurde Mainz und wurde B. mit seiner Stadt noch einmal Mittelpunkt einer großen geschichtlich bedeutenden Begebenheit. Am 19. Oct. 1049 tagte dort unter dem Vorsitz des Papstes Leo IX. und in Gegenwart Kaiser Heinrichs III. eine große Synode, durch welche die bereits allgemein ergangenen Verbote der Simonie und der Priesterehe zum ersten Male in dem besonderen Bereich der deutschen Kirche gesetzlich ausgesprochen wurden. Mehrere Specialacten der Mainzer Versammlung sind von B. mit unterzeichnet worden. Das letzte unzweifelhaft echte Diplom Heinrichs III., welches B. als Erzkanzler aufweist, ist datirt vom 25. Mai 1051. Kurz zuvor, am 19. Mai, hatte er mit dem Kaiser in Paderborn das Pfingstfest gefeiert, hatte auch dort gepredigt. Auf der Rückreise schwer erkrankt, ist er unterwegs in Dorneloh, vermuthlich einem hessischen Orte, am 10. oder 11. Juni, gestorben. Die Leiche wurde nach Mainz gebracht und in S. Martin bestattet: später ist B. canonisirt worden. Sein Nachfolger, Erzbischof Liutbold (1051-1059) ehrte ihn dadurch, daß er einen seiner Caplane, Namens Vulculdus, veranlaßte, Bardo’s Leben zu beschreiben: so entstand die ältere und kürzere „Vita Bardonis“. Ihr folgte bald eine zweite, in manchen Stücken ausführlicher, aber auch um vieles legendenhafter und unzuverlässiger. Der Verfasser hat sich nicht genannt, indessen unterliegt es keinem Zweifel, daß er Mönch in Fulda war und noch unter Abt Egbert, also vor 1058, schrieb. Uebrigens wurde dieser Anonymus wol nicht fertig: uns wenigstens fehlen Buch II, welches Mirakel, und Buch III, welches Bardo’s Predigten enthalten sollte. Herausgegeben sind die Vitae Bardonis zusammen in den Mon. Germ. SS. XI. 317-342 von Wattenbach; ferner von Böhmer, Fontes Rer. Germ. III. 217-254 und von Jaffé, Mon. Moguntina p. 518-564.

[59] Aeltere Litt.: Acta Sanct. Bolland. Juni T. II. p. 299-301 und T. VI p. 87-94. Comment. praev.; ferner Mabillon, Acta Sanctor. ord. s. Bened. saec. VI 2. p. 1-5. Observat. praev. Eine neuere Biographie ist: F. Schneider, Der h. Bardo, Mainz 1870.