ADB:Beck, Bernhard von
Stromeyer, dessen Name später mit der Geschichte der Kriegschirurgie unlöslich verknüpft wurde, bestand er mit Auszeichnung Staatsprüfung und Doctorexamen. Nur zwei Jahre später habilitirte sich B. an der Universität Freiburg als Privatdocent und wurde gleichzeitig Prosector am anatomischen Institut. Als 1848 der Krieg in Italien ausbrach, eilte B., der sich inzwischen durch mehrere gelehrte Arbeiten in Fachkreisen bekannt gemacht hatte, in das österreichische Hauptquartier und war auf den Schlachtfeldern und in den Hospitälern mit Auszeichnung und Aufopferung thätig, bis ihn der Ausmarsch badischer Truppen nach Schleswig-Holstein im August 1848 nach der Heimath zurückrief. 1849 begab er sich zum zweiten Mal auf den Kriegsschauplatz in Oberitalien, reiste jedoch, als ihn die Nachricht von der in Baden ausgebrochenen Revolution erreichte, sofort ab, um sich den diese bekämpfenden preußischen Truppen als Militärarzt anzuschließen und an allen Gefechten der [295] Division v. Schack theilzunehmen. Als die 1850 neu aufgestellten badischen Truppen in preußische Garnisonen abmarschirten, begleitete er sie und bewährte, als in dem Marschgebiete zwischen Weser und Havel die Cholera ausbrach, dieselbe Thatkraft und Kaltblütigkeit wie auf den Schlachtfeldern und in den Kriegshospitälern. Im November 1850 mit den badischen Truppen wieder in die Heimath zurückgekehrt, beschloß er, der militärärztlichen Laufbahn treu zu bleiben und fand zunächst während nahezu acht Jahren einen entsprechenden amtlichen Wirkungskreis in der Bundesfestung Rastatt. Neben dieser Thätigkeit, die wol manchen Andern vollauf in Anspruch genommen hätte, übte B. noch eine umfassende ärztliche Praxis aus, stand einer ambulatorischen und stationären chirurgischen Klinik für Civilpersonen vor und war rastlos wissenschaftlich thätig. Für seine spätere Wirksamkeit vorbedeutsam war – da sein Bestreben, besondere Sanitätscompagnien einzurichten an der Frage der Aufbringung der erforderlichen Mittel scheiterte – die Bildung und Leitung eines „Blessirtenträgerinstitutes“. 1858 nach Freiburg versetzt, fand er bei der Mobilmachung des badischen Armeecorps im J. 1859 Gelegenheit, sein Organisationstalent zu bewähren. Nun wurde ihm die Aufstellung und Ausbildung einer Sanitätscompagnie ermöglicht, deren Vervollkommnung ihn von da an unausgesetzt beschäftigte. Er führte sie 1866 auf die Verbandplätze der Main- und Taubergegend, in deren Kriegsspitälern er nach Abschluß des Waffenstillstandes eine umfassende Wirksamkeit ausübte. – Als Feldlazarethdirector und consultirender Generalchirurg bei der badischen Division und demnächst beim Werder’schen Armeecorps war B. vom ersten bis zum letzten Tage des deutsch-französ. Krieges 1870/71, in welchem er alle Schlachten und größeren Gefechte dieser Truppenkörper mitmachte, in hervorragender Stellung thätig. Nicht nur seine sehr bedeutenden Leistungen als Chirurg und Operateur, sondern auch seine große organisatorische Befähigung, sowie seine vor keiner Schwierigkeit und keinem Hinderniß zurückschreckende Thatkraft und seine durch und durch militärische Veranlagung und Schulung sicherten seinem Wirken die größten Erfolge. Diese wurden denn auch vom Großherzoge von Baden wie vom Könige von Preußen mit den höchsten Ordensauszeichnungen (dem militärischen Karl Friedrichs-Verdienstorden, dem Eisernen Kreuz II. und I. Classe) anerkannt. – Nach Abschluß der Militärconvention mit Preußen wurde B. zum ersten Corpsarzt des neu errichteten XIV. Armeecorps ernannt. Es harrte seiner in dieser Stellung eine wichtige und schwierige Aufgabe, einerseits die Verschmelzung der weiterdienenden badischen und der in das Sanitäts-Officiercorps neu eintretenden preußischen Militärärzte zu einem einheitlichen Ganzen und – soweit es möglich war – die Erhaltung bewährter badischer Einrichtungen im Rahmen der preußischen Organisation. Wenn ihm dieses im großen und ganzen gelang, so war dieses in erster Reihe dem Streben zuzuschreiben, seine Untergebenen zu erfüllen mit dem von ihm selbst als höchstes Ziel betrachteten ernsten wissenschaftlichen Geiste und mit der Pflege echt kameradschaftlicher Gesinnung. – Als B. im J. 1887 den Abschied nahm, hatte er die Sanitätseinrichtungen des XIV. Armeecorps in allgemein anerkannter mustergültiger Weise ausgebildet und schied aus dem activen Dienst geziert mit den höchsten badischen, preußischen, österreichischen und ausländischen Ehrenzeichen. Sein Landesherr hatte ihm 1884 anläßlich seines 40jährigen Doctorjubiläums den erblichen Adel verliehen und erhob ihn, nachdem der König von Preußen ihm 1893 den Rang als Generalmajor verliehen hatte, am Tage seines 50jährigen Doctorjubiläums, 10. Februar 1894, zur Würde eines Wirklichen Geheimen Rathes mit dem Prädicat Excellenz. Diese Tage ebenso wie sein von seinen vielen Verehrern mit lebhaften Kundgebungen gefeierter 70. Geburtstag waren Lichtblicke in den im Ruhestande zugebrachten [296] Jahren stiller Zurückgezogenheit. Die liebevolle Pflege der einzigen im Vaterhause zurückgebliebenen Tochter beglückte ihn, und der Verkehr mit den vielen Freunden und Verehrern in seiner Vaterstadt Freiburg, wo er nach seiner Zuruhesetzung seinen Wohnsitz aufgeschlagen hatte, und eine immer noch rege litterarische Thätigkeit, verbunden mit eifriger Beschäftigung mit den wichtigsten Vorgängen auf den Gebieten des politischen und wissenschaftlichen Lebens halfen ihm über manche schwere, durch körperliche Leiden getrübte Stunde hinweg. – B. hinterließ aus drei Ehen acht Kinder, darunter fünf Söhne, von denen vier der Armee (activ und in der Reserve) angehören, einer, ein hervorragender Chirurg und Operateur, Chefarzt des städtischen Krankenhauses in Karlsruhe ist. – B. verleugnete nie seine monarchischen und conservativen Grundsätze, an denen er aus voller Ueberzeugung eben so fest hielt, wie an der Treue zur katholischen Kirche, in der er geboren und erzogen war. Er war ein guter Deutscher, seiner Heimath, seinem Landesherrn und dessen Hause von ganzem Herzen anhänglich, in allem, was er dachte und that, ein ganzer Mann.
Beck: Bernhard von B., königl. preußischer Generalarzt, geboren zu Freiburg am 27. October 1821, † daselbst am 10. September 1894. Sein Vater, Karl Joseph B., Professor der Augenheilkunde an der Universität Freiburg, starb frühzeitig und der junge talentvolle Sohn sah sich auf eigene Kraft angewiesen. Mit 15 Jahren absolvirte er das Gymnasium, um an den heimathlichen Hochschulen Freiburg und Heidelberg Medicin zu studiren. Das eifrige Studium verhinderte nicht die Theilnahme am studentischen Leben. Den Corps Rhenania und Suevia, denen er mit Begeisterung angehört hatte, bewahrte er bis in das hohe Alter treue Anhänglichkeit. Nach mehrjährigen Reisen zum Besuche der Hospitäler und andern wissenschaftlichen Anstalten in München, Wien und Prag, Berlin und Paris und kurzer Thätigkeit in Freiburg als Assistent des ProfessorsVon seinen Schriften seien angeführt: „Kriegschirurgische Erfahrungen während des Feldzuges 1866 in Süddeutschland“; „Chirurgie der Schußverletzungen“ (1871); „Ueber die Wirkung moderner Gewehrprojectile, insbesondere der Lorenz’schen verschmolzenen Panzergeschosse auf den thierischen Körper“ (1885). Außerdem viele Aufsätze in Langenbeck’s und Virchow’s Archiv und in der von B. mitbegründeten Zeitschrift für Chirurgie.