ADB:Beckmann, Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Beckmann, Friedrich“ von August Förster in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 237–238, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Beckmann,_Friedrich&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 14:49 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Beckher, Daniel
Band 2 (1875), S. 237–238 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Beckmann (Schauspieler, 1803) in der Wikipedia
Friedrich Beckmann in Wikidata
GND-Nummer 116106409
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|237|238|Beckmann, Friedrich|August Förster|ADB:Beckmann, Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116106409}}    

Beckmann: Friedrich B., geb. am 13. Jan. 1803 in Breslau, † den 7. Sept. 1866 in Wien. Seine Eltern waren arm, der Vater war ein kleiner Töpfermeister und so verlebte der junge heitere Fritz eine recht freudlose Jugend. Kaum zum Jüngling herangewachsen trat er, von heißer Theaterlust erfüllt, gegen den Willen der Eltern in den Chor des Breslauer Stadttheaters. Anstellig und munterer Laune wurde er bald der Liebling der ersten Mitglieder, die ihm Vorwitz und Uebermuth gern nachsahn. Ein burlesker Streich enthüllte zuerst seine komische Kraft dem Publicum. Heinrich Anschütz, der den Macbeth spielte, ist mein Gewährsmann für die Anekdote. Man gab Schiller’s Macbeth-Uebersetzung. Nach der Hexenscene des 4. Actes war eine ausgestopfte Schlange, welche als Attribut neben dem Hexenkessel gedient hatte, von den Abräumern vergessen worden und lag, ein Hinderniß für den Fortgang des Spiels, offen auf der Scene. B., als Knappe Macbeths angekleidet, übernahm es, das störende Ungethüm zu entfernen. Er trat auf die Scene heraus, spähte vorsichtig nach dem giftigen Wurm, zog endlich das Schwert, führte den tödtenden Streich auf die gemalte Zeugwulst und trug sie mit stolzem Triumph als Trophäe des bewiesenen Heldenmuths auf des Schwertes Spitze hinter die Coulissen. Gelächter erschütterte das Haus und die theilweise ob der Frivolität erzürnten Genossen beruhigte der würdige Anschütz, der das komische Talent des vorwitzigen Burschen erkannte, und ihm eine Zukunft als komischer Darsteller prognosticirte. Von diesem Abende an wurde B. hie und da in kleinen Episodenrollen beschäftigt und versah auch das Amt eines Inspicienten. An seine Unterstützung gewöhnt, empfahl ihn der berühmte Komiker Schmelka, der im J. 1824 an das neugegründete Königstädter Theater in Berlin übersiedelte, an die Direction dieser Bühne, welche dem jungen B. Engagement bot. Neben Schmelka, Spitzeder und Rösicke spielte hier B. kleinere komische Rollen, bis die Erkrankung Spitzeder’s ihn als dessen Vertreter in der Rolle des Kaspar Larifari zum ersten Male in erster Linie auf die Bretter stellte. Sein Erfolg war ein vollständiger und nach Spitzeder’s Abgange rückte B. in die Reihe der ersten Komiker. Es entstand jetzt die lange Gallerie seiner in ganz Deutschland bejubelten Rollen, von denen wir die folgenden nennen: „Jeremias Klagesanft“, „Vater Renner“, „Stehauf“, „Dachdecker“, „Liborius“, „Mengler“, „Vater der Debütantin“, „Knieriem“, „Feuerfuchs“, endlich „Eckensteher Nante“. Die letztgenannte Rolle hatte sich B. selbst hergerichtet, angeregt durch eine kleine Rolle in Holtei’s „Trauerspiel in Berlin“. Das Genrebild hatte einen unerhörten Erfolg und B. wurde dadurch der populärste Darsteller Berlins. 1838 verheirathete er sich mit der schönen und talentvollen Soubrette Adele Muzzarelli. 1841 gastirte er zum ersten Male in Wien an Carls Bühnen. Differenzen mit dem Director Cerf bewogen B. im J. 1844, seinen Vertrag eigenmächtig zu lösen. Er kehrte von seiner Urlaubsreise nicht zurück, gastirte auf mehreren österreichischen Bühnen und kam endlich 1845 zum zweiten Male als Gast nach Wien an das Theater an der Wien unter Franz Pokorny’s Direction. In Folge seines durchgreifenden Erfolges wurde ein Engagement abgeschlossen, aus dem er 1846 an das k. k. Hofburgtheater übertrat, dem er, 1865 zum Regisseur ernannt, bis zu seinem Tode angehörte. B. war von unwiderstehlich komischer Kraft und wirkte namentlich durch einen gemüthlich-behäbigen Zug, der seinen Darstellungen eigenthümlich war, und durch eine Fülle drolliger Einfälle, mit denen er seine Rollen aufzuputzen liebte. Er war im Charakteristischen nicht eben stark, aber dennoch erfreuten und wirkten seine Leistungen mit bezwingendster Gewalt durch die sonnige Heiterkeit, die seiner ganzen Persönlichkeit entströmte. Er blieb immer in den Grenzen maßvoller Bescheidenheit, [238] nahm zu Zweideutigkeiten nie seine Zuflucht, holte seine Wirkungen überhaupt nie außerhalb der Rolle, und gewann doch immer und überall sein Publicum durch eine unwiderstehliche Drolerie. Er war einer der beliebtesten Darsteller Wiens und behauptete sich als vollkommener Komiker selbst im Vergleich mit den Vertretern des localen Volksstückes, denen der populäre Dialekt und die Unmittelbarkeit des heimathlichen Empfindens als drastische Hülfsmittel zu Gebote standen. Eine Reihe seiner witzigen Einfälle sind Eigenthum des Volks geblieben. Der Titel des weltberühmten Witzblattes „Kladderadatsch“ stammt z. B. von einer harmlosen Improvisation Beckmann’s her.