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ADB:Berlichingen, Götz von

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Artikel „Berlichingen, Gottfried von“ von Alfred Stern in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 405–408, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Berlichingen,_G%C3%B6tz_von&oldid=- (Version vom 19. November 2024, 23:20 Uhr UTC)
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Berlichingen: Gottfried oder Götz v. B., geb. um 1480, † 23. Juli 1562, „uber etlich und achtzig Jahr alt“, Sohn des Kilian von Berlichingen auf Jaxthausen und der Margaretha von Thüngen, wandte sich schon frühe ritterlichen Thaten zu, die sein Leben erfüllten und ihm zweifelhaften Ruhm eintrugen. Nachdem er ein Jahr lang bei einem Verwandten, Kunz von Neuenstein, verweilt und die Schule zu Niedernhall am Kocher besucht hatte, trat er 1494 als „Bube“ in den Dienst eines Vetters seines Vaters, des in Friedens- und Kriegshändeln gleich erfahrenen Konrad von Berlichingen, damaligen „Hofmeisters“ und Rathes des Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Diesen begleitete er bei zahlreichen Ausritten, wie er denn mit ihm dem Reichtag von Worms 1495 und dem von Lindau 1496 anwohnte. Nach dem am 3. Febr. 1497 erfolgten Tode dieses Verwandten, wählte sich der junge Götz um Pfingsten 1497 in dem Markgrafen Friedrich IV. von Brandenburg-A. einen Herrn, an dessen Hof er mit vielen andern Jünglingen als „Knabe“ auferzogen wurde. Im Hofdienst, in den Raufhändeln mit den Genossen, wie in kriegerischem Leben entwickelte sich seine kräftige Natur. Er durfte 1498 an dem deutschen Kriegszug nach Hoch-Burgund, Lothringen etc. Theil nehmen, verweilte, nachdem sein Vater am 29. Mai 1498 gestorben, den folgenden Winter bei den Seinigen in Jaxthausen, riß sich aber mit Freuden aus diesem müssigen Zustande los, um mit dem Markgrafen 1499 in den Schweizer Krieg zu ziehen. Die größeren Ereignisse, an denen er sich in der nächsten Zeit, tapfer kämpfend, betheiligte, waren die Fehde zwischen den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und Nürnberg und der Landshuter Erbfolgekrieg. In jener focht er mit seinem Bruder Philipp in dem für die Brandenburger siegreichen Kampfe bei Affalterbach 19. Juni 1502, in diesem stritt er auf bairischer Seite und verlor 1504 vor Landshut durch einen unglücklichen Schuß der verbündeten Nürnberger die rechte Hand. Sie wurde durch eine mit einem künstlichen Mechanismus versehene Eisenhand, eine Art Handschuh, in den der Armstumpf einzuschnallen war, ersetzt, und es erhöhte des Ritters Ruhm nicht wenig, daß er mit der Eisenfaust das Schwert eben so sicher in seinen Fehden zu führen wußte, wie mit der lebendigen. Jene Fehden waren es nun, in denen sein Leben aufging, und ihre Zahl ist so groß, daß [406] hier nur die wichtigsten genannt werden können. Götz selbst rechnet etwa fünfzehn in eigner Sache, aber außerdem leistete er vielen Herren, „Freunden und guten Gesellen“ häufige Hülfe. In diesen Zeiten flackert das Ritterthum zum letzten Male auf und sucht, an den Zustand des allgemeinen Landfriedens nicht gewöhnt, eifersüchtig auf den Reichthum der Städte und Kaufleute, mit den Waffen wirklich geglaubtes oder fingirtes Recht, meistens zum Zwecke des Gewinns an Beute und Lösegeld, selten zum Schutze Unterdrückter. Die mehrjährige, erst 1511 beigelegte Fehde mit den Kölnern, begonnen wegen deren Weigerung eine Schützen-Schuld zu zahlen, verwickelte Götz in vier andere, darunter in eine mit dem Bischof von Bamberg. Zudem führte er mit Nürnberg eine bittere Fehde und überfiel mit einer Schaar von 130 Reitern am 18. Mai 1512 zwischen Forchheim und Neuseß 95 Nürnberger, Augsburger, Ulmer u. a. Kaufleute, die unter Bamberger Geleit aus der Leipziger Messe kamen. So erklärte Kaiser Max ihn und seine Genossen, wie Hans von Selbiz 5. Juli 1512 in des Reiches Acht, und die Stände des Schwäbischen Bundes erklärten ihm 1513 Fehde wegen Schädigung von Bundesmitgliedern. Nach mehreren Kämpfen und langen Verhandlungen ward Götz mit seinen Genossen am 27. Mai 1514 gegen ihr Versprechen 14000 Gulden zahlen zu wollen von der Acht gelöst. Nicht lange nachher (1515, 1516) entspann sich eine Fehde zwischen Götz und dem Mainzer Stift und Erzbischof, in der Graf Ph. v. Waldeck von ihm gefangen wurde, und welche zu einer neuen Achtserklärung gegen Götz den Anlaß gab, 11. Febr. 1518. Auch in die Pläne seine Freundes Sickingen erscheint Götz mannigfach verflochten. Er nimmt 1515 an dessen Wormser Fehde Theil, schickt ihm 1516 bei seinem Zuge gegen den Herzog von Lothringen Knechte und Pferde zu Hülfe, ist in seiner Fehde mit dem Landgrafen von Hessen 1518 bei der Einnahme von Umstadt gegenwärtig. Aber im J. 1519, als der Krieg zwischen dem Schwäbischen Bunde und Herzog Ulrich von Würtemberg entbrannt war, und Götz diesem letzteren, wie schon 1514 im Aufruhr des „armen Konrad“ Hülfe leistete, wurde er, wie er selbst erzählt, verrätherischer Weise gegen die Zusage freien Abzugs, wahrscheinlicher bei einem Ausfall aus dem ihm anvertrauten, belagerten Schlosse Möckmühl verwundet und gefangen 11. Mai 1519. Der Bund gab ihn der Stadt Heilbronn in Haft, und Götz verdankte nur dem Einspruch des Franz von Sickingen und Georgs von Frundsberg, daß er das Gefängniß im Diebsthurme mit zugesagter „ritterlicher Haft“ in der Herberge zur Krone vertauschen durfte. Die Bemühungen befreundeter Ritter zum Zweck seiner Befreiung waren fruchtlos, und erst im October 1522 entschloß sich Götz die, lange Zeit auch thätlicher Drohung gegenüber geweigerte, Urfehde zu leisten und für Zahlung von 2000 Gulden und der Zehrungskosten Bürgen zu stellen. Befreit zog er sich auf sein 1517 erworbenes Schloß Hornberg zurück, wo er einer Verwickelung in die Sickingen’sche Katastrophe entging, aus dem ihn aber der Bauernkrieg aufs neue in Abenteuer und Gefahren wegriß. Als der Odenwälder Haufe, unter Leitung von Georg Metzler, nach Gundelsheim, in die Nähe seiner Burg, rückte, sah er sich gleich vielen seiner Standesgenossen gezwungen, einen Vertrag mit den Bauern zu schließen, sich mit Vorbehalt des Dienstes gegen den Schwäbischen Bund in ihre „christliche Brüderschaft“ aufnehmen zu lassen, 24. April 1525. Aber da die Aufrührer und unter ihnen wol namentlich Wendel Hipler, den Mangel einer kriegerischen Persönlichkeit von Ruf längst gefühlt hatten und in Götz um so eher den rechten Mann erkannten, da er schon früher in gewissen Verhandlungen mit den Bauern gestanden hatte, zwangen sie ihn einige Tage später, ihre Hauptmannschaft anzunehmen. Indem er, der Gewalt weichend, den gefahrvollen Posten auf einen Monat annahm, mögen kriegerische Neigung, Wunsch der Schädigung von Freunden möglichst Einhalt zu [407] thun, der Gedanke an die Richtung des Kampfes gegen alte Feinde zusammengewirkt haben. Unter seinem, Hans Berlins von Heilbronn und Hipler’s Einfluß wurde 4. Mai im Kloster Amorbach eine „Declaration“ der zwölf Artikel erlassen, durch welche diese wesentlich gemildert wurden. Ein großer Theil der Bauern nahm die Verbreitung dieser Declaration sehr übel auf, ihre Urheber, und zumal Götz waren sogar gefährdet, und man weiß nicht, ob man ihn von nun an nicht eher einen Gefangenen als einen Leitenden zu nennen hat. Hatte er die Plünderung von Amorbach nicht allzu ungern gesehen, so geschahen der Brand von Wildenberg, die Verwüstung von Miltenberg und andere Gewaltthaten auf dem Zuge nach Würzburg wider seinen machtlosen Willen. Schon am 19. Mai drang er auf einen Vertrag mit der Besatzung des Frauenberges, widrigenfalls er abziehen würde. Aber seine Absicht von den Bauern loszukommen, konnte er erst verwirklichen, als er Ende Mai von Würzburg aus mit einer Abtheilung von 8000 Mann dem Bundesheer entgegengesandt wurde. Er gelangte, indeß sein Haufen sich mehr und mehr auflöste, nach Lauda, Krautheim, Neuenstein, Adolzfurt und entwich von hier nach seiner Burg 29. Mai. Nach Beendigung des Bauernkrieges mochte Götz hoffen, weiteren Unannehmlichkeiten zu entgehen, er ließ es an Selbstvertheidigungen nicht fehlen, rechtfertigte sich persönlich vor dem Truchsessen von Waldburg und vor dem Reichstag in Speier 1526 und erhielt vom Kammergericht unterm 17. Oct. 1526 die Erklärung der Schuldlosigkeit. Indeß erlangten seine Gegner im Schwäbischen Bunde in Folge gravirender Aussagen des Dionysius Schmid einen Anlaß, ihrem Haß gegen den alten Feind Luft zu machen. Im Begriff mit einigen Knechten nach Stuttgart zu reiten, wurde Götz in Blaufelden am 7. Mai 1528 im Wirthshaus von Georg von Eisesheim, einem Diener des Schwäbischen Bundes, überfallen und zu dem Gelübde gezwungen, sich vor dem Bunde stellen zu wollen. Auf den 24. Nov. 1528 nach Augsburg citirt, kam er trotz der Warnungen von Freunden freimüthig der Aufforderung nach. Er wurde vom 30. Nov. 1528 bis zum März 1530 in enger Haft gehalten und nur gegen Ausstellung einer schmählichen Urfehde am 4. März 1530 entlassen. In dieser hatte er u. a. zu versprechen, daß er sich zeitlebens im Bezirk seines Schlosses Hornberg aufhalten, kein Pferd mehr besteigen, keine Nacht außerhalb des Schlosses zubringen wolle. Außerdem mußte er Entschädigung des Erzbischofs von Mainz und Bischofs von Würzburg und, mit Stellung von Bürgen, eine Pönal-Stipulation von 25000 Gulden geloben. Ueber jene Entschädigung begann hierauf ein langwieriger Proceß mit Mainz, der am 31. Jan. 1534, so viel wir wissen, zu Götzens Gunsten endigte. Götz hielt sich nun, im Herzen der Reformation zugethan, friedlich in der Markung seiner Burg Hornberg, in den Jahren 1534–40 durch Zerwürfnisse mit dem Hochstift Würzburg über streitige Lehen in Anspruch genommen. Um 1540 ward er seiner Haft entledigt und 1542 in kaiserlichen Schutz und Schirm genommen, da man den tapfren Ritter im Kampfe gegen die Türken gebrauchen wollte. Er kam der Aufforderung in vierzehn Tagen hundert Reiter zusammenzubringen, vollauf nach und gelangte mit ihnen bis Wien, in dessen Nähe er ein bis zwei Monate lag, wurde aber, da der ganze Feldzug traurig auslief, im Winter wieder in die Heimath entlassen. Noch einmal zog der alte Degen 1544 mit Karl V. gegen die Franzosen ins Feld. Er lag vor St. Dizier, wo ihn ein heftiger Ruhranfall packte, und zog nach der Uebergabe der Stadt mit dem Heere ins Innere von Frankreich. Nach dem Frieden von Crespy kehrte er nach Hornberg zurück, wo er seine letzten Jahre in Ruhe verlebte. Seine Leiche wurde im Kreuzgang des Klosters Schönthal beigesetzt. – Götz war zwei Mal vermählt: mit Dorothea von Sachsenheim und seit 17. Nov. 1517 mit Dorothea Gailing von Illesheim. [408] Aus diesen Ehen gingen drei Töchter und sieben Söhne hervor. Sein Geschlecht blüht fort in der Hornberg-Rossacher Hauptlinie, die heute kurzweg den Namen Berlichingen-Rossach führt. Als schönstes Denkmal hat uns Götz seine im hohen Alter aufgezeichnete, freilich lückenhafte und unzuverlässige, Lebensbeschreibung hinterlassen, welche zum ersten Male 1731 im Druck erschien, und auch aufgenommen ist in das an biographischem, namentlich auch urkundlichem Material reiche Werk: „Geschichte des Ritters Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand und seiner Familie. Nach Urkunden zusammengestellt und herausgegeben von Friedrich Wolfgang Götz Graf von Berlichingen-Rossach“. Leipzig, Brockhaus. 1861.

Werthvolles Material für G. v. B. Geschichte findet sich weiterhin namentlich in Oechsle, „Beträge zur Geschichte des Bauernkrieges in den schwäbisch-fränkischen Grenzlanden“. Heilbronn 1830. Vgl. F. X. Wegele, „G. v. B. und seine Denkwürdigkeiten“ in der Zeitschr. f. deutsche Culturgeschichte. N. F. III. 129–166.[1]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 408. Z. 15 v. o.: Württembg. Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. 5. Jahrg., 4. Heft eine Urkunde zur Gesch. d. G. v. B. – Kamann: Die Fehde des G. v. B. mit der Reichsstadt Nürnberg und dem Hochstift Bamberg 1512–14. Nürnberg 1893. [Bd. 45, S. 666]