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ADB:Bolley, Heinrich Ernst Ferdinand

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Artikel „Bolley, Heinrich Ernst Ferdinand“ von Karl August Klüpfel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 110–111, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bolley,_Heinrich_Ernst_Ferdinand&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 09:34 Uhr UTC)
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Bolley: Heinrich Ernst Ferdinand B., einer der bedeutendsten würtembergischen Juristen, geb. 18. April 1770 zu Neuenbürg im Schwarzwalde als fünfter Sohn des dortigen Stadt-und Amtsschreibers, gestorben 1. April 1847. Der Vater bestimmte ihn gegen seine Neigung, die ihn zum Studium der Theologie zog, für das Schreibereifach. Schon in seinem 20. Jahre wurde er Oberamtssubstitut, d. h. erster Gehülfe und Stellvertreter des Oberamtmanns. Nun erlangte er aber doch von seinem Vater die Erlaubniß zum Studium der Rechtswissenschaft auf der Universität Tübingen, die er im September 1793 mit ausgezeichneten Prüfungszeugnissen verließ. Schon im April des folgenden Jahres wurde er von der Amtsversammlung des Oberamts Waiblingen zum Amtsschreiber gewählt. Zugleich ließ er sich auch unter die Zahl der Advocaten aufnehmen und befaßte sich nicht nur mit Führung von Processen, sondern auch mit dem Unterricht angehender Schreiber und Juristen, wodurch er sich bald einen Namen in Würtemberg machte. Als im J. 1815 König Friedrich seinem Lande wieder eine Verfassung geben wollte und Wahlen zur Volksvertretung ausschreiben ließ, wurde B. vom Oberamt Marbach zum Abgeordneten gewählt, in den Verfassungskämpfen der folgenden Jahre einer der hervorragendsten, eifrigsten Vorkämpfer für das alte Recht, für das er, wie in den Debatten, so in officiellen Schriftstücken und Flugschriften eintrat. Besonders hielt er an dem ständischen Ausschuß und der besonderen ständischen Steuerverwaltung mit größter Zähigkeit fest. Es war nicht juristische Engherzigkeit, was ihn zu dieser unbeugsamen Haltung trieb, sondern die Befürchtung, durch Aufgebung des Rechtsbodens fürstlicher Willkür anheimzufallen. Daß er auch im Politischen einer freieren Auffassung der Dinge zugänglich war und die gegebenen Verhältnisse zu entwickeln verstand, das bewies er nachher durch den thätigen Antheil, den er an der Neugestaltung der würtembergischen Rechtspflege nahm. Im J. 1818 wurde er zu einer Organisations-Commission nach Stuttgart berufen und bald darauf zum Obertribunalrath ernannt, behielt aber noch mehrere Jahre die kurz zuvor unter seiner Mitwirkung geschaffene Stelle eines Oberamtsrichters bei, um noch länger auf seinem ländlichen Sitz in Waiblingen verweilen zu können. Erst im J. 1821 trat er in den Civilsenat des Obertribunals ein und nahm zugleich an Gesetzgebungsarbeiten, namentlich an der Pfandgesetzgebung, thätigen Antheil. Vom J. 1820–26 war er als Abgeordneter von Crailsheim wieder Mitglied der zweiten Kammer. 1830 wurde ihm die Directions-, und im folgenden Jahr [111] die Präsidentenstelle des Obertribunals übertragen. Im J. 1833 wurde B. ohne seinen Willen noch einmal in Parteikämpfe hineingezogen. Bei der Abgeordnetenwahl in Stuttgart war Uhland als Candidat vorgeschlagen, und die Regierung machte große Anstrengungen, ihm als einem der Führer der Opposition entgegenzuarbeiten und namentlich seine Wahl in der Residenzstadt zu verhindern. Nun wurde B., der auch unter der liberalen Partei großes Ansehen genoß, aufgefordert, sich als Gegencandidat aufstellen zu lassen. Er ging darauf ein in der Hoffnung, daß die Stimmen beider Parteien sich auf ihn vereinigen würden; als dieselben aber sich in der Art theilten, daß die beiden Candidaten gleich viele Stimmen bekamen und B. als der Aeltere für gewählt angesehen wurde, so erklärte er, die Wahl nicht annehmen zu können, denn er wollte nicht als Vertreter der Regierungspartei gelten. Dies wurde ihm sehr verübelt, und daß er drei Jahre später gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzt wurde, war eine theilweise Folge davon. Doch wurde ihm schon einige Monate später die Bearbeitung einer neuen Civilgerichts- und Proceßordnung übertragen, welche dann 1844 in zwei Bänden veröffentlicht wurde. Ueberhaupt verwendete er die Zeit seiner Muße zu schriftstellerischen Arbeiten. Er starb in Folge eines Schlagflusses, der ihn am Gründonnerstag 1847 in der Kirche traf. Seit Beginn seiner juristischen Laufbahn war er in seinem Fach auch schriftstellerisch thätig. Wir führen von seinen Schriften nachfolgende an: „Die Lehre von den öffentlichen Unterpfändern, nach römischem, deutschem und würtembergischen Rechte“, 1802; „Commentar zu dem Pfandgesetz und den damit in Verbindung stehenden Gesetzen für das Königreich Würtemberg“, 3 Bde., 1827–29; „Entwürfe von Gesetzen für das Königreich Würtemberg mit Motiven“, 1835; „Entwürfe und Anträge zu einer umfassenden Civilgerichts- und Proceßordnung“, 1844; „Ueber Vermögensübergaben und Gutsabtretungen“, 1844; „Vermischte juristische Aufsätze“, 1847. Hiezu kommen noch eine große Anzahl von Aufsätzen in juristischen Zeitschriften und andern Gelegenheitsschriften.