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ADB:Bretschneider, Heinrich Gottfried von

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Artikel „Bretschneider, Heinrich Gottfried von“ von Johann Friedrich Ludwig Theodor Merzdorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 318–319, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bretschneider,_Heinrich_Gottfried_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 11:29 Uhr UTC)
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Bretschneider: Heinrich Gottfried v. B., geb. 6. März 1739 zu Gera, † 1. Nov. 1810 zu Karlsbad. Er besuchte das Geraer Gymnasium und studirte dann für sich weiter ohne eine Universität zu frequentiren. Im Alter von sechszehn Jahren trat er als Cornet bei den sächsischen Dragonern ein und machte als solcher die Schlacht von Collin (18. Juni 1757) mit, nahm dann seinen Abschied und als Rittmeister Dienste in dem preußischen Freicorps von Gschray, wurde aber mit diesem gefangen. Im Jahre 1767 finden wir B. als Landeshauptmann zu Idstein im Nassau-Usingischen und 1769 als Major daselbst. [319] Da aber allerlei Veränderungen im dortigen Staatsdienste vorkamen, so quittirte er denselben und unternahm eine Reise nach Frankreich, Holland und England, von welcher er selbst höchst anziehend berichtet. So z. B. war er in Frankreich zu verschiedenen wichtigen Geschäften, namentlich zum Dechiffriren vom Minister von Vergennes gebraucht worden, und machte auch im Auftrage des französischen Ministeriums eine geheimnißvolle Reise nach Berlin, um für dasselbe ohne Wissen des französischen Gesandten verschiedene wichtige Papiere zu kaufen. Im J. 1775 versuchte er zu Wien – das er früher kaum besucht hatte – sich als Agent verschiedener kleiner Reichsfürsten niederzulassen, doch mißlang der Plan und so finden wir ihn dann wieder in Usingen, Coblenz, Frankfurt a. M., Nürnberg, bis er im Juli 1776 durch den Einfluß des Herrn v. Gebler gelang, ihm die Stelle als Vice-Kreishauptmann im Banat Temesvar zu erwirken, aber schon im März 1780 ward er als kaiserlicher Rath und Bibliothekar nach Ofen versetzt, wo ihn Josephs II. Gunst gegen die heftigsten Angriffe der Jesuiten sicher stellte, wenngleich diesen Nachstellungen und Verfolgungen zu entgehen, ihm nicht ganz gelang. 1783 wurde er – wie schon öfter – nach Wien berufen und erhielt da den Auftrag, den größten Theil der Gasellischen Bücher zu übernehmen und dieselben nach Lemberg überzuführen, wohin er selbst versetzt und 1793 zum Gubernialrathe ernannt wurde. In dieser Stellung verblieb er bis in den Anfang dieses Jahrhunderts, wo er mit dem Charakter eines Hofraths in den Ruhestand trat, dann auf Reisen ging, später aber seinen Aufenthalt zu Wien und seit 1809 zu Nürnberg und Erlangen nahm. In seinen vielerlei Lebenslagen hatte er sich eine seltene Welt- und Menschenkenntniß erworben und seine Gewandtheit machte ihn zu wichtigen und verwickelten Geschäften sehr brauchbar. Er war Kunstkenner und Freund der Tonkunst und besaß nicht gewöhnliche gelehrte Kenntnisse, namentlich eine große Sprachkenntniß. Als Schriftsteller war v. B. sehr fruchtbar, doch erschienen die meisten seiner Schriften anonym. Seine Schriften sind satirischen, litterärischen und dramatischen Inhalts; wir kennen: „Papilloten“, 1769. Das prächtige Bänkelsängerlied: „Eine entsetzliche Mordgeschichte von dem jungen Werther, wie sich derselbe den 21. Dec. durch einen Pistolenschuß eigenmächtig ums Leben gebracht. Allen jungen Leuten zur Warnung in ein Lied gebracht, auch den Alten fast nützlich zu lesen“, o. O. 1774; „Familiengeschichte und Abentheuer des Junkers Ferdinand von Thon,“ 1775–1776. „Vorbericht und Anmerkungen zu den Beiträgen zur philosophischen Geschichte der heutigen geheimen Gesellschaften“ 1786 (welche lange Zeit Bode oder Kästner zugeschrieben wurden). „Almanach der Heiligen auf das Jahr 1788“, (das witzigste und launigste Product Bretschneider’s). „Georg Waller’s Leben und Sitten.“ 1793. „Reise des Herrn v. Bretschneider nach London und Paris nebst Auszügen aus seinen Briefen an Fr. Nicolai“, herausg. v. Göckingk. Berlin 1817 (sehr merkwürdig für Sittengeschichte). „Schilderungen merkwürdiger Zeitgenossen“ (herausg. von Meusel). Erl. 1816.

Vgl. Meusel, Vermischte Nachrichten historischen und litterarischen Inhalts. Erlangen 1816.