Zum Inhalt springen

ADB:Bucher, Anton von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bucher, Anton“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 476–477, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bucher,_Anton_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 01:15 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Buchenröder, Michael
Band 3 (1876), S. 476–477 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Anton von Bucher in der Wikipedia
Anton von Bucher in Wikidata
GND-Nummer 116817925
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|3|476|477|Bucher, Anton|Karl Theodor von Heigel|ADB:Bucher, Anton von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116817925}}    

Bucher: Anton B., geb. 11. Januar 1746 in München, besuchte die humanistische Lehranstalt der Vaterstadt und bezog sodann die hohe Schule zu Ingolstadt, wo er sich für den geistlichen Stand vorbereitete, doch über Dogmatik und Exegese sich den freien Blick der Vernunft nicht verkümmern ließ. Als geweihter Priester kehrte er 1768 nach München zurück und widmete sich als Caplan der Pfarrei zum heil. Geist der Seelsorge. Unter dem fördernden Schutz des milden und aufgeklärten Max Joseph III. entfaltete sich gerade damals jene großartige geistige Regsamkeit, welcher der bairische Volksstamm einen neuen Aufschwung des politischen und socialen Lebens verdankt. Namentlich das Schulwesen wurde durch die segenvollsten Reformen rasch gehoben. In den Kreis, der auf diesem Gebiete thatkräftig wirkenden Gelehrten trat auch B. ein. Er wurde zur Commission beigezogen, die 1774 zur Reform der Volksschulen zusammentrat, und verfaßte selbst einige Lehrbücher. Als ihm auch trotz seiner Jugend das Rectorat des Münchener Gymnasiums übertragen wurde, suchte er alles Treibhausartige aus der Anstalt zu verbannen und diese so umzugestalten, daß die Schüler wirklich für das Leben und Wirken in der Welt vorbereitet würden. Zeugniß davon, wie ungetrübt sein Sinn durch Standesvorurtheile, gibt eine 1778 öffentlich gehaltene Rede, worin er die Abneigung so vieler Eltern, ihre Kinder für den Bürgerstand zu erziehen, streng tadelt, und nicht minder den Amtsmißbrauch vieler geistlicher Lehrer, die den Unterricht dazu benützen, ihre Zöglinge dazu aufzumuntern, in den geistlichen Stand zu treten. Diese Rede rief aber auch einen Sturm des Unwillens von Seite derjenigen hervor, die sich getroffen fühlten, namentlich der Exjesuit Gruber schrieb fulminante Episteln gegen den Aufklärer. Max Joseph, gut und verständig, aber ein Freund des Friedens, gab seine Einwilligung zur Entfernung Bucher’s von seinem Posten, entschädigte ihn jedoch durch Verleihung der einträglichen Pfarrpfründe zu Engelbrechtsmünster. Wenn aber die Feinde des Gelehrten darauf gerechnet hatten, ihn durch die Versetzung unschädlich zu machen, so hatten sie sich getäuscht. [477] B. benutzte von nun an die Muße, die ihm sein Seelsorgeramt ließ, zu schriftstellerischen Arbeiten und entsandte in den nächsten Jahren aus seinem unbeachteten Pfarrhause eine Reihe von satirischen Schriften, die mit unerbittlicher Strenge das Wesen des Jesuitismus in Baiern und die durch ihn hervorgerufenen Uebelstände bloslegten. Obwol schon Jean Paul in der Vorrede zur Geschichte der Aesthetik seinen Witz und seine Beobachtungsgabe, die ihn einem Abraham a santa Clara würdig zur Seite stellen, rühmend hervorhob, sind seine Schriften nicht nach Gebühr bekannt geblieben, hauptsächlich deshalb, weil sie ihres specifisch süddeutschen Charakters halber im Norden nie große Verbreitung fanden, in Süddeutschland, soweit dies möglich war, unterdrückt wurden. Zuerst erschien „Pangraz, Geschichte eines Bürgersohnes“, eine Satire auf das Schulwesen in Baiern. In den „Jesuitenbiographien“ sind seine Erfahrungen über die Casuistik und Doctrin der Jesuiten in Baiern niedergelegt, ebenso in den „Auserlesenen miraculosen Tropfen vom sal sapientiae, abgezogen aus dem litterarisch-marianischen Bronnen der Gesellschaft Jesu“ und im „Allerneuesten jesuitischen Eulenspiegel“. Die drei letztgenannten Schriften wurden erst aus seinem Nachlaß von Klessing herausgegeben. Dagegen veröffentlichte B. selbst mehrere volksthümliche Satiren, Bilder aus dem abergläubischen und scheinheiligen Treiben der verschiedenen Gesellschaftskreise, in welchen freilich Gotthelf’scher Realismus noch überboten ist. Hieher gehören „Das Portiunkulabüchlein“, worin er die Tetzel seiner Zeit angreift, „Der Entwurf einer ländlichen Charfreitagsprocession“, „Die Kinderlehre auf dem Lande“ u. a. 1813 legte B. seine Stelle nieder und zog nach München, wo er am 11. Januar 1817 starb.

Bucher’s gesammelte Werke, herausgegeben von Klessing 1819. I. Band. Einleitung. – Ersch u. Gruber, I. Section. XIII. Bd. S. 298. – Baader, Das gelehrte Baiern. I. S. 162.