ADB:Burchard I. (Bischof von Worms)
Otto III. seinen Bruder zum Nachfolger empfahl. Dieser hatte seine Studien bei den Benedictinern in Coblenz und in Lobbes (=Laubach) wie es heißt unter Albertus, dem späteren Abt von Gembloux († 1048) gemacht; unter Erzbischof Willegis (975–1011) kam er als Cleriker nach Mainz, ward hier Stadtkämmerer, dann Propst des St. Victorstiftes und erhielt 997 die Priesterweihen. Otto III. hatte nach Franco’s Tode erst den Erpo, der aber schon zu Rom starb, dann Razo zum Bischof von Worms ernannt. Auch dieser starb, ehe er Deutschland erreichte. Da fiel des Kaisers Wahl – das Jahr steht nicht sicher fest – auf B., den rechten Mann für die schlimmen Zeiten, denn die Zustände des Bisthums waren sehr zerrüttet, die Stadt von den Ungarn fast ganz zerstört und die Bevölkerung entsittlicht. – Mit eigenem Beispiel voranleuchtend, führte er alsbald den Clerus zu kirchlich strengem Leben zurück. Er wußte das Immunitätsgebiet wie die Einnahmen des Bisthums zu vergrößern und durch königl. Privilegien zu sichern. In fünf Jahren umgab er das zerstörte Worms aufs neue mit Mauern und Gräben, so daß die geflüchteten Bewohner zurückkehren konnten. So entstand auch das Innere der Stadt bald wieder aus den Trümmern; doch hatte B. dabei einen schweren Kampf mit dem seine Autorität anfeindenden rheinfränkischen Grafen Otto zu bestehen, dessen in der Stadt liegende Burg jedoch endlich König Heinrich II. für das Stift zu erwerben wußte (Oct. 1002). B. errichtete an der Stätte der niedergerissenen Burg die Paulskirche mit einem wohldotirten Collegiatstift. Dies, sagt ein altes Verzeichniß der Wormser Bischöfe (herausgegeben von Dr. W. Wiegand, Worms 1855), sei das initium potestatis episcopalis. Auch vollendete er den Bau des Domes, der Taufkirche St. Johannes und der Martinskirche, erweiterte das Kloster Mariä Münster, in welchem seine Schwester Mechthildis Aebtissin war, das Cyriacsstift zu Neuhausen etc. Die Stadt Worms theilte er in vier Parochien. Mit fester Hand wußte er den Landfrieden zu handhaben. Auch an den allgemeinen Reichsgeschäften hatte er Theil. So machte er den letzten Zug Otto’s III. nach Italien mit, von dem man nach des Kaisers Tod unter so großen Gefahren heimkehrte. Bei Heinrich II., zu dessen Erhebung er wesentlich beitrug, wie bei Konrad II. stand er in Gunst und hohem Ansehen. Für alle Zeiten aber hat ihm sein Werk: „Decretorum libri XX.“ (D. Burchardi Worm. Episc. Decret. Libri XX. ed. Colon. ex offic. Melch. Novessiani, 1548 fol.) einen Platz in der Litteratur des canon. Rechtes gesichert. Als die bis dahin vollständigste Sammlung für das canonische Recht wurde es Fundgrube für alle späteren, ist von Gratian in großem Maßstabe benutzt und auch von Gratian an fast die einzige Sammlung, die neben dessen Decretum gebraucht wurde. – Ferner verfaßte er die „Leges et statuta familiae s. Petri“ (von H. F. Gengler herausgegeben als „Hofrecht des B. Burchard von Worms“, Erlangen 1859). – Im Juli 1025 befand sich Kaiser Konrad II. in Worms; schon unwohl geleitete B. ihn bis Trebur; bald nach der Rückkehr beschloß er am 20. Aug. sein frommes und thatenreiches Leben. Nur drei Denare fand man bei seinem Tode in einem Handschuh; die außerordentlich großen Geldmittel, über welche er verfügt hatte, waren nur für das Wohl seiner Diöcese da.
Burchard, Bischof von Worms (Burchardus Wormatiensis), geb. in Hessen, † 20. Aug. 1025. Er entstammt einem vornehmen Geschlecht, aus dem Worms mehrere Bischöfe empfing, Hanno 950–974, Hildebold 975–993 und 993 Burchards Bruder, Franco, früher Abt von Lorch, der zu Rom 996 sterbend dem Kaiser- [564] Hauptquelle ist die um 1030 oder bald nachher verfaßte Vita anonymi, aus der älteren Ausg., da Handschriften fehlen, neu edirt bei Pertz, Monumenta IV. 829 sqq.; vgl. Giesebrecht, Kaisergesch. I. (3. Aufl.) S. 786; Wattenbach, D. Geschichtsqu. (3. Aufl.), I. 284. Mabillon, Ann. Bened. IV. 193. 201. Oudinus II. 525. Baronius ad. a. 1025. Schulte, Quellen S. 310.