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ADB:Buß, Franz Joseph Ritter von

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Artikel „Buß, Franz Josef Ritter von“ von Johann Friedrich von Schulte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 407–409, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bu%C3%9F,_Franz_Joseph_Ritter_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 14:15 Uhr UTC)
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Buß: Franz Josef Ritter von B., Jurist, geboren am 23. März 1803 zu Zell am Hammersbach (Baden), † zu Freiburg i. B. infolge eines Schlaganfalls am 31. Januar 1878. Er habilitirte sich im J. 1829 als Privatdocent zu Freiburg i. B., verbrachte an der dortigen Universität sein Leben, seit 1833 als außerordentlicher, seit 1836 als ordentlicher Professor, jedoch in den letzten Jahren im Ruhestande; in den sechziger Jahren war er mehrere Jahre in einer Heilanstalt für Geisteskranke untergebracht. Dies erklärt das Unstete, Ungestüme und geradezu Unbegreifliche, das sich in seinem Gebahren bei verschiedenen Anlässen kundgab. In der Jugend radical namentlich nach der kirchlichen Seite trat er zur ultramontanen Partei über und war auf dem badischen Landtage von 1837 und 1846 der maßloseste [408] Redner für Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche. Als solcher bediente er sich des cynischesten Tones, der burschikosesten Wendungen und Kraftphrasen, hielt jedes Mittel für erlaubt. Das stärkste Beispiel lieferte er am 3. Mai 1846, wie aus der Erzählung Gustav Freytag’s (Karl Mathy, Geschichte seines Lebens, Leipzig 1870, S. 232) hervorgeht, die lautet: „Unter allen Ultramontanern war der Abgeordnete Buß, Professor in Freiburg, der Opposition am widerwärtigsten. Mathy kannte ihn von alter Zeit, der Mann hatte sich einst als Radicaler in der Schweiz umhergetrieben, war dann plötzlich zur Pfaffenpartei übergegangen und trug einen fanatischen Eifer zur Schau, an dessen Ehrlichkeit in dem frechen und hohlen Gesellen Niemand glauben wollte. Zuerst erstaunte sich Brentano[WS 1] über den Eifer des Abgeordneten, der vor elf Jahren nicht einmal an die Unsterblichkeit der Seele geglaubt habe. Das erklärte Buß für eine Verleumdung. Darauf las Brentano die Strophe eines schwülstigen Gedichtes von Buß, worin allerdings die Fortdauer nach dem Tode spöttisch abgefertigt wurde. Buß erklärte heftig, das Gedicht sei für einen Arzt bestimmt gewesen und fügte den unparlamentarischen Wunsch hinzu, daß die Spürnase des Vorlesers doch auch nach den ersten Incunabeln des Buß suchen möge … Darauf erhob sich dräuend die Gestalt Mathy’s und er sprach: ‚Um ihre bessere Gesinnung an den Tag zu legen, erließen im Jahr 1834 eine Anzahl kath. Bürger in Constanz, darunter siebenzigjährige Greise, eine Einladung zu Beiträgen für eine Denkmal der beiden Märtyer Huß und Hieronymus. In jener Einladung war folgende Stelle zu lesen: Die Frommen des Ketzergerichts haben zwar den Leib dieser Märtyrer zerstört, nicht aber ihren Geist. Die Geschichte nennt Huß und Hieronymus als die ersten Vertheidiger der religiösen Freiheit, als Vorkämpfer der großen kirchlichen Reformation‘. – Mathy verlas die Worte aus dem Jahrgang 1843 der Seeblätter. – ‚Meine Herren, diese Worte schrieb kein Protestant, es hat sie ein Katholik, es hat sie – der Abgeordnete Buß geschrieben‘. Welcker (einschaltend): ‚Nachdem er schon Professor war‘. Allgemeines Erstaunen, Unterbrechung. Buß macht eine verneinende Bewegung. Mathy: ‚Es ist dorch richtig? Sie haben diese Worte geschrieben.‘ Buß: ‚Nein.‘ Mathy: ‚Sie haben diese Worte nicht geschrieben?‘ Buß: ‚Nein.‘ Mathy: ‚Wohlan denn – hier ist Ihre Handschrift‘. Er zieht das Papier, worauf Buß die fraglichen Worte als Zusatz zu dem Entwurf der Constanzer geschrieben, aus der Tasche, hält es dem Abgeordneten Buß entgegen und zeigt es sodann den Mitgliedern, welche sich hervordrängen. Buß ‚Ich sage dem Abg. Mathy: Ja ich habe es geschrieben.‘ Präsident Mittermaier wieder strafend: ‚Es geschieht Ihnen Recht, Herr Abg. Buß, Sie haben sich das selbst zuzuschreiben, Sie sind genug gebeten worden, die Begründung der Motion zu unterlassen.‘“ Ein solcher Held war zu gebrauchen. Ins Frankfurter Parlament wurde er vom münsterländischen Wahlkreise Ahaus-Steinfurt auf geistliche Empfehlung gewählt, wo er in ähnlicher Weise durch Cynismus, Antipreußenthum und Ultramontanismus glänzte und die in seinem Freundeskreise circulirende Aeußerung that: „Ich bleibe in der Paulskirche, um dem letzten Abgeordneten einen Tritt in den – zu geben“, welche mir von mehreren Fractionsgenossen desselben mitgetheilt worden ist. Zu Mainz erwählte man ihn im October 1848 zum Präsidenten der Generalversammlung des Piusvereins. Hier und auf einigen folgenden leistete er viel durch Kraftreden. In den Deutschen Reichstag wurde er 1874 gewählt. Nachdem er einmal gesprochen, leerte sich, wenn er als Redner aufgerufen [409] wurde, das Haus, auch auf den Bänken des Centrums traten große Lücken ein. Im J. 1859 war er thätig gewesen für die Bildung eines Vereins zur Sorge für die österreichischen gefangenen Soldaten, welche aus Frankreich zurückkehrten. Dafür verlieh ihm der Kaiser von Oesterreich einen Orden und den Ritterstand, der von Baden anerkannt wurde. Schriften, außer selbst gemachten bezw. herausgegebenen Uebersetzungen: „Die Methodologie des Kirchenrechts“ u. s. w. (Freib. 1842); „Capistran, Zeitschr. f. die Rechte und Interessen der Katholiken Teutschlands“ (Schaffh. 1847, nur 1 Heft); „Urkundliche Geschichte des National- und Territorial-Kirchenthums in der kath. Kirche Teutschlands. Zugleich Corp. jur. eccl. germ.“ (Schaffh. 1851); „Die Gesellschaft Jesu, ihr Zweck, ihre Satzungen, Geschichte, Aufhebung und Stellung in der Gegenwart“ (2 Bde., Mainz 1852, 2. Ausg.); „Die Wiederherstellung des canonischen Rechts in der oberrheinischen Kirchenprovinz. Von einem Staatsmanne a. D.“ (Stuttg. 1853). Mir sagte er 1854, er habe diese Angabe gemacht, weil er schon zwei Mal verwarnt sei und, falls man seine Autorschaft erfahre, die dritte Warnung und den Amtsverlust befürchten müsse. „Die kirchliche Immunität. Eine positiv-rechtliche Abhandlung von einem badischen Juristen“ (Freib. 1853, nach seiner Mittheilung von ihm).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Lorenz Brentano (1813-1891)