ADB:Busson, Arnold

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Artikel „Busson, Arnold“ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 409–411, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Busson,_Arnold&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 01:16 Uhr UTC)
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Band 47 (1903), S. 409–411 (Quelle).
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Busson: Arnold B., geboren am 24. Mai 1844 zu Münster, † am 7. Juli 1892 in Graz, Universitätsprofessor und Geschichtsforscher. B. stammte aus einer französischen Familie, die ans rechte Rheinufer herübergewandert und kerndeutsch geworden war. Mit 17 Jahren (1861) verließ er das Gymnasium seiner westfälischen Heimathstadt und bezog die Innsbrucker Universität, wohin ihm die wissenschaftliche Bedeutung und in weiten Kreisen gerühmte akademische Lehrthätigkeit seines älteren Landsmannes und Glaubensgenossen, Julius Ficker, den Weg gewiesen. Busson’s Entschluß, Historiker zu werden, fand an Ficker den besten Förderer. Im Herbste 1863 übersiedelte B. an die Göttinger Hochschule und war durch fünf Semester ein eifriger Jünger von Georg Waitz. Außerdem betrieb er hier nationalökonomische Studien als Hörer Helferich’s. Zur Geschichtsforschung gründlich ausgerüstet, 1866 Doctor der Philosophie geworden, begab sich B. nach Berlin, wo er in die von Droysen geleitete „Historische Gesellschaft“ eintrat. Für kurze Zeit besuchte B. seine Geburtsstadt, woselbst ihn die Herausgabe seiner ersten Monographie: „Die Doppelwahl des Jahres 1257 und das römische Königthum Alfons X. von Castilien“ (München 1866), andrerseits Vorarbeiten für die neue Ausgabe der Böhmer’schen Regesten, – wie sie im Plane Julius Ficker’s lag, – beschäftigten. Der Aufenthalt an der Berliner Universität währte bis in den Spätherbst 1867, und bot ihm reichlich Gelegenheit, sich unter Jaffé’s Leitung im mittelalterlichen Urkundenwesen ausgiebig zu schulen. Diese vielseitige akademische Ausbildung zum Historiker und die günstige Aufnahme jener Monographie lassen begreiflich erscheinen, daß B. von der Göttinger Commission für die Wedekind’sche Preisstiftung den Auftrag überkam, die Bearbeitung des 5. Buches der Kopp’schen Geschichte des deutschen Reiches bezw. der eidgenössischen Bünde zu liefern und so eine empfindliche Lücke in diesem weitschichtigen Werke auszufüllen. Bei dieser Aufgabe wurde Lütolf sein Arbeitsgenosse.

Der Eintritt des 23jährigen Mannes in die akademische Lehrthätigkeit knüpft sich an das Studienjahr 1867/68 und an die Hauptstadt Tirols, welche B. sechs Jahre vorher zum ersten Male betreten hatte und schon damals liebgewann. An Ficker’s Seite wirkte B. sieben Semester hindurch als Privatdocent der allgemeinen Geschichte und las vorwiegend über alte Geschichte. [410] In diese Zeit (1867–1871) fallen seine Abhandlungen über „Konrad von Neuffen, Pfalzgraf bei Rhein 1156–1195“ (Ann. f. Gesch. d. Niederrheins); „Ueber einen Plan an Stelle Wilhelm’s von Holland Ottokar von Böhmen zum römischen Könige zu wählen“ (Arch. f. österr. Gesch. 1868) und seine Monographie „Die florentinische Geschichte der Malaspini und deren Benutzung durch Dante“ (Innsbr. 1869); schließlich die erwähnte Ergänzung des Koppschen Werkes als dessen II. Bd., 2. Hälfte f. d. Jahre 1273–1291 (1871). Schon diese Arbeiten lassen erkennen, daß der Schwerpunkt der Forschungen Busson’s vorzugsweise der deutschen Reichsgeschichte der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und der Folgezeit zufiel und auch weiterhin zufallen sollte. Am 6. Juli 1871 zum außerordentlichen Professor der allgemeinen Geschichte ernannt, mit der Verpflichtung, jedes zweite Semester neben den historischen Collegien auch geographische zu lesen, fünfviertel Jahre später (11. November 1872) Ordinarius geworden, hatte sich B. in die Innsbrucker Verhältnisse ganz eingelebt. Eine glückliche, mit Kindern gesegnete Ehe mit einer Landsmännin vom Niederrhein, sein collegiales und joviales Wesen als Professor, Studentenfreund und „alter Herr“ des Corps Athesia, und Kreuz- und Querfahrten durch Tirol, die seinen angeborenen Natur- und Kunstsinn förderten und ihm als geübtem Kunstsammler so manche werthvolle Erwerbung bescheerten, – all dies hielt der vielseitigen akademischen Lehrthätigkeit Busson’s auf dem Katheder und im historischen Seminar, und seiner wissenschaftlichen Publication ein wohlthätiges Gegengewicht. – 1886/1887 bekleidete B. das oberste akademische Ehrenamt, das Rectorat, unter schwierigen Verhältnissen, mit Energie und Geschick. Seine Rectoratsrede behandelte „Lykurgos und die große Rhetra“ (gedr. 1887).

Die 20 Jahre seiner Innsbrucker Professur (1871–1891) bilden die Mittagshöhe im Leben und Wirken Busson’s, den die Wiener kais. Akademie der Wissenschaften zum correspondirenden, die Allg. geschichtsforschende Gesellschaft der Schweiz zum Ehrenmitgliede erkor. In diesen zwei Decennien entstanden (1871–1874) die Abhandlungen zur Geschichte Konradin’s (4 Abth. in den Forsch. z. deutschen Geschichte); die Monographie „Zur Geschichte des großen Landfriedens deutscher Städte 1254“ (Innsbruck 1874), die Abhandlungen im Arch. f. österr. Geschichte: über „die Idee des deutschen Erbreiches und die ersten Habsburger“ (1878), den „Krieg von 1278 und die Schlacht bei Dürnkrut“ (1880), „Salzburg und Böhmen vor dem Kriege von 1276“ (1884), anderseits in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie: „Zur Kritik der steirischen Reimchronik“ (3 Abth. 1886–1890) und über „die Sage von Max auf der Martinswand und ihre Entstehung“ (1890), desgleichen in den Mittheilungen des Instituts für österr. Geschichtsforschung: „Polemik mit Generalmajor Köhler in Hinsicht der Schlacht bei Dürnkrut“ (1881–82); „Papst Nikolaus’ III. Plan einer Theilung des Kaiserreiches“ (1887), „Versprechen des Mkgrf. Otto III. von Brandenburg an Ottokar von Böhmen betreffs der römischen Königswahl“ (1887); über die Vita Henrici IV. und über „Fulda und die goldene Bulle“ (Mitth. 1881–1888). Auch als Numismatiker und Heraldiker machte sich B. um Tirol verdient.

Als B. von der Grazer philosophischen Facultät für das Ordinariat der allgemeinen Geschichte ausersehen wurde, am 31. Juli 1891 seine Ernennung vollzogen sah, 1891/92 seine akademische Lehrthätigkeit begann und an der Neugestaltung des historischen Seminars eifrig mitwirkte, ahnte wol niemand, daß Graz, die neue Stätte seines wissenschaftlichen Lebens und Strebens, kaum ein Jahr lang den gemeinnützigen Lehrer und Forscher beherbergen würde. Busson’s Lebhaftigkeit und Humor verdeckten gewissermaßen das Umsichgreifen [411] eines tückischen Körperleidens, das ihn im Alter von 48 Jahren dahinraffte. Der kurzen Spanne seines Grazer Wirkens fällt der 4. seiner „Beiträge zur Kritik der steirischen Reimchronik“ (Sitzungsber. 1892) zu. B. war eine vielseitig gebildete, harmonische Natur, ein ehrenwerther und liebenswürdiger Lehrer und Mensch und ein Forscher, dem Schärfe des Blickes und Gabe der Gestaltung bescheert blieben.

Rich. von Steell, A. Busson. Ein Nachruf. Salzburg 1893. – Krones in der Festschrift z. Feier der Schlußsteinlegung des neuen Hauptgebäudes der Grazer Universität, 1895.