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ADB:Christian Ernst (Markgraf von Brandenburg-Bayreuth)

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Artikel „Christian Ernst, Markgraf von Kulmbach“ von Theodor Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 159–162, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Christian_Ernst_(Markgraf_von_Brandenburg-Bayreuth)&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 18:18 Uhr UTC)
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Christian Ernst, Markgraf von Kulmbach, geb. 27. Juli 1644, gest. 10. Mai 1712. Im wesentlichen auf dem politischen und geistigen Niveau [160] zahlreicher anderer deutscher Fürsten seiner Zeit stehend, ragt seine Persönlichkeit um ein weniges über dieselben hinaus, theils indem er nicht ganz ohne Erfolg seinem Vetter, dem großen Kurfürsten von Brandenburg nacheiferte, theils indem er an den wichtigsten Staatsactionen seiner Zeit einen mehr oder weniger bedeutsamen Antheil hat. Enkel des Markgrafen Christian, welchem sein Bruder, Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg, dem geraischen Hausvertrage gemäß, die 1603 erledigte Markgrafschaft Kulmbach und Baireuth zugewiesen hatte, ward Ch. Ernst, nachdem er seine Mutter, Sophie von Ansbach, in seinem zweiten (23. Nov. 1646), seinen Vater Erdmann August in seinem siebenten Jahre (27. Jan. 1651) verloren hatte, noch minderjährig 30. Mai 1655 Nachfolger seines Großvaters. Als Obervormund entzog Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg den Jüngling der Leitung seines habsüchtigen Oheims, Georg Albrecht, indem er ihn in Halberstadt und Berlin unter seinen Augen sorgfältig erziehen ließ und im Sommer 1657 auf die Universität Straßburg sandte. Nachdem der junge Markgraf hier schon nach 1½ Jahren (21. April 1659) in einer lateinischen Rede über die Kunst ein guter Fürst zu sein, ein in seiner Zeit vielfach bewundertes Zeugniß gereifter Studien abgelegt hatte, dieselben sodann nach Gewohnheit der Zeit auf Reisen in Frankreich, Italien und den Niederlanden, wegen welcher er von Sigmund v. Birken (1668) „als Brandenburgischer Ulysses“ der Welt gepriesen wurde, weiter ausgebildet und während dieser Reisen auch 15. Juli 1660 in Bordeaux auf die Nachricht vom Abschluß des Olivaer Friedens und zugleich als Erinnerung an den in seiner Gegenwart im Jahr zuvor am Bidassoa proclamirten pyrenäischen Frieden in der Gründung eines Ritterordens de la Concorde einen Willensact chevaleresken Sinnes geübt hatte, zog er am 29. Oct. 1661 als Landesherr in Baireuth ein.

Die glänzenden Erwartungen, die diese seine Vorbildung erweckte, schienen sich zunächst in den Kriegsthaten der ersten Hälfte seiner Regierung zu erfüllen. Für sein Streben nach dem Feldherrnruhme seines Vorbildes findet er Unterstützung in den in seinem Ländchen seit den Zeiten des Markgrafen Casimir (1514–27) bestehenden verhältnißmäßig guten militärischen Einrichtungen, indem hier neben den Söldnern auch die Landmiliz („der Ausschuß“) in Kriegspflicht und Kriegsübung erhalten ward. Ch. Ernst sorgt nicht nur für ihre Vermehrung, Ausbildung und bessere Bewaffnung, sondern schreitet auch dazu, nicht ohne Widerstreben seiner Stände, einen Theil derselben, „den reißenden Ausschuß“, aus dem er später ganze „selegirte Landregimenter“ bildet, sowie die (seit 1677) gleichfalls aus Landeskindern formirte Leibgarde, neben der Landesvertheidigung auch für den auswärtigen Krieg zu benutzen. Diese Kriegsmittel sowie das seit 1664 ihm zugefallene Amt eines Kreisobersten des fränkischen Kreises setzen ihn in Stand sich als Soldat Geltung zu verschaffen. Als der große Kurfürst im Sommer 1672 im Vertrauen auf die zugesagte Hülfe des Kaisers und den Beitritt der Reichsstände die Waffen für die von Frankreich mit dem Untergange bedrohten Holländer erhebt, ist Ch. Ernst der einzige Reichsfürst, der sofort in einem Tractate (23. Juni 1672) sich zur Beihülfe verpflichtet und noch früher als das kaiserliche Heer mit seiner kleinen Kriegsmacht im brandenburgischen Lager eintrifft, freilich nur um in diesem Jahre das Mißgeschick der Verbündeten zu theilen. Als im folgenden Jahre (1673) das gesammte Reich für den Kampf gegen Frankreich sich entscheidet, sammelt Ch. seine Kreistruppen und schließt sich, sobald das kaiserliche Heer Montecuculi’s aus Böhmen in das Maingebiet eingerückt ist, demselben an und hat in dem erfolgreichen Feldzuge dieses Jahres, welcher mit der Vertreibung Turenne’s aus dem Maingebiete beginnt und mit der Eroberung von Bonn (12. Nov. 1673) endet, sich in so guten militärischen Ruf gebracht, daß auf den Antrag des Kaisers der [161] Reichstag (Febr. 1674) ihn zum Generalwachtmeister ernannte. Bald darauf werden zwar seine Kreistruppen in die pfälzischen Festungen vertheilt; der Markgraf selbst aber wirbt für den Kaiser ein Regiment zu Pferde und hat an der Spitze desselben während der folgenden vier Kriegsjahre bis 1678 in den mannigfaltigen Wechselfällen derselben, namentlich in dem Treffen bei Goldscheuer 1. Aug. 1675 und bei der Belagerung und Eroberung von Philippsburg im Sommer 1676 sich auch durch persönliche Bravour so sehr hervorgethan, daß der Kaiser schon vor der letzterwähnten Unternehmung (März 1676) ihn zum Feldmarschall-Lieutenant erheben ließ, und nach derselben ihm während der Krankheit des Markgrafen Friedrich von Baden das Commando der gesammten Reichsarmee übertrug. Auch nach dem Nymweger Frieden hielt ihn die Noth des eigenen Landes nicht ab im J. 1683 zur Befreiung Wiens von der Türkengefahr aufzubrechen. Eine eroberte Hauptfahne und ein angeblicher Roßschweif des Großveziers, welche er als selbstgemachte Kriegsbeute nach Baireuth zurückbrachte, bezeugten seine Theilnahme an dem Entscheidungskampfe des 12. September. Unvollkommener löste er die ihm als Landesfürsten vorliegende Aufgabe, die Wunden, welche der dreißigjährige Krieg seinem Lande und Volke geschlagen hatte, zu heilen: es galt ein zu nicht geringem Theile noch verwüstetes und verödetes Land neu anzubauen und der eingerissenen Verwilderung des verarmten Volkes Einhalt zu thun. Auch in dem, was er hierin leistete, ist ein gewisses Streben, dem Vorbilde seines brandenburgischen Vetters nachzuleben, nicht zu verkennen. Er hat es an vereinzelten Bemühungen, die Landescultur zu fördern, nicht fehlen lassen, zum Anbau der öden Plätze durch dargebotene Vortheile aufgemuntert; unter allen mitteldeutschen Landen ist in seinem Lande und unter ihm zuerst die Pflege der Kartoffel betrieben worden, im J. 1670 ist die erste Fabrik, eine Wollenmanufactur in Wunsiedel angelegt worden und 1711 bestand bereits ein geregelter Postverkehr zwischen Baireuth und Kulmbach. Nicht minder gehen seine zahlreichen polizeilichen Erlasse und seine Gesetze sichtlich darauf aus, Ehrbarkeit und Mäßigkeit unter seinen Unterthanen zu fördern, seine Beamten an einen durch Instructionen geregelten Geschäftsgang zu gewöhnen. In dem Bau der Schloßkirche und eine den Namen des Stifters führenden Gymnasiums in Baireuth, eines Gymnasiums in Hof, einer Fürstenschule zu Heilsbronn sowie anderer ähnlicher Stiftungen hat er seinem ernsten auf Pflege religiösen und wissenschaftlichen Lebens bedachten Sinn einen ehrenwerthen Ausdruck verliehen. Aber alle diese Anordnungen und Einrichtungen entbehrten eines nachhaltigen Erfolges in Folge der andauernden finanziellen Zerrüttung des fürstlichen Haushaltes. Der von seinem Großvater überkommene Luxus des Hoflebens, gesteigert durch des Markgrafen und seiner Gemahlinnen (er war dreimal vermählt) Vorliebe für Theater und italienische Capelle, durch häufige Reisen und vor allem durch die Kriege, ließen trotz einer übermäßigen Belastung der Unterthanen das Mißverhältniß zwischen Einnahme und Ausgabe von Jahr zu Jahr in grellerer Weise hervortreten. Nach seiner Rückkehr aus dem Reichskriege beschäftigte er sich namentlich in den Jahren 1679–81 mit dem Plane einer gründlichen Reform des Haushaltes; da aber der Widerstand, den er bei seiner Gemahlin findet, ihm bald die Arbeit verleidet, so sucht er die Schätze, die ihm fehlten, auf dem anscheinend mühelosen Wege der Alchymie zu gewinnen und läßt sich durch Täuschungen, die ein Abenteurer, Baron Cronemann, auf ihn ausübt, dermaßen verblenden, daß er 1679 denselben unter dem Namen eines Oberpräsidenten (so benannte der große Kurfürst seinen O. v. Schwerin) zu seinem obersten Beamten erhebt; erst nach sieben Jahren (1686) wird der Betrüger entlarvt und büßt am Galgen seine Schuld. Mit geläuterter Einsicht folgt darauf der Markgraf dem von seinem Vetter in Brandenburg gegebenen Beispiele, [162] und öffnet sein Ländchen den in Deutschland einwandernden Réfugiés; es war ein glücklicher Griff, daß er ihnen neben dem damals unbedeutenden Orte Erlangen ein Grundgebiet einräumte, auf welchem binnen kurzem die Stadt Neu- oder Christian-Erlangen erblühte, welche durch die Pflege französischen Gewerbfleißes und die geistige Bildung der Ansiedler Wohlstand und neues Leben über die Umgegend verbreitete. Auch der Markgraf fand, zumal als seine dritte, am 30. März 1708 ihm vermählte Gemahlin, eine Tochter des großen Kurfürsten, diese seine Neigung theilte, an diesem Orte so großes Gefallen, daß er denselben zu seinem gewöhnlichen Aufenthalte erwählte, der alsbald seit 1704 in der von dem Freiherrn Groß v. Troskau gegründeten Ritterakademie eine Werkstätte wissenschaftlicher Thätigkeit gewann, deren Zweck in ausgedehnterer Weise die 1743 von Baireuth hierher verlegte Universität zu erfüllen bestimmt war. Die Freude an dieser aufblühenden Schöpfung mußte dem alternden Fürsten Ersatz für den dahin geschwundenen kriegerischen Ruhm gewähren. Auch in der spätern Periode seines Lebens hat er sowol in dem Reichskriege von 1688 bis 1697 als auch im spanischen Erbfolgekriege unterweilen Reichsheere commandirt, aber in der Regel dabei Mißerfolge erlebt. Als er namentlich im J. 1707 nach dem Tode Ludwigs von Baden (4. Jan.) als ältester Reichsfeldherr an dessen Stelle die Vertheidigung der Stolhofer Linien in Schwaben übernahm, in Folge seiner ungeschickten Leitung aber sie nach kurzem Kampfe an die Franzosen verlor, nöthigte ihn der allgemeine Unwille über seine Unfähigkeit das Commando am 13. Aug. niederzulegen, das an den Kurfürsten von Hannover übertragen ward. Mißvergnügt und schwermüthig kehrte er in die Heimath zurück und ist fünf Jahre später in Erlangen gestorben.

Vgl. Rentsch, Brandenb. Cedern-Hayn. – Heinritz, Urkundl. Beiträge zur Gesch. des Markgrafen Christian Ernst. – Kapff, Erinnerungen an die Markgrafen von Kulmbach-Baireuth.