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ADB:Kasimir

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Artikel „Casimir, Markgraf von Brandenburg“ von Theodor Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 43–53, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kasimir&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 06:43 Uhr UTC)
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Casimir, Markgraf von Brandenburg, geb. 27. Sept. 1481, † 21. Sept. 1527. Sein Vater, Friedrich der ältere, der zweite Sohn des Kurfürsten Albrecht Achilles, war dem von letzterem erlassenen Hausgesetze gemäß nach dessen Tode 11. März 1486 zunächst gemeinsam mit seinem jüngern Bruder Sigmund, als dieser aber 26. Febr. 1495 verstorben war, allein zum Besitze der fränkischen Landschaften des hohenzollerschen Hauses gelangt. Der in diesem Hause vorherrschende Brauch, den Lebensberuf in den Interessen des deutschen Reiches oder seiner Kaiser zu suchen, sowie die Mitgliedschaft dieser Markgrafen an dem schwäbischen Bunde, der im Wesentlichen damals dem habsburgischen Interesse diente, gaben auch dem Markgrafen C., dem ältesten Sohn Friedrichs, in früheren Jahren Gelegenheit im Dienste Maximilians I. durch kriegerische und staatsmännische Tüchtigkeit sich auszuzeichnen; in seinem 18. Jahre, im Sommer 1499, führt er neben seinem Vater und dem Markgrafen Christoph von Baden die Truppen des schwäbischen Bundes für König Maximilian gegen die Schweizer ins Feld und wird im Verlauf des Feldzugs (28. Aug.) vom Könige und dem Bunde allein mit der Leitung und dem Abschluß der Friedensverhandlungen in Basel beauftragt; im folgenden Jahre (1500) nimmt ihn derselbe König nebst 40 Pferden in seinen Dienst; es wird ihm ein jährlicher Sold von 4000 rheinischen Gulden zugesagt, die Zeit abgerechnet, wo er sich außerhalb des königlichen Hoflagers oder in seinen eigenen Geschäften zu Hause befinde. In diesem Dienst hat er dem deutschen Könige zunächst bis 1515 mit solchem Eifer in den wichtigsten Unternehmungen zur Seite gestanden, daß er sich der vollen Gunst Maximilians und der Achtung der deutschen Fürsten erfreute. Schon 1504 sagt ihm jener die Hand seiner damals erst zweijährigen Nichte Susanne, Tochter Herzog Albrechts von Baiern-München, zu; während der italienischen Kriege (1506 bis 1513) entsendet er C. zweimal in diplomatischen Aufträgen, einmal im October 1506 nach Schwäbisch Hall zum schwäbischen Bunde und darauf im Mai 1509 auf den Reichstag zu Worms, um von den deutschen Landen Hülfe für seine Unternehmungen in Italien zu gewinnen; in den glücklichen Perioden jener Kriege hat er dem Markgrafen einmal die Verleihung der Marken von Verona und Vicenza zugesagt. Aufs neue erscheint C. 26. Juli 1513 als kaiserlicher Commissär auf der Versammlung des schwäbischen Bundes in Nördlingen, um die durch den Landfriedensbruch Götzens v. Berlichingen entstandene Fehde gütlich beizulegen. Als Götzens Halsstarrigkeit den Bund zu gewaltsamem Einschreiten nöthigt, nimmt derselbe neben Herzog Wilhelm von Baiern den Markgrafen für die oberste Leitung des Krieges in Aussicht. In den Zwischenzeiten dieser Reichsgeschäfte macht sich C. auch in der Heimath bemerkbar. Unvergessen bleibt im Frankenlande die tapfre That, mit welcher der junge Fürst am 19. Juni 1502 die Demüthigungen, welche sein Vater und Großvater in fast andauernden Rechtshändeln und Fehden mit der Nachbarstadt Nürnberg hatte erdulden müssen, rächte. Damals war Markgraf Friedrich nach Erfurt gegangen, um einen leidlichen Frieden mit Nürnberg durch Unterhandlung zu gewinnen. Einen der vielen kleinlichen Streitpunkte, um die es sich handelte, bildete der Kirchweihschutz in der nürnbergischen Enclave Affaltersbach, auf welchen beide Stände Anspruch machten. Da es für die Verhandlungen in Erfurt von Bedeutung war, wer am 19. Juni, auf welchen Tag die Kirmeß fiel, in Affaltersbach thatsächlich jenen Schutz übte, so zog Markgraf C. am Samstage vorher mit einer Streitmacht dorthin aus. Da aber bereits die Nürnberger in starker Ueberzahl sich dort eingefunden hatten, [44] so wendet sich C. seitwärts gegen die in einem Walde zwischen Schwabach und Nürnberg aufgestellte Nachhut der Feinde, lockt sie ins Freie hinaus und liefert ihnen ein Treffen, in welchem er trotz namhaften Verlustes, welchen das städtische Geschütz in den Reihen der Seinigen anrichtet, den Sieg erficht und den Feind in die Mauern von Nürnberg hineintreibt. Die in der Pfarrkirche zu Schwabach aufgestellten sieben erbeuteten Fahnen und zahlreiche Volkslieder von freundlicher und feindlicher Seite haben spätern Jahrhunderten das Andenken des ehrlich gewonnenen Sieges erhalten. Die Zeitgenossen wußten, daß der Nürnberger Pöbel 67 gefangene Brandenburger elendiglich ermordete; daß C. sich grausam bewiesen habe, war ihnen unbekannt. Auch der Abt des Familienklosters der Hohenzollern in Heilbronn vergleicht C. und seinen Bruder Georg dem Hector und Troilus, so ruhmwürdig hätten sie 1504 in der pfälzischen Fehde sich bewährt. Ingleichen preist 1517 Ulrich von Hutten C. als das lebendige Abbild des Großvaters Albrecht, einen „Blitz“ der Schlachten, einen echten Sprößling des Mars. Damals freilich war bereits ein Ereigniß eingetreten, in welchem Casimirs Verhalten nicht allgemeine Billigung fand. Sein Vater Friedrich führte seit vielen Jahren ein dem Lande und seinem Hause verderbliches Regiment. Haupt eines zahlreichen Familienkreises, welcher im J. 1515 aus 13 lebenden Kindern, acht Söhnen und fünf Töchtern, bestand, suchte und fand er Befriedigung seiner eiteln Ruhmbegierde in einer glänzenden Hofhaltung, welche in der Zahl der Dienerschaft, in der Ueppigkeit der Feste und Ritterspiele und in der Ausstattung der zu den Bundes- und Reichskriegen ausgesandten Reisigen mit seinem kurfürstlichen Vetter von Brandenburg und seinem königl. Schwiegervater, Casimir IV. von Polen, wetteiferte. Und während er hierdurch und durch die Befriedigung seiner sinnlichen Ausschweifungen weit über die Kräfte seines Landes hinaus sich in Schulden stürzte, machte er sich durch seine Unbeständigkeit, bei der das Kloster Heilbronn bald Schauplatz seiner kirchlichen Devotion, bald der rohesten Bacchanalien wurde, durch seinen Eigensinn und die Ausbrüche roher Leidenschaftlichkeit verhaßt. Die Folgen dieses Treibens gaben sich allgemach in einer drückenden Finanznoth kund, die ihn veranlaßte zu Zeiten auf außerordentliche Mittel zur Abhülfe zu sinnen. So beruft er im Juni 1509 die Stände der Landschaft von Ansbach, hält ihnen vor, er sei ein alter kranker Mann, mit dem es abwärts gehe, und daß er deshalb, um aus den Schulden zu kommen, ins Ausland gehen wolle und nur die Kinder der Sorge der Stände anvertraue. Ihm schwebte sichtlich der Moment vor, wo vor etwa 100 Jahren sein Ahne, der Burggraf Friedrich, indem er unter ähnlichen Bedrängnissen seinen Hofstaat auflöste und an den Hof des Königs Sigmund von Ungarn zog, das Emporkommen seines Geschlechtes mächtig förderte. Schwerlich aber war es dem Epigonen mit der Nacheiferung dieses großen Beispiels ein rechter Ernst; noch während des Landtages findet er sich mit seinem Entschlusse dahin ab, daß er seinen Haushalt zu beschränken verspricht und bestätigt dies, indem er fünf seiner Söhne zu geistlichen Pfründen befördert oder für solche vorbereiten läßt. Im Lande wird es dadurch nicht besser. Als er im Frühjahr 1512 vom Reichstage von Trier zurückkehrt, verfällt er in eine schwere Krankheit; er ist noch nicht genesen, so steigert ein zweifacher, während des Monats October eingetretener Todesfall, der seiner Gemahlin und seiner Mutter, seine krankhafte Reizbarkeit in solchem Grade, daß er seinem ältesten Sohne C. Theilnahme an der Regierung gestatten muß. Nicht lange jedoch, so gereut den geisteskranken Fürsten sein Entschluß, er tritt mit dem Plane hervor, sich mit einer hessischen Prinzessin zu vermählen, sich eine neue Umgebung zu schaffen und von jeder Beschränkung frei zu machen; die Nachricht, welche ihm ein Geistlicher zustellt, daß seine Söhne C. und Johann ihn daran [45] hindern wollen, versetzt ihn vollends in Raserei; er scheut sich nicht, die Prinzen persönlich zu mißhandeln. Da glauben diese zu gewaltsamem Einschreiten sich berechtigt; in den Frühstunden des Fastensonntags (25. März) 1515 bemächtigen sie sich seiner Person auf der Plassenburg, nöthigen ihn einen Abdankungsact zu unterzeichnen und lassen ihn in einem Gemache jener Burg in sicherer Haft halten. Sofort huldigen die Beamten und Lehensleute den gesetzlichen Erben und in der zum 28. März nach Baiersdorf bei Erlangen berufenen Versammlung der Stände der Landschaften Ansbach und Baireuth, in welcher die beiden Markgrafen das Vorgefallene mittheilen und rechtfertigen, zugleich aber auch die trostlosen Zustände des Landes in Berathung gezogen werden, einigt sich die Versammlung dahin, daß der alte Fürst gefangen gehalten und ohne Wissen und Genehmigung der Stände nicht freigelassen werden solle, nimmt aber auch zugleich den vom abgesetzten Fürsten vor einiger Zeit angeregten Gedanken dahin wieder auf, daß zunächst für drei Jahre der fürstliche Hofhalt aufgelöst werde und während derselben die Markgrafen das Land verlassen und eine Statthalterschaft die Verwaltung übernehmen solle, damit die Einkünfte, von denen man eventuell ein Viertel (15500 Gulden) zum Unterhalte der fürstlichen Familie vorbehielt, zur Schuldentilgung verwandt würden. Ueber alle diese Acte, die alsbald ins Leben traten, wird damals weder in amtlichen Berichten noch in den Aufzeichnungen der Chronisten ein Wort der Mißbilligung laut; man betrachtete sie, und so namentlich der sächsische Kanzler, Georg Spalatin, als nothwendige Vorkehrungen gegen einen Wahnsinnigen. Wenn allerdings nach drei Jahren sich tadelnde Stimmen vernehmen lassen, einerseits die ihres Bruders Albrecht, andrerseits die ihrer beiden Vettern aus der älteren hohenzollerischen Linie, der Kurfürsten Joachim von Brandenburg und Albrecht von Mainz, so wurden dieselben sichtlich durch fremdartige Motive hervorgerufen. Zunächst konnten nach den Hausgesetzen von den Söhnen Friedrichs nur die beiden ältesten, C. und Georg, auf die Nachfolge in der Herrschaft, die übrigen nur auf eine Abfindungssumme Anspruch machen. Da nun außer C. nur der vierte Johann bei der Absetzung des Vaters in der Heimath war und sich an der That betheiligte, so hatte derselbe nicht nur ein größeres Deputat, als ihm zukam, in Anspruch genommen, sondern auch einen Antheil an der Herrschaft sich ausbedungen. Zwar hatte der zweite Bruder Georg, welcher am ungarischen Hofe lebte, und dem die Brüder sofort die Veränderung meldeten, die Abmachung sich gefallen lassen; aber schon die vier jüngeren Brüder, von denen zwei nur mit 1000 Fl., einer mit 500 Fl. bedacht war, der jüngste erst zwölfjährige Gumprecht aber, weil er am Hofe seines Vetters Albrecht in Mainz erzogen wurde, gar nichts erhielt, erklärten sich erst dann zufrieden, als den beiden jüngsten Versprechungen für die Zukunft gemacht waren. Ernstlich verletzt fühlte sich der dritte Bruder Albrecht, der, seit 1512 Hochmeister des Deutschen Ordens und ohne Zweifel deshalb von jedem Deputate ausgeschlossen, auch im Successionsrechte dem jüngeren Bruder nachstehen sollte. Die Spannung wurde durch politische Beziehungen gesteigert. Sofort nach dem Vertrage von Baiersdorf hatten sich die Markgrafen C. und Johann in die Fremde und in den Dienst des habsburgischen Hauses begeben, Johann in die Niederlande zum Erzherzog Karl, der, sobald er selbst 1516 Herr des spanischen Reiches geworden, jenen als Vicekönig nach Valencia sandte, von wo er nur selten nach Deutschland kam, C. in den Dienst des Kaisers Maximilian, um den er sich aufs neue vielfach verdient zu machen Gelegenheit fand. Indem er aber zwischen den Jahren 1515–1518 theils auf den Congressen zu Wien und Preßburg und bei einem längeren Aufenthalte am polnischen Königshofe für den Abschluß und die Befestigung jenes Bündnisses mit Polen und Ungarn thätig war, welches der Familie Maximilians die Erwerbung [46] der Kronen von Ungarn und Böhmen in nahe Aussicht stellte, theils in Deutschland dem Wunsche des Kaisers, seinen Enkel Karl noch bei seinem Leben zu seinem Nachfolger ernannt zu sehen, die eifrigsten Bemühungen widmete, so führten diese politischen Interessen den Markgrafen C. in gleichem Maße seinem Bruder Georg in Ungarn näher, als sie ihn seinem Bruder Albrecht in Preußen und seinen Vettern in Brandenburg und Mainz entfremdeten. Denn der Hochmeister Albrecht sah durch das Preßburger Bündniß seine Hoffnung, mit Hülfe Maximilians sich von der Oberhoheit des polnischen Reiches frei zu machen, vernichtet; die Kurfürsten Joachim und Albrecht andrerseits waren einer Partei beigetreten, welche den König Franz von Frankreich auf den deutschen Kaiserthron erheben wollte. Als nun Maximilian bei Gelegenheit des im August 1518 in Augsburg versammelten Reichstages sein vor 14 Jahren gegebenes Versprechen zu lösen und seine Nichte Susanne an den Markgrafen C. zu vermählen gedachte, erhoben jene drei Verwandte dagegen Widerspruch; sie hoben hervor, daß die Heirath den fränkischen Landen eine Hofhaltung aufnöthige, für welche die Mittel fehlten, zumal da auch dem alten Fürsten die Freiheit nicht länger vorenthalten werden dürfe. Kurfürst Joachim nahm sich vor, auf seiner Reise nach Augsburg persönlich die Freilassung desselben durchzusetzen; daß man ihm den Eintritt in die Plassenburg verweigerte, steigerte seinen Unwillen gegen C., dessen Anordnung er diese Zurückweisung zuschrieb. Wie wenig ernstlich jedoch dieser Widerspruch gemeint war, beweist der Ausgang. Als Kurfürst Joachim am 9. August in Augsburg einzieht, findet er seinen Bruder Albrecht von Mainz bereits mit dem Kaiser, durch dessen Vermittlung er am 1. August den Cardinalshut empfangen hatte, ausgesöhnt; noch versucht am 16. August der französische Gesandte Joachim der französischen Partei zu erhalten; größere Vortheile, die ihm der Kaiser anbietet, bestimmen auch ihn auf die habsburgische Seite überzutreten. Als der Kaiser darauf in denselben Tagen in seiner Herberge einen Familienrath wegen der Hochzeit Casimirs beruft, wird vollkommene Uebereinstimmung erzielt, am 25. August erfolgt der Einzug der Braut; an den kirchlichen und weltlichen Festlichkeiten, welche bis zur Abreise des vermählten Paares am 27. andauern, nehmen Kurfürst Albrecht, der die kirchliche Trauung vollzieht, und Kurfürst Joachim einen hervorragenden Antheil. Begleitet von einem Theile der Augsburger Gäste, namentlich dem ältesten Sohne Joachims, begibt sich der festliche „Brautlauf“ nach Ansbach, wo fünf Prinzessinnen des hohenzollerschen Hause das junge Paar empfangen und den bis zum 2. Sept. fortgesetzten Festesjubel feiern helfen. In denselben Tagen ist von einer Summe von 6000 Gulden die Rede, welche C. dem Hochmeister in Preußen zu zahlen versprochen hat. Wenige Tage danach, 9. Sept. 1518, erneuerte C. in Ansbach mit seinen Brüdern den inzwischen abgelaufenen Vertrag zu Baiersdorf auf neue drei Jahre dahin, daß den beiden jüngsten Brüdern das Deputat erhöht, dem Markgrafen C. das fürstliche Regiment und die Errichtung eines Hofhaltes zugestanden wurde.

Die übernommene Regierungsthätigkeit konnte den Markgrafen nicht befriedigen; die dreijährige Statthalterschaft hatte die finanzielle Noth des Landes wenig vermindert; sie wuchs bei den andauernden Anforderungen der meist geldarmen Brüder und bei den Kosten, welche neue Grenzstreitigkeiten mit Nürnberg und der vom schwäbischen Bunde gegen Ulrich von Würtemberg geführte Krieg verursachten. Gedrückt durch diese widrigen Verhältnisse in der Heimath suchte und fand Casimirs hochstrebender Sinn im Reichsdienste eine ehrenvolle Thätigkeit. Unmittelbar nach dem Tode Kaiser Maximilians (12. Jan. 1519) bereist er, mit Creditbriefen der Fugger ausgerüstet, vom Februar bis Mai die Höfe der norddeutschen Fürsten, um sie für die Wahl des Erzherzogs Karl zu gewinnen; [47] unterm 8. März ernennt ihn Karl selbst zu einem seiner Bevollmächtigten, welche sein Interesse bei dem Wahlacte wahrnehmen sollten. In Verbindung mit denselben verhandelt er von Mainz aus mit der Wahlversammlung in Frankfurt, zieht mit ihnen wenige Tage nach erfolgter Wahl 27. Juni in Frankfurt ein, wo sie im Namen Karls am 8. Juli die Wahlbedingungen feststellen. Die Treue und den erfolgreichen Eifer, den C. in diesen Geschäften bewiesen hatte, erkannte der junge Kaiser in einem am 4. Dec. von Barcelona aus erlassenen Dankschreiben an und beehrte ihn beim Krönungsmahle in Aachen (22. Oct. 1520) mit dem Vorschneideramte. Noch deutlichere Beweise seiner Erkenntlichkeit gab er ihm, indem er nicht nur auf Empfehlung Casimirs die Stellung seines Bruders Johann in Spanien durch seine Vermählung mit der Wittwe König Ferdinands des Katholischen erhöhte, sondern auch C. selbst auf dem Reichstage zu Worms die Anwartschaft auf das nächste bedeutende Reichslehen, das sich in Italien eröffnen würde, ertheilte, endlich bei Gelegenheit der Verhandlungen über die Uebertragung der österreichischen Erblande an Erzherzog Ferdinand (zwischen Jan. 1520 und Febr. 1522) C. zum obersten Feldhauptmann über diese Lande designirte, wie denn auch der Markgraf unter diesem Namen schon am 30. Jan. 1520 in Graz die Huldigung der steiermärkischen Stände für die beiden Erzherzoge entgegennahm. Von da ab bis zum Herbste 1522 scheint C. meistens in diesen österreichischen Landen sich aufgehalten zu haben. Wie und warum dieses Verhältniß sich löste, während die Gunst der Erzherzoge ihm unverändert verblieb, ist nicht klar ersichtlich. Die Dürftigkeit der kaiserlichen Casse, welche dem Prinzen die Rückstände seiner Besoldung, auch nachdem er sie von 100000 Gulden bis auf 20000 Gulden ermäßigt hatte, zu bezahlen außer Stande war, scheint nicht ohne Einfluß darauf gewesen zu sein. Die durch diese Geschäfte bedingte häufige Entfernung von der Heimath hielt den Markgrafen nicht ab, auf dem Wege der Gesetzgebung die innere Verwaltung seines Landes zu verbessern. Die von dem befreundeten Bamberger Landeshofmeister Johann v. Schwarzenberg 1508 verfaßte Halsgerichtsordnung für das Bamberger Stift hatte C. schon bei seinem Regierungsantritt 1516 mit unwesentlichen Veränderungen auch in seinen Landen amtlich eingeführt. Inwieweit die im Nov. 1520 mit Zustimmung der Stände erlassene Bergwerksordnung, später eine Waldordnng und die Einführung eines gemeinsamen Getreidemaßes ihrem Zwecke entsprachen, entzieht sich der Beurtheilung. Neu jedenfalls und von richtiger Einsicht in die Bedürfnisse seiner Zeit zeugend war die Wehrordnung, welche C. 9. Aug. 1520 zunächst für die Landschaft Baireuth erließ, bald aber auch auf die andern Lande ausdehnte. Neben oder an Stelle der unsichern Beihülfe des Adelsaufgebotes und der kostbaren Söldner suchte sich der Markgraf in der Gesammtheit seiner gleichmäßig zum Kriegsdienst verpflichteten Bürger und Bauern eine ausreichende Wehrkraft zu verschaffen. In Musterrollen nach Zahl und Namen aufgezeichnet, werden die Dienstfähigen, wenn man ihrer bedurfte, nach einander durch das Loos zum activen Dienste herangezogen, jedoch schon nach einem, außerhalb Landes nach zwei oder drei Monaten entlassen und durch andere ersetzt, auch nicht eher wieder aufgerufen, bis die Reihe alle andern getroffen hat. Die Gemeinden bringen den Sold und die vorgeschriebenen Waffen und den Mundvorrath vermittelst einer Vermögenssteuer auf; der Markgraf bestellt und unterhält die Hauptleute, Trommelschläger und Pfeifer und sorgt für kunstmäßige Ausbildung der Truppen sowie für eine gleichmäßige Kleidung in schwarzweißen Leibröcken. Das gute Kriegsmaterial, namentlich an Geschützen, das dem Markgrafen in den spätern Kriegen zu Gebote steht, läßt erkennen, daß diese militärischen Ordnungen auch praktisch gehandhabt wurden. Ehe noch die zweite Periode der dreijährigen Regentschaft Casimirs mit dem 9. Sept. [48] 1521 abgelaufen war, hatte derselbe bei einer Zusammenkunft mit seinen Brüdern Georg und Johann in Linz 1. Juni 1521 sich dahin geeinigt, daß fortan alle drei, wenngleich in einer Hofhaltung, die Regierung des Fürstenthums gemeinsam führen, die Regierungsacte aber formell nur von C. und Georg ausgehen sollten. Da jedoch Georg unmittelbar darauf durch Uebernahme eines Commandos gegen die Türken von seinem Vorhaben abgezogen wurde, Johanns Theilnahme an der Regierung aber bei den Landständen auf Widerspruch stieß, so änderte eine am 29. Juni 1521 in Baireuth abgeschlossene Uebereinkunft den Linzer Vertrag dahin ab, daß C. vorerst allein, wiewol im Namen der drei Brüder, die Landesverwaltung übernehmen solle. Obgleich der Regent sich nicht ohne einigen Erfolg bemühte, auch seine Brüder geistlichen Standes durch Beförderung zu höhern Pfründen über ihre Ausschließung zu beschwichtigen, so wollte sich der Hochmeister Albrecht damit nicht zufrieden geben und setzte, als er im Frühling 1522 mit C. und Georg in Prag zusammentraf, am 21. Mai eine neue Einigung durch, nach welcher sämmtlichen Brüdern, auch dem Hochmeister, ein Antheil an den Landeseinkünften, der größte von 10000 Gulden C. zugesprochen, zugleich aber eine Aufhebung der Hofhaltung und Uebertragung der Verwaltung auf fünf Jahre an zwei Statthalter beschlossen wurde. C. mochte um so bereitwilliger hierauf eingehen, da er in Oesterreich das Amt, welches ihm die Habsburger übertragen hatten, dauernd zu gewinnen hoffte. Es ergab sich jedoch nur zu bald, daß die neue Verwaltungsweise den Markgrafen und ihrem Lande mehr Nachtheil als Nutzen brachte. An Abtragung der Schulden war nicht zu denken, nur mit Mühe waren die Deputate aufzubringen. Auch den Statthaltern machte die Nothwendigkeit, zu allen Maßregeln die Einwilligung aller Landesherren einzuholen, und die Unmöglichkeit, die außerordentlichen Geldforderungen der Fürsten zu befriedigen, ihre Thätigkeit so mühsam, daß der eine von ihnen, Hans v. Seckendorf, schon Ende October seine Entlassung verlangte. Diese Uebelstände, verbunden mit der Rückkehr Casimirs aus Oesterreich, führten schließlich am 5. Nov. 1522 in Cadolzburg zu einem Vergleich, dem sämmtliche Brüder beitraten: Georg und Johann sind fortan die gesetzlichen Regenten und ihr Recht auf die Herrschaft geht nach ihrem Tode auf ihre ältesten Söhne über. Johanns Mitregentschaft wird geheim gehalten; Georg und Johann überlassen, bis die Landesschulden getilgt sind, C. allein die Verwaltung, entsagen auch, solange Georg seine Herzogthümer in Schlesien und Johann seine Stellung in Spanien inne hat, jedem Antheil an den Einkünften; auch die andern Brüder dürfen über das bestimmte Deputat hinaus den regierenden Fürsten nicht mit Geldforderungen belästigen. Einig sind schließlich alle Betheiligten darin, daß der alte Fürst auf der Plassenburg verbleibt; erst wenn sich sein Zustand ändert, soll man sich zu ihm kindlich und getreulich halten. Das erschien um so nothwendiger, da der geisteskranke Mann noch immer an seiner Grille, an der hessischen Heirath, festhielt und durch Briefe, die er durch seine Umgebungen verbreiten ließ, den Kaiser und die Reichsfürsten gegen seinen Sohn aufreizte, zugleich aber namentlich im Sommer, wo vollständige Tobsucht eintrat, nicht nur seine Wächter, sondern auch, wenn es ihm gelang, Nachts aus seinem Gemache ins Freie zu entkommen, die Umgegend der Plassenburg durch seine Excesse in Furcht und Schrecken versetzte. Es war daher vollkommen gerechtfertigt, wenn seine Wächter aufs schärfste darauf vereidigt wurden, ihn stets im Auge zu behalten, jedes Werkzeug, das ihn oder andere beschädigen konnte, aus seiner Nähe zu entfernen und ihm jeden Verkehr nach außen abzuschneiden. Selbst nach Casimirs Tode, wo der Zustand des gealterten Fürsten eine etwas mildere Behandlung zuließ, hielt der fromme Herzog Georg es nöthig, jene Wächterordnung zu erneuern.

Als Markgraf C. im November 1522 zum dritten Male die Verwaltung [49] der fränkischen Fürstenthümer übernahm, war er bereits durch die Wahl seines Kreises Mitglied der seit November 1521 in Nürnberg residirenden Reichsregierung geworden, welcher Kaiser Karl V., seinem Wahlvertrage gemäß, für die Dauer seiner Abwesenheit aus dem Reiche die Leitung der deutschen Angelegenheiten mit ausgedehnter Vollmacht übertragen hatte. In diesem Reichsregimente schloß sich bald eine Majorität zusammen, um einerseits die Handhabung eines allgemeinen Landfriedens und die Durchführung gemeinnützlicher Anordnungen im Reiche dadurch möglich zu machen, daß man der Eigenmächtigkeit, mit welcher einzelne Stände oder ständische Verbindungen, unter andern namentlich der schwäbische Bund, über ihre Interessen verfügten, mit Schärfe entgegentrat, andrerseits die Ausführung des als schädlich erkannten Wormser Edicts zu sistiren und die um sich greifende religiöse Bewegung in eine friedliche Bahn zu leiten. C. gehörte dieser Majorität an; im Sinne derselben weigerte er sich nicht nur dem am 25. Febr. 1522 auf 4 Jahre erneuerten schwäbischen Bunde beizutreten, sondern nahm sich auch derjenigen an, welche in Rechtsstreit oder Fehde mit demselben stehend, statt der einseitigen Entscheidung des schwäbischen Bundesrathes die unparteiische des obersten Reichsgerichts verlangten. Allerdings hatte dieser Eifer des Markgrafen einen bedenklichen Schein, insofern er thatsächlich vorherrschend gegen die Bundesstadt Nürnberg, die Erbfeindin des markgräflichen Hauses, gerichtet war und der Schutz des Reiches von ihm auch für den abgesagten Feind Nürnbergs, einen berüchtigten Stegreifler, Thomas v. Absberg, in Anspruch genommen wurde.

Höhere Anerkennung verdient die Stellung, welche er zu der religiösen Bewegung einnahm. Seitdem der Nürnberger Reichstag im Januar 1523 sich im Sinne des Reichsregiments über dieselbe ausgesprochen hatte, hat C. aus innerer Ueberzeugung oder aus Erkenntniß der Nothwendigkeit sich derselben offen angeschlossen. Als daher im folgenden Jahre, 18. April 1524, der Nürnberger Reichstagsabschied die einzelnen Stände aufforderte, ihre religiösen Forderungen festzustellen, damit man am 11. November in Speier zu einem gemeinsamen Verhalten sich einige, so unterließ C. nicht, dem Gebote nachzukommen, indem er zunächst in Windsheim mit den gleichgesinnten Ständen des fränkischen Kreises, sodann aber im September in Ansbach mit seinen Landständen, zu denen er auch eine Anzahl Pfarrer hinzugezogen, einen einheitlichen Beschluß herbeizuführen bemüht war. Da nun die von den beiden in Ansbach vertretenen Parteien vorgelegten Gutachten in schroffem Gegensatze zu einander standen, so entließ er am 1. October den Landtag mit der Erklärung, daß er über jene Anträge erst nach Anhörung anderer gelehrter Leute entscheiden werde, die Lehre und Predigt des Evangeliums aber in keiner Weise gehindert werden dürfe. Diese vermittelnde Richtung, welche ohne dem religiösen Gewissen seiner Unterthanen in Betreff der Lehre Zwang anzuthun, doch jede Aenderung im Cultus bei der nahen Aussicht, daß auf einem Concil darüber eine gesetzliche Entscheidung erfolgen werde, der Zukunft vorbehielt, eine Richtung, welche nicht nur in jenen Jahren sondern noch viel später von vielen evangelischen Landesherren inne gehalten wurde, empfahl sich dem staatsklugen Markgrafen auch aus politischen Gründen. Kaiser Karl, gegen das selbständige Vorgehen des Reichsregiments mit Eifersucht erfüllt, nahm gerne die Opposition, welche die Maßregeln desselben in particularistischen Kreisen und bei den deutschen Bischöfen hervorgerufen hatte, zum Vorwande, um dasselbe am 1. März 1524 aufzulösen und mit gefügigeren Mitgliedern neu zu besetzen. Imgleichen sah er es gern, daß im Juni 1524 eine Anzahl päpstlich gesinnter Stände, denen sich auch Erzherzog Ferdinand anschloß, in Regensburg zu dem Zweck in ein Bündniß trat, der religiösen Bewegung durch das Anerbieten winziger Zugeständnisse ein Ziel zu setzen und in das altkirchliche [50] Geleise zurückzuführen. Der Kaiser fühlte sich durch diesen Rückhalt stark genug, jene November-Versammlung in Speier zu verbieten und auf die stricte Ausführung des Wormser Edictes zu bestehen. Bei der Spaltung, die dadurch unter den deutschen Ständen hervorgerufen wurde, bedachte sich C. nicht, ein der obenerwähnten Erklärung entsprechendes Verfahren einzuhalten, das ihm verstattete, wie er selbst es einmal ausspricht, als ein Gottliebender und kaiserlicher Majestät gehorsamer Fürst zu erscheinen. Während er den Antrag, ins Regensburger Bündniß einzutreten, ablehnte, hielt er sich auch von jeder Verbindung fern, welche gegen den Kaiser gerichtet war, sprach es aber zu verschiedenen Malen als das Ziel seiner Bemühungen aus, beim Kaiser die Berufung eines Concils deutscher Nation zur Feststellung einer religiösen Ordnung auszuwirken.

In der Festhaltung dieser reservirten Stellung wurde sein an militärische Ordnung gewöhnter Sinn durch die Gräuel des Bauernkrieges und die schweren Gefahren, welche derselbe über ihn hinaufführte, nicht irre gemacht. Schon seit dem Beginne der reformatorischen Bewegungen ist des Markgrafen Sinn darauf gerichtet, daß sie nicht zum Aufruhr gegen die bürgerliche Ordnung ausarteten; er verbietet am 31. Oct. 1523 zu Schwabach, daß jemand außer den bestellten Seelsorgern öffentlich predige. Als Fastnacht 1525 Bauern auf seinem Gebiete in Weiltingen Unruhen beginnen, läßt er sie durch seine Reisigen mit blutigen Köpfen auseinander treiben. Als dann im Frühjahre 1525 disciplinirte Bauernhaufen von Schwaben und dem Odenwalde sich Ostfranken nähern, beruft C. zum 4. April die benachbarten Fürsten und Städte nach Neustadt a. d. Aisch und fordert, indem er sich zum Heerführer anbietet, gemeinsame Aufbietung einer hinlänglichen Streitmacht, Beiträge an Truppen oder Geld. Aber die Bischöfe von Würzburg und Bamberg, voll Mißtrauens, daß der vorgebliche Beschützer nach dem Beispiele des Erzherzogs Ferdinand oder Baierns auf Säcularisationen sinne, die weltlichen Stände in der Hoffnung durch Unterhandlungen mit den Bauern Neutralität zu gewinnen weisen die Verbindung zurück; auch die Hülfsgesuche an die norddeutschen Freunde sind ohne Erfolg. Auf sich selbst beschränkt, ruft er seine wehrpflichtigen Unterthanen zu den Waffen, unterläßt aber auch nicht, sein sämmtliches Silbergeschirr verkaufend, Söldner in Dienst zu nehmen, wirkt zugleich auf die Beruhigung seiner Landgemeinden, indem er mit Abgeordneten derselben, welche er Ende April auf den Landtag nach Ansbach beruft, über die Beseitigung ihrer Beschwerden verhandelt. Inzwischen haben sich zwei starke Bauernheere, der helle Haufen aus dem Odenwalde und der schwarze aus dem Taubergrunde, Anfang Mai vereinigt, sind in das Würzburger Stift eingefallen und haben bei der Schlaffheit der Vertheidiger und bei der Sympathie, welche die niedere Bevölkerung in den Städten ihnen entgegenträgt, mit der Hauptstadt Würzburg den größten Theil des Bisthums in ihre Gewalt gebracht. Während die Hauptmassen aber, gereizt durch den Widerstand, den eine kleine Schar Würzburger Truppen, von Casimirs Bruder, dem Domherrn Friedrich, geleitet, von der Feste Frauenberg aus leisten, hartnäckig auf die Eroberung derselben ihren Angriff richten, verbreiten sich einzelne Haufen in die benachbarten Gebiete, zunächst in das Bambergische, wo sie, unterstützt von den Eingeborenen, nachdem sie in wenigen Tagen 73 feste Schlösser gebrochen oder niedergebrannt haben, am 27. Mai vom Bischof einen günstigen Vertrag erzwingen. Das ansbachische Land war seitdem von Norden, Süden und Westen den Einfällen der Bauern offen, und das Beispiel, welches die markgräfliche Grenzstadt Kitzingen gegeben, hatte auch im Innern eine bedenkliche Stimmung erzeugt. Auf die Aufforderung roher Gesellen hat sich nämlich am zweiten Ostertage (27. April) die Gemeinde von Kitzingen auf dem Kirchhofe versammelt. Weder die Abmahnung des ehrlichen Philipp Seybot, noch die weitern Zugeständnisse, welche [51] Casimirs Amtmann Ludwig v. Hutten ihr machte, hielt sie ab Gesandte in das 2 Meilen entfernte Bauernlager bei Würzburg zu senden, welche beauftragt, Neutralität zu erbitten, eigenmächtig sich erboten, „bäuerisch“ zu werden und dem Markgrafen den Gehorsam aufzukündigen: Anerbietungen, welche alsbald auch die übrige Bürgerschaft genehmigte und unter rohen Orgien, bei welchen unter anderen das Haupt der heiligen Hadelogis aus dem Sarge geholt und zum Kegelspiele benutzt wurde, zur Ausführung brachte. Bei so trüben Verhältnissen vereinigt C. seine Streitkräfte am Anfang des Mai nördlich von Ansbach, im W. an Ansbach, im O. an Rothenburg gelehnt, über welche Reichsstadt die Ansbacher Fürsten seit vielen Jahren ein Schutzrecht ausüben; von letzterer sowie von Baireuth her erwartet er Unterstützung. Auf die Nachricht, daß 6000 Bauern von Süden her durch das Ries in sein Land eingefallen sind und aus seinen Dörfern Zulauf erhalten, verläßt er eiligst seine Stellung, wirft sich 9. Mai bei Ostheim auf die Aufrührer, sprengt mit seinem schweren Feldgeschütz ihre Reihen und versetzt die Fliehenden, indem er mit 600 Reitern sie verfolgt, in solche Noth, daß sie um Frieden bitten und zufrieden sind, gegen Ablieferung ihrer Fahnen und Harnische frei abziehen zu dürfen, worauf C. mit reicher Beute nach Ansbach zurückkehrt. Hier aber hatte sich seine Lage sehr verschlimmert. Wenn schon bei seinem Abzuge in Rothenburg der schwache Rath aus Engherzigkeit die von C. gegen die Bauern angebotene Hülfe zurückgewiesen hat, alsbald aber das Regiment in die Hand der niedern Bürgerschaft übergehen läßt, welche mit den Bauern gemeinsame Sache macht, so findet er bei seiner Rückkehr bereits von Rothenburg aus das ganze Aischthal in der nördlichen Umgegend von Ansbach zum Aufstande aufgereizt, an seinen Schlössern und an den Klöstern werden die rohesten Frevel verübt; vom Hauptquartier der Bauern bei Würzburg setzt sich ein Streithaufen hieher in Bewegung. Noch hofft C. sich behaupten zu können, wenn das Aufgebot von Baireuth – er rechnete auf 1500 Mann – zeitig herbeikomme. Um bis zu dessen Ankunft eine Frist zu gewinnen, nimmt er zur List seine Zuflucht. Durch Hans v. Schwarzenberg, der seit 1522 den Bischof von Bamberg verlassen hat und in seine Dienste übergegangen ist, bietet er den Aufrührern im Aischthal auf acht Tage Waffenstillstand an. Schwarzenberg, der ihnen nicht minder durch seine Riesengestalt und seine kriegsmännische Tüchtigkeit, wie durch seinen Ruf als treuer Lutheraner Achtung abgewinnt, erreicht um so leichter seine Absicht, da die Aischthaler an sein Erbieten, im Lager zu Würzburg seine Unterhandlungen fortzusetzen, die Hoffnung knüpfen, den Markgrafen zum Anschluß an die Sache der Bauern zu gewinnen. C. hat davon keinen Gewinn; in denselben Tagen (um den 15. Mai) kommt die Nachricht aus dem Oberlande, daß von den 1500 Aufgebotenen nur 700 sich gestellt, und auch diese, kaum zusammengezogen, gegen die Hauptleute revoltirt hätten und auseinander gelaufen wären, um in ihren Dörfern den Aufstand zu verbreiten. Der Markgraf ist damals in der höchsten Aufregung, der Abfall Rothenburgs hat ihm Thränen abgepreßt; dennoch behält er kaltes Blut. Er meldet am 17. Mai nach Baireuth, seine Sache stände gut, er bedürfe des Beistandes der Landschaft gar nicht; insgeheim befiehlt er seinen Getreuen daselbst, nur die besten Schlösser durch Anwerbung böhmischer Söldner zu sichern; andererseits setzt er die Unterhandlungen mit den Häuptlingen der Bauern in Würzburg mit solchem Geschick und Erfolge fort, daß diese in der Meinung, seines Uebertritts sicher zu sein, den beabsichtigten Einfall in seine Lande aufgeben, während C. selbst dadurch nicht abgehalten wird, von seinem sichern Lager aus durch Verwüstung des Gebietes der Empörer im Aischthale die Gefahr von der nächsten Umgegend von Ansbach abzuwehren. Und so behauptete er sich mit seiner kleinen Streitmacht, selbst als auf den Hülferuf der [52] Aischthaler Gregor v. Burgbernheim eine disciplinirte Schaar markgräflicher Bauern aus dem Würzburgischen gegen ihn heranführte, bis am 2. und 4. Juni in der Umgegend von Würzburg die Katastrophe erfolgte und die von dem schwäbischen Bundesheere bei Königshofen und Sulzdorf erfochtenen Siege nicht nur die disciplinirten Streithaufen der Bauern auseinandersprengten, sondern auch die Kampflust der in der Heimath gebliebenen Aufrührer in Muthlosigkeit und Verzweiflung umwandelten. So wie diese Katastrophe in Mittelfranken sich bemerklich macht, geht C. (4. Juni) zum Angriff über; ohne Widerstand ergeben sich die einzelnen Orte im Aischthale und kaufen die Brandschatzung mit Strafgeldern ab. Auch Kitzingen, das er am 7. erreicht, bemüht sich das es bedrohende Strafgericht durch dasselbe Mittel von sich abzuwenden. Aber C. glaubt als „Herr des Krieges“ das verderbliche Beispiel der Untreue, das der Ort gegeben, mit exemplarischer Strafe rächen zu müssen, zumal bei seinem Einzuge noch drei Fähnlein der Bürger sich auswärts unter den Waffen befinden. Darum vermag selbst die Fürbitte des von den Kitzingern früher verhöhnten Amtmanns Ludwig v. Hutten dem Fürsten nur das zweideutige Versprechen abzudringen, daß ihnen das Leben gesichert sein solle. Nachdem er darauf der auf den Markt gerufenen Bürgerschaft ihre Verbrechen hat vorhalten lassen, eine neue Huldigung und Entwaffnung anbefohlen hatte, läßt er diejenigen, welche ihm als Haupttheilnehmer der Empörung bezeichnet waren, festnehmen und am folgenden Tage öffentlich theils durch Abhauen der Schwurfinger theils durch Blendung und nachträgliche Verbannung strafen. Tags darauf (9. Juni) trifft C., von seinem Bruder Hans Albert begleitet, in dem wiedereroberten Würzburg mit dem tapfern Vertheidiger des Frauenberges, seinem Bruder Friedrich sowie dem Obersten des schwäbischen Bundesheeres zusammen, wendet sich von da am 12. nach dem Bamberger Stifte und unterstützt den Bundesfeldherrn Georg Truchseß in der Unterwerfung jener Landschaft unter ihren Bischof; die Aufforderung seiner Umgebung, eine Anzahl von Dörfern, die ihm der Bischof bis daher streitig machte, sich anzueignen, lehnt er ab. Während er darauf seinen Bruder Hans Albrecht zur Züchtigung der Baireuther absandte, wandte er selbst sich nach dem Aischthale und betheiligte sich an der Züchtigung der Rothenburger, die er als Ersatz seines von ihnen erlittenen Schadens zur Abtretung eines Theiles ihres Landgebietes nöthigte. Noch während des ganzen folgenden Jahres verfolgt und bestraft er mit energischer Strenge diejenigen, welche ihre Unterthanenpflicht verletzt haben oder dieselbe in hergebrachter Weise zu erfüllen Anstand nehmen; wer sich weigerte, Zinsen oder Gülte zu zahlen, sollte niedergestochen werden; selbst die Hauptleute, die im Oberlande den Gehorsam der aufgebotenen Landwehr nicht aufrecht zu erhalten vermochten, trifft seine Ungnade. Als jedoch seine Ansbacher Räthe (Nov. 1526) ihm vorstellten, daß durch falsche Angaben auch Unschuldige von seinen Strafen getroffen würden, erließ er einen Generalpardon und stellte die Untersuchungen ein.

Wie sehr auch die Ausschweifungen der Bauern geeignet waren, den Markgrafen mißgünstig gegen die lutherische Lehre zu stimmen, aus deren mißbräuchlicher Auffassung jene hervorgegangen waren, so vermochten auch sie nur in geringem Maße ihn den einmal in Betreff derselben gefaßten Grundsätzen abwendig zu machen. Zwar erließ er am 31. August 1525 an die Prediger ein Edict, welches sie anwies, die Lehren von dem allein seligmachenden Glauben und von der christlichen Freiheit so vorzutragen, daß der Gehorsam gegen die Obrigkeit dadurch nicht gelockert werde; im übrigen fand keine Aenderung statt. Imgleichen setzte ihn die zwischen den religiösen Parteien eingenommene neutrale Haltung, die dadurch gewahrte Gunst der habsburgischen Fürsten und der Einfluß, den er als einer der kaiserlichen Commissare auf den Reichstagen zu Augsburg [53] (December 1525) und Speier (August 1526) ausübte, in den Stand, wesentlich darauf einzuwirken, der evangelischen Lehre jene gesetzliche Anerkennung zu verschaffen, wie sie in dem Abschied des Speierer Reichstages ausgesprochen wurde. Damit stand nicht im Widerspruch, wenn er wenige Wochen nach Erlaß desselben, am 1. Oct. 1526, auf dem Landtage zu Ansbach eine Kirchenordnung erließ, welche, allerdings mit dem Hinweise, daß sie nur bis zu der Entscheidung des Concils Geltung haben solle, die Aenderungen im Cultus auf ein überaus knappes Maß beschränkte. Das brachte ihm unruhige Tage. Sein Bruder Georg, der seit dem Bauernkriege öfter als früher in der Heimath verweilte und hier seine Rechte als Mitregent wahrnahm, machte dem Markgrafen, indem er einen stärkern Bruch mit dem altkirchlichen Cultus verlangte, wegen dieser Kirchenordnung heftige Vorwürfe und bestritt ihre Gültigkeit, da sie ohne seine Zustimmung erlassen sei, er sah in der Festigkeit, mit der C. auf seiner Meinung beharrte, einen Beweis von seines „Herzens Härtigkeit“; schließlich zerfielen sie darüber bis zu dem Grade, daß an eine Theilung der Herrschaft gedacht wurde. Nur die noch immer andauernde Finanznoth des Landes und das Zugeständniß Casimirs, daß jene Kirchenordnung zunächst nur für ein Jahr gelten solle, stellte eine wenigstens äußerliche Einigung unter den Brüdern her. Unter den Anstrengungen des letzten Kriegs war Casimirs Gesundheit schwer erschüttert worden. Dennoch mochte er, als er im Februar 1527 bei der Krönung König Ferdinands in Prag wegen seiner böhmischen Lehen anwesend war, die Aufforderung Ferdinands, ihn auf dem Feldzuge, den er für die Eroberung der ungarischen Krone gegen den Prätendenten Johann Zapolya zu unternehmen gedachte, zu begleiten, nicht zurückweisen. Er kehrte alsbald nach Ansbach zurück, um für die Dauer seiner Abwesenheit, da auch Georg am Feldzuge theilnahm, eine Statthalterschaft zu bestellen; sobald er dann aus dem Adel seines Landes und den Reisigen, welche ihm die Herzoge Georg von Sachsen und Erich von Braunschweig zugesandt hatten, ein ansehnliches Hülfsheer gesammelt hatte, führte er dasselbe im Mai nach Wien, wo ihn König Ferdinand zum obersten Feldhauptmann seines Heeres ernannte. Anfang Juli überschritt er die ungarische Grenze; nach geringem Widerstand ergaben sich ihm die Festen an der Donau, und schon nach wenigen Wochen zog er in Ofen ein. Hier aber verfiel er in eine schwere Krankheit, die ihn nach kurzem Krankenlager am 21. Sept. 1527 dahin raffte. Er verschied in Anwesenheit seines Bruders Georg und König Ferdinands, dem er die Obhut über seinen fünfjährigen Sohn, den nachmaligen Markgrafen Albrecht Alcibiades, empfahl. Das Reformationszeitalter zählt unter den deutschen Fürsten und Edeln eine nicht geringe Zahl Charaktere von kräftiger und derber Natur, denen unter den Rohheiten des Kriegslebens oder der unter seinen Formen verhüllten Lasterhaftigkeit des Hoflebens edlere und mildere Empfindungen abhanden gekommen oder in den Hintergrund gedrängt sind. Die Vereinigung hervorragender staatsmännischer und kriegerischer Tüchtigkeit, verbunden mit einer achtunggebietenden Consequenz in den politischen Bestrebungen dürfte nur bei wenigen von ihnen in solchem Grade nachzuweisen sein als bei Markgraf C. Ich weiß keinen Biographen zu nennen, der ihm bis jetzt gerecht zu werden auch nur den guten Willen gezeigt hätte.