ADB:Clodt von Jürgensburg, Jost

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Artikel „Clot, Jost“ von Friedrich Bienemann (1838–1903) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 345–346, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Clodt_von_J%C3%BCrgensburg,_Jost&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 01:51 Uhr UTC)
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Clot: Jost (Jobst, Jodocus) C., auch häufig latinisirt Justus Claudius, baltischer Staatsmann, geb. 1517 zu Reval, wohin zwei Jahre zuvor sein Vater Rolof C., einem ritterlichen Geschlecht der Grafschaft Mark angehörig, eingewandert war, † 1572. Ueber seinen Bildungsgang fehlen alle Nachrichten. Am 12. Nov. 1545 vom Rath der Stadt Reval zum rechtsgelehrten Syndicus mit einem Einkommen von 500 Mk., freier Wohnung, 12 Faden Holz und 8 Ellen Tuch zum Rock für seinen Diener erwählt, tritt er erst seit 1558 bedeutsam hervor als eine der thätigsten[WS 1] Persönlichkeiten in der traurigen Zeit des durch den Moskowitereinfall und die Aushöhlung der heimischen Institutionen bewirkten Zusammensturzes des livländischen Staatenbundes. Unter allen Sendboten, die von Fürsten, Corporationen und Communen der hart bedrängten Colonie um Hülfe ausgeschickt wurden, ist er der gewandteste gewesen, und ein günstiges Geschick hat seine sehr anziehenden Berichte aus Jütland und den Hansestädten, aus Riga und Wilna an den Revaler Rath zahlreich aufbewahrt. Sie finden sich sämmtlich gedruckt in Bienemann, Briefe und Urkunden zur Geschichte Livlands in den Jahren 1558–62, Bd II–V, Riga 1867–76. – Zunächst vom Sommer 1558 bis ins Frühjahr 1559 nur den Interessen seiner Stadt lebend, schließt er nach seinem langen diplomatischen Aufenthalt in Dänemark und Norddeutschland, wo er keinen wirksamen Beistand gefunden, sich eng dem neuen Ordensmeister Gotthard Kettler an, wird dessen Rath und von ihm vorzugsweise zu den Schutzverhandlungen mit Lithauen verwandt, denen er sich so ausschließlich widmet, daß im Sommer 1560 die Vernachlässigung seiner städtischen Amtspflichten ihm stark verdacht wird. Der Grund dieses Vorwurfs ist wol in der immer schroffer hervortretenden Differenz zwischen den Zielen [346] staatlicher Zugehörigkeit zu suchen, welche einerseits Reval und Estland, andererseits C. sich gestellt hatten. Letzterer, zu Anfang ein entschiedener Vertreter des Anschlusses an Dänemark, wird durch seine Verbindung mit Kettler ein eifriger und, wenn er ehrlich war, blinder Anhänger der polnisch-lithauischen Protectur, während seine Stadt dem benachbarten und glaubensverwandten Schweden sich immer mehr zuwendet. Als Reval den oft wiederholten und nie erfüllten Vertröstungen Sigismunds II. August von Polen die sehr realen Erbietungen Erichs XIV. vorgezogen hat, dem Meister den Eid kündigt und Schweden huldigt (Juni 1561), ist der Bruch zwischen C. und seiner Vaterstadt unheilbar. Eben vor ihren Thoren angelangt, um sie zum Aushalten beim Orden und Lithauen zu veranlassen, erfährt er, daß die Herrschaft Schwedens über sie zur Thatsache geworden: nicht als Gesandter, nur als Privatmann darf er in ihre Mauern ziehen. Damit wird auch sein Syndicat als erledigt anzusehen sein. Fortan dient er nur Kettler bei den Unterwerfungsverhandlungen in Wilna im Herbst 1561 als Werkzeug und erscheint ebenso bei der Realisirung derselben auf dem letzten von den Trümmern der livländischen Conföderation abgehaltenen Landtage zu Riga im Februar und März des folgenden Jahres. Aus Clot’s Briefen ergibt sich mit Klarheit nur seine umfassende Bildung und sein unermüdlicher Geschäftseifer; das Urtheil über seinen politischen Scharfblick ist von der Frage nach seinem Charakter und nach der Aufrichtigkeit seiner oft geäußerten Frömmigkeit und Vaterlandsliebe schwer zu trennen. Will man diesen Eigenschaften gerecht werden, kommt der Staatsmann nicht eben glimpflich weg, und umgekehrt. Bei seinen Mitbürgern hat er das große Vertrauen, das er genossen, verscherzt. Reicher Lohn für seine Wirksamkeit ward ihm vom Ordensmeister, wie vom polnischen König zu Theil. Als der erstere Herzog von Kurland geworden, soll er ihn zum Kanzler gemacht haben; der König nahm ihn auch in seinen besonderen Dienst und verlieh ihm 1566 den polnischen Indigenatsadel. Als sein Gesandter beglückwünschte er 1568 König Johann III. von Schweden zur Thronbesteigung; 1570 wirkte er als einer der drei polnischen Commissare neben den kaiserlichen, kursächsischen und französischen Vermittlern zum Abschluß des Stettiner Friedens vom 13. December zwischen Schweden, Dänemark und Lübeck mit. Aus dem letzten Jahrzehnt seines Lebens fließen die Nachrichten spärlich. Im Rigaer Dom fand er seine Ruhestätte. – Aus seiner Ehe mit Anna v. Wigand hatte er vier Söhne, die das noch heute in Livland blühende Geschlecht der Clodt von Jürgensburg, nach dem ihrem Vater 1561 von Kettler verliehenen und von Sigismund August 1570 bestätigten Gute benannt, fortpflanzten.

Vgl. Arndt, Liefl. Chronik, II. S. 262.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Im Original: thätgisten.