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ADB:Cuny, Ludwig von

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Artikel „Cuny, Ludwig von“ von Martin Spahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 575–580, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cuny,_Ludwig_von&oldid=- (Version vom 16. November 2024, 12:38 Uhr UTC)
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Cuny: Ludwig von C., Dr., Geheimer Justizrath, Professor der Rechte und Parlamentarier, war am 14. Juni 1833 in Düsseldorf geboren, hat nach mit gutem Erfolg abgeschlossenem Besuche der Gymnasien in Aachen, Koblenz, Berlin und Cleve siebzehnjährig die Universität Bonn bezogen und zwanzigjährig auf der Universität Berlin sein Rechtsstudium beendet. Er war von 1853 bis 1870 Auscultator, Referendar und dann Assessor an den Landgerichten Cleve, Köln und Bonn. Als freiwilliger Krankenpfleger begleitete er am 15. August 1870 eine durch seine Mittel ausgerüstete Sanitätscolonne nach den Schlachtfeldern um Metz. In Corny erfuhr er die Gefangennahme Napoleon’s, die er als erster in Gravelotte unsern Truppen mitgetheilt hat. Am 8. September nach Bonn zurückgekehrt, erhielt er am 1. October 1870 von dem preußischen Justizminister die Weisung, sich als Untersuchungsrichter bei dem Generalgouvernement von Elsaß-Lothringen nach [576] Hagenau zu begeben, wo er am 30. October zum Vorsitzenden des ständigen elsässischen Kriegsgerichts und zum Stellvertreter des Commissars für die Liquidation der französischen Bank in Straßburg bestellt wurde. In beiden Stellungen ist C. mit Liebe und Interesse für die wirthschaftlichen und Rechtsinteressen der Elsässer eingetreten. Da dem Kriegsgerichte die Aburtheilung der strafbaren Handlungen nicht nur der Militär-, sondern auch der Civilpersonen oblag, so bestimmten ihn die Erfahrungen mit den harten Strafvorschriften des Code pénal zu dem Antrage, Theile des deutschen Strafgesetzbuchs durch Generalgouverneurverordnung in Elsaß-Lothringen einzuführen. Mußte auch der Antrag abgelehnt werden, seinem Gedanken wurde durch die Einführung des Strafgesetzbuchs im Gesetzeswege bald entsprochen. Nicht minder lebhaft interessirte ihn die rasche Wiederherstellung der ordentlichen Gerichte und ihre Organisation, und mit Freimuth machte er dem Generalgouverneur seine Bedenken dagegen geltend, daß die den französischen Landgerichtspräsidenten zustehenden Befugnisse auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch ihn als Präsidenten des Kriegsgerichts wahrgenommen werden sollten. Mit der Aufhebung des Kriegsgerichts wurde er Rath am Appellationsgericht in Colmar, dessen Eröffnungssitzung am 12. October 1871 statthatte. Charakteristisch für seine ganze Denkungsweise ist sein Urtheil über die Elsässer, deren Ehrenhaftigkeit und Gewissenhaftigkeit er unbegrenzt vertraute, die er für gerecht und immer bereit erachtete, das Gute an den Anderen anzuerkennen. Von der Einführung großer Schöffengerichte dortselbst erhoffte er infolge der persönlichen Annäherung ein besseres gegenseitiges Verständniß zwischen den Elsässern und den Altdeutschen. Bereits 1873 schied er aus seiner Stellung und aus dem Dienste der Reichslande aus.

Der Wahlkreis Lennep-Solingen-Remscheid hatte ihn mit seinem Mandate für das preußische Abgeordnetenhaus betraut und dieser Wahl folgte 1874 im Wahlkreise Dessau-Zerbst die Wahl in den Deutschen Reichstag. Mit dem Eintritt in die beiden Parlamente hatte C. seinen eigentlichen Lebensberuf gefunden. Er trat der nationalliberalen Partei bei, die ihm in juristischen Fragen eine leitende Stellung eingeräumt hat, in der er bis an sein Lebensende verblieben ist. Am 19. Januar 1875 wurde ihm eine außerordentliche Professur in der juristischen Facultät an der Universität Berlin übertragen, an der er über französisches Recht und über Verfassungsfragen las, allerdings mit so geringer Stundenzahl, daß er seiner Docentenpflicht neben seinen parlamentarischen Arbeiten, welchen sein Hauptinteresse galt, genügen konnte. Infolge dessen ist er litterarisch auf dem Rechtsgebiete nicht hervorgetreten. Aber um so eifriger betheiligte er sich an der Gesetzgebung, namentlich auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechtes. Welche Bedeutung er dieser für das deutsche Reich beigelegt hat, zeigt der theilweise von ihm verfaßte Bericht über die nationalliberale Partei von 1867 bis 1892.

Bei dem Eintritte Cuny’s in den Reichstag stand die nationalliberale Partei auf der Höhe ihrer Macht, sie zählte 152 Mitglieder und stellte in v. Forckenbeck den Präsidenten für den Reichstag, in v. Bennigsen den für das preußische Abgeordnetenhaus. Sogleich trat C. in das an die Stelle des Landesausschusses gebildete Centralwahlcomité als Mitglied ein. Als solches hat er für die Partei eine rührige Thätigkeit entfaltet, für ihre Ziele in Schrift und Wort und mit Geldmitteln gewirkt. In den Fragen zwischen v. Bennigsen und Lasker sowie v. Forckenbeck, über die Philippson in dem Lebensbilde Forckenbeck’s Mittheilung macht, stand er auf Bennigsen’s Seite, den er zeitlebens so hoch verehrte, daß, während er vor 1878 sich von ihm in seinen namentlichen Abstimmungen noch wiederholt getrennt hatte, wie bei dem Diätenantrag, [577] für den er anfangs stimmte, bei dem Zoll auf Roheisen, den er als Freihändler verwarf, bei der Ablehnung des Schorlemer’schen Antrags auf Befreiung der Geistlichen von den Uebungen der Ersatzreserve und bei der Bewilligung der Tagegelder für den Deutschen Volkswirthschaftsrath, er nach 1878 nur einmal noch in einer Geschäftsordnungsfrage abweichend von ihm gestimmt hat. Nachdem Fürst Bismarck das Steuerruder des Reichs in der Zollpolitik gewendet hatte, hielt C. aus Billigkeitsgründen Zölle auch zu Gunsten der landwirthschaftlichen Erzeugnisse für zulässig, konnte sich aber zur Gewährung eines Getreidezolls von fünf Mark nicht entschließen. Bei der Reichstagswahl des Jahres 1881 unterlag er in seinem anhaltischen Wahlkreise gegen den Candidaten der freisinnigen Partei, Justizrath Sello. Von 1884 ab wurde er ununterbrochen von dem Wahlkreise Kreuznach-Simmern in den Reichstag gewählt. Seinen Wählern gegenüber machte er aus seinen von ihren Wünschen abweichenden Anschauungen niemals ein Hehl. Dafür hat er aber auch, wo er ihre Interessen fördern konnte, sich derselben mit Eifer angenommen. Jahre hindurch war er um das Zustandekommen eines den Bedürfnissen seines Wahlkreises entsprechenden Weingesetzes bemüht. Im J. 1884 wurde er Mitglied der preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden; die Erfahrungen, welche er in dieser gesammelt hat, veranlaßten ihn zu seinem Eintreten für das Staats- und das Reichsschuldbuch.

Von seiner Partei 1889 mit der Vertretung ihres Standpunkts gegenüber der dauernden Verlängerung des Socialistengesetzes betraut, hat er die Fortgewährung der Ausweisungsbefugniß an die Regierungen bekämpft. Der Wegfall dieser Befugniß bei der Commissionsberathung gab den äußeren Anlaß zum Sturze dieses Gesetzes. Umgekehrt hat C. unentwegt gegen die Aufhebung des Jesuitengesetzes gestimmt. Für Auswüchse auf wirthschaftlichem Gebiete war ihm ein sicherer Blick gegeben; besonders vertraut war ihm die Entwicklung, welche der Börsenverkehr und in diesem das Differenzgeschäft genommen hatte. Im J. 1890 zum Mitgliede der unter Dr. Wiener’s Vorsitz in Berlin tagenden Börsenenquetecommission berufen, trat er in dieser für das Verbot der Differenzgeschäfte und für eine schärfere Beaufsichtigung des Börsenverkehrs ein. Im Reichstage beantragte er 1892 den Erlaß eines Gesetzes, durch welches der Veruntreuung anvertrauter Depots und dem Börsenspiele sowol an der Producten- als auch an der Effectenbörse entgegengetreten werde, und 1894 regte er den Erlaß eines Börsenorganisationsgesetzes an. Dementsprechend hat er sich auch in der Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, welche im April 1891 zusammengetreten war und der er als nichtständiges Mitglied angehörte, für die Nichtigerklärung der Differenzgeschäfte bemüht.

v. Cuny’s Wahl in den preußischen Landtag, in dem er immer denselben Wahlkreis vertreten hat, fällt mit dem sogen. Culturkampf zusammen; aber schon vor den kirchenpolitischen Fragen wurde für ihn die Simultanschulfrage brennend. Zuerst 1870 in Bonn als Landtagscandidat aufgestellt, wo er unterlag, mußte er über sich ergehen lassen, daß das liberale Wahlcomité sich uneingeschränkt für die Simultanschule aussprach. Er selbst hat in seiner Wahlrede in Remscheid am 2. November 1873 sich dafür ausgesprochen, daß an denjenigen Orten, wo nur eine Confession wohnt, der Lehrer dieser Confession angehöre, daß aber an Orten mit religiös gemischter Bevölkerung die Entscheidung der ganzen Gemeinde überlassen bleiben solle, ob sie die confessionelle oder die Simultanschule vorziehe. Dabei wollte er die religiöse Minderheit gegen eine Majorisirung durch ein Beschwerderecht an den Staat geschützt wissen. [578] Den Religionsunterricht wollte er als obligatorischen Unterrichtsgegenstand beibehalten und von der betreffenden Confession ertheilt haben.

In den kirchenpolitischen Fragen vertrat er starr den Standpunkt der Falk’schen Gesetze, welche die Souverainetät des Staates über die Kirche erstreckten. Als deren zutreffendste Begründung ist von ihm die Fürst Bismarck’sche Herrenhausrede vom 10. März 1873 bezeichnet worden. An der Berathung der sogen. Maigesetze hat er in Commission und Plenum Theil genommen und ein von ihm beantragter Gesetzentwurf bezweckte ihre Verschärfung noch inbezug auf die Succursalpfarrer der Rheinprovinz. Den Rücktritt des Ministers Falk, der mit der Annahme der Franckenstein’schen Clausel im Reichstage zusammenfiel, faßte er als eine Wendung auf, die ihm für die Gebiete der Kirche und Schule ernste Besorgnisse erregte; die Vertheidigung des Falk’schen Systems galt ihm damals als die ernsteste Aufgabe der nächsten Zukunft. Als wenige Monate später Fürst Bismarck dem preußischen Abgeordnetenhaus einen auf die Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze bezüglichen Gesetzentwurf vorlegte, hat C. seine ablehnende Haltung in seinem offenen Schreiben an seinen Wahlkreis kundgegeben. Und selbst die Annahme der Vorlage in veränderter Gestalt hielt ihn nicht ab, sich noch 1890 in einer Rede gegen den Abg. Windthorst als Anhänger der Falk’schen Gesetze zu bekennen. Gegen seine Natur übertrug sich diese Starrheit der Anschauung auch auf seinen persönlichen Umgang mit seinen kirchenpolitischen Gegnern. Versöhnend wirkte dann aber wieder bei denjenigen unter ihnen, welche der Rheinprovinz angehörten, sein warmes Eintreten für rheinisches Recht und rheinische Einrichtungen. Er war ein Verehrer des französischen Rechtes und des französischen Verfahrens und suchte von ihnen bei der Uebertragung altpreußischer Einrichtungen auf die Rheinprovinz möglichst viel zu erhalten. Diese Erwägung leitete ihn insbesondere bei den Vorbereitungen und den parlamentarischen Erledigungen der auf die Rheinprovinz bezüglichen Gesetze Preußens in den achtziger Jahren, deren eines auf seine Anregung zurückzuführen ist. Inbezug auf Einzelbestimmungen der Gesetze waren für ihn die Bedürfnisse der kleinen Besitzer maßgebend, wie der von ihm 1895 gestellte Antrag auf Ermäßigung der Grundbuchkosten beweist.

Mit welcher Freude er an den Berathungen der Commission für das Bürgerliche Gesetzbuch von 1892 bis 1896 theilnahm, ergibt nicht nur seine regelmäßige Anwesenheit in den Sitzungen, sondern auch die Thatsache, daß er über den Verlauf der einzelnen Sitzungen an den verstorbenen Reichsgerichtsrath Dr. Bähr in Kassel berichtet und dessen Anregungen auf Umgestaltungen des Gesetzbuchs durch Einbringung von Anträgen auch dann entsprochen hat, wenn er die Abweichung seiner eigenen Ansicht von der Bähr’schen zu erkennen geben mußte. Dabei trat auch hier seine Vorliebe für das französische Recht zu Tage; sein besonderes Interesse gehörte dem Erbrechte, für das er über die Gestaltung des Testamentsvollstreckers dem Juristentag berichtet hatte und für das er sich um die Aufnahme des handschriftlichen Privattestaments erfolgreich bemühte. Während dieser Berathungen trat bei ihm eine entgegenkommende Haltung gegen die Bedürfnisse der Katholiken auf dem Eherechtsgebiete zu Tage, und er war von vornherein geneigt, diesen in dem Umfang entgegenzukommen, wie es demnächst in dem Bürgerlichen Gesetzbuche geschehen ist. Nicht geringeren Antheil nahm er an den Berathungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und seiner Nebengesetze im Reichstag, in dem ihm der Vorsitz für einzelne der mit der Vorberathung betrauten Commissionen übertragen ward. Die Berichte der Kölnischen Zeitung über die Berathung dieser Commissionen stammen von ihm. Bei der Berathung der Novelle zur [579] Civilproceßordnung, bei der er die Erhöhung der Revisionssumme bekämpfte, war von ihm eine Resolution für die Herbeiführung einer einheitlichen reichsgesetzlichen Regelung des juristischen Prüfungswesens im deutschen Reiche beantragt worden, welche aus formalen Gründen mit Stimmengleichheit abgelehnt wurde. Er hat dann seine Ansicht demnächst im Reichstag und im April 1898 in einem Aufsatz in der deutschen Juristen-Zeitung vertreten. Der Erfolg war ihm vergönnt, daß wenigstens Preußen und Elsaß-Lothringen sich über die gegenseitige Anerkennung der bei ihnen bestandenen Referendariatsprüfung einigten. Am 16. October 1897 hielt er seine letzte Wahlversammlung in Simmern ab. Im Winter von 1897 auf 1898 las er über das Mobiliarsachenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Er schien die Zeit bis zu dessen Inkrafttreten nicht erwarten zu können; er sollte es nicht erleben. Die Mitarbeit an einem Commentare lehnte er mit der Begründung ab, daß er an einer systematischen Darstellung mehr Interesse habe und daß er seine Zeit für die Ausarbeitung seiner Vorlesungen und für die juristischen Vorlagen der Parlamente bedürfe. Seit 1889 war er ordentlicher Professor; 1894 erhielt er den Kronenorden 2. Cl.; im Sommer 1898 wurde er in den neugeschaffenen Beirath für das Auswanderungswesen berufen, nachdem er Vorsitzender der Reichstagscommission für das Auswanderungsgesetz gewesen war. Dem deutschen Colonialverein und dem deutschen Schulverein hatte C. eine rege Theilnahme zugewendet. Für die Colonialpolitik des Reichs trat er mit Wärme ein und den Colonialverein hat er reichlich mit seinen Mitteln unterstützt. Wie er der Universität Bonn bei ihrem fünfzigjährigen Jubiläum ein Geschenk von 30 000 Mk. zur Unterstützung bedürftiger Privatdocenten der juristischen oder philosophischen Facultät und wie er der neugegründeten Straßburger Universität ein Geschenk zugewendet hat, so hat er auch die Universität Berlin in seinem Testamente mit einem Legate von 300 000 Mk. und einem Theile seiner reichhaltigen Bibliothek bedacht.

C. hatte sich 1873 verheirathet, seine Ehe blieb kinderlos. Seine letzte Reise, sie ging nach Rußland, wurde durch den in Riga plötzlich erfolgten Tod seines Begleiters Dr. Weber jäh abgebrochen; tief ergriffen kehrte er mit der Leiche nach Berlin zurück, ohne zu ahnen, daß er auch vor seinem Lebensende stehe und daß die Weber’sche Todesursache – Erkrankung der Arterien –, mit der er sich mehrfach beschäftigte, auch ihm den Tod bringen solle. Bis zu diesem beschäftigten ihn die Aufgaben der nächsten Reichs- und Landtagssession auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechtes. Im Kreise seiner Familie ereilte ihn der Tod am 20. Juli 1898. Er ist auf dem Matthäikirchhof in Schöneberg beerdigt. Betrauert wurde er von seiner Wittwe und zwei Pflegekindern (Nichte und Neffe seiner Frau), welche er ganz jung zu sich genommen und denen er zwanzig Jahre hindurch eine warme Zuneigung bewahrt hatte.

Partei und Parlament haben in dem Verstorbenen ein sachkundiges Mitglied verloren. Eine Führerrolle hat er in politischen Fragen in den Parlamenten nicht eingenommen. Seine Reden waren klar und bestimmt, vielfach scharf, des rhetorischen Schmuckes entbehrten sie. Neben seiner Thätigkeit auf dem Gebiete der Politik und seiner Fachwissenschaft verfolgte C. mit Interesse und nicht ohne Sorgen die Fragen des wirthschaftlichen und des litterarischen Lebens; in der Litteratur interessirte ihn namentlich die moderne Geschichtschreibung durch seine Parteifreunde. Ein überzeugter Verehrer Bismarck’s, für dessen Wahl in den Reichstag er in Wahlreden eingetreten war, bedauerte er schmerzlich dessen veränderte Stellung zu der nationalliberalen Partei. In seinem stattlich eingerichteten Heim sah er gerne seine engeren Freunde in [580] heiterer Geselligkeit um sich. Man fühlte ihm die Freude nach, mit der er Gäste bei sich hatte, und fühlte sich deshalb bei ihm behaglich. Dabei war er persönlich von ungewöhnlicher Bedürfnißlosigkeit.

Fassen wir am Schlusse die Bedeutung v. Cuny’s für unser politisches Leben und unsere Rechtsentwicklung zusammen, so dürfen wir sie nicht nur in den einzelnen Ergebnissen seiner Thätigkeit auf dem Gebiete zunächst richterlicher Praxis, dann wissenschaftlichen Vortrags und gesetzgeberischen Schaffens suchen; wir müssen vielmehr die ganze Art seines Denkens und Handelns ins Auge fassen. Ein Feind formaler Buchstabenjurisprudenz suchte er mit seinem Rechtsgefühl und seiner Beobachtungsgabe das zu ermitteln, was das Leben vom Gesetzgeber und vom Rechte forderte.