ADB:Denzinger, Franz Josef Ritter von
Gärtner und Voit. Im J. 1846 bestand er die Prüfung für den Staatsbaudienst als Ingenieur, 1847 als Architekt.
Denzinger: Franz Joseph Ritter von D., Architekt, geboren am 24. Februar 1821 zu Lüttich als Sohn des dortigen Universitätsprofessors D. Letzterer stammte aus Würzburg und kehrte im J. 1830 infolge politischer Ereignisse nach seiner Heimath zurück. Nach dem Besuche des Gymnasiums zu Würzburg wollte D. sich nach seiner Neigung der Baukunst widmen; der gelehrte Vater gab seine Zustimmung, wünschte jedoch, um ihm eine gründliche, wissenschaftliche Vorbildung zu Theil werden zu lassen, vorher die Absolvirung des philosophischen Pensums an der Universität. Nach abgelegtem Examen studirte D. an der damals neu errichteten Königl. Polytechnischen Schule zu München die Ingenieurwissenschaften und auf der Akademie der bildenden Künste Architektur unterNun folgte eine vierjährige Praxis beim Eisenbahnbaue in Donauwörth. Dann wurde er als „funktionirender Zivil-Bauingenieur“ zur Kreisregierung nach Regensburg versetzt und konnte sich endlich von da ab ausschließlich mit Hochbauten beschäftigen. Durch seine tüchtigen Leistungen errang er ein Staatsstipendium zu einer viermonatlichen Studienreise durch Deutschland, die Schweiz, Frankreich und Belgien, auf welcher er reiche Erfahrungen sammelte und durch das örtliche Studium der großen Meisterwerke der Gothik, deren constructive Bedeutung er, dank seiner Ausbildung als Ingenieur, wohl zu würdigen wußte, für immer eine Vorliebe für die mittelalterliche Bauweise faßte. Statt nach der damaligen Vorschrift 15 Jahre auf eine feste Staatsanstellung warten zu müssen, wurde D. schon nach 7 Jahren, 1854, als Bauingenieur in Bamberg angestellt, ein Beweis für seine Tüchtigkeit. Bis zum Jahre 1858, in welchem er zum kgl. Baubeamten in Regensburg ernannt wurde, entstanden als größere Bauten nach seinen Plänen und unter seiner Leitung das Soolbad und die Saline zu Kissingen, die Wiederherstellung der eingestürzten Pfarrkirche in Burghausen und das chemische Laboratorium in Erlangen. In Regensburg erwarb D. sich bald das Vertrauen der für den Ausbau des Regensburger Domes interessirten Kreise; am 27. Januar 1859 wurde er von Bischof Senestrey zum Dombaumeister gewählt, und erhielt, um dem gewaltigen Werke seine ungetheilten Kräfte widmen zu können, einen vorläufigen Urlaub aus dem Staatsdienste. Die beiden Domthürme wurden von D., da ältere Originalpläne nicht mehr vorhanden waren, von der Dachhöhe des Schiffes an nach eigenen Entwürfen emporgeführt und 1869 vollendet; die übrigen Wiederherstellungsarbeiten fanden im J. 1872 ihren Abschluß. Im J. 1869 ernannte die Stadt Regensburg D. in Anerkennung seiner großen Verdienste zum Ehrenbürger, 1868 hatte ihm König Ludwig II. den Titel und Rang eines kgl. Bauraths verliehen. Während des Aufentaltes [662] in Regensburg entstanden noch die Entwürfe zu der 1863–1864 ausgeführten Kirche in Kemnath und zu der katholischen Kirche in Hof im Voigtlande.
Im April des Jahres 1869 siedelte D. nach Frankfurt am Main über, wohin er zur Wiederherstellung des am 15. August 1867 durch Brand schwer beschädigten Kaiserdomes berufen worden war, nachdem er im Frühjahre 1868 in Gemeinschaft mit Schmidt von Wien und Voigtel von Köln ein Gutachten abgegeben hatte, welches von den städtischen Behörden als Grundlage für die vorzunehmenden Arbeiten angenommen wurde. Wiederum gewährte der König von Baiern D. für dieses Unternehmen einen Urlaub aus dem Staatsdienste auf unbestimmte Zeit. D. entschied sich dafür, den Hallenbau bis zur Höhe der übrigen Gebäudetheile und der Thurmhalle zu erhöhen. Der Kuppelabschluß des Thurmes wurde nach alten Originalplänen ausgeführt, der Kreuzgang im Anschluß an urkundliche Ueberlieferungen umgebaut. Am 14. April 1878 konnte die Kirche wieder dem Gottesdienste übergeben werden. Ferner entstanden in Frankfurt nach Plänen und unter Leitung Denzinger’s die evangelisch-lutherische Dreikönigskirche in Sachsenhausen, 1875–1880, im Stile der Gothik aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, dann 1874–1877 in demselben Stile das städtische Archivgebäude hinter dem Dome, welches sich in vollendeter Weise den Baudenkmälern in seiner nächsten Umgebung anpaßt. Auch das am 30. September 1875 abgebrannte Dach der Weißfrauenkirche wurde von D. mit einem Glockenthürmchen in Eisenconstruction wiederhergestellt. In diese Zeit fällt auch die Leitung der Herstellungsbauten der Stiftskirche in Aschaffenburg, der Georgskirche in Nördlingen und der Kirche zu Kidrich im Rheingau. Im J. 1879 kehrte D. in den bairischen Staatsbaudienst zurück und übernahm das Amt eines Regierungs- und Kreisbauraths in Baireuth. 1885 wurde er als Oberbaurath nach München berufen und 1891 auf sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt. Der letzten Bayreuther Zeit gehört der Bau der Kirche im Dorfe Hetzlas bei Erlangen an. Nach seinem Uebertritte in den Ruhestand beschäftigten ihn noch die Entwürfe für die Kirchen in Würzburg-Grohmbühl in gothischem, und in Würzburg-Sanderau in romanischem Stile. D. starb plötzlich und unerwartet in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1894 in Nürnberg, wo er als Preisrichter in einem von der Stadt ausgeschriebenen Wettbewerbe gerade sich aufhielt. Seine Leiche wurde nach München überführt und unter Betheiligung einer zahlreichen Trauerversammlung am 16. Februar auf dem nördlichen Friedhofe bestattet.
Denzinger’s Hauptwerk ist die Vollendung der Dome von Regensburg und Frankfurt. Durch die Universalität seines Wissens, indem er den genialen Künstler mit einem ausgezeichneten, vor keiner technischen Schwierigkeit zurückschreckenden Constructeur in sich vereinigte, war er wie kein Zweiter dazu berufen gewesen, diese beiden bedeutsamen Aufgaben unserer vaterländischen Baukunst in einer Weise zu lösen, welche die einstimmige Anerkennung der gesammten deutschen Architektenschaft und der kunstliebenden Welt gefunden hat. Ohne die Harmonie des Ganzen zu beeinträchtigen, für welches er einen einheitlichen Plan erdacht hatte, lieh er auch den geringsten Einzelheiten die pietätvollste Sorgfalt, wobei ihm die Werke der alten Meister als Vorbild galten. Sein in weiteren Kreisen verbreiteter Ruf als hervorragender Kenner der mittelalterlichen Kirchenbaukunst brachte es mit sich, daß D. mehrfach bei wichtigen Fragen auf diesem Gebiete zur Begutachtung zugezogen wurde. Es sind hier zu nennen: das Gutachten über die Construction der Strebebögen am Ulmer Münster, 1864; über Beseitigung des Stützpfeilers unter dem [663] Bogen vor dem Ostchore des Mainzer Domes, 1866–1867; über Herstellung des Domes zu Würzburg, und Ausführung eines steinernen Helmes am Thurme der Kirche in Bremerhaven, 1869; über die Wiederherstellung der Katharinenkirche in Oppenheim, 1870; über den Ausbau des Straßburger Münsters sowie die Herstellung und Vollendung des Domes in Metz, 1873; in den folgenden Jahren noch die Gutachten über die Erhaltung des Thurmes der Martinskirche in Amberg, die Kirchenpflasterung des Kölner Domes und über die Herstellung der Sebalduskirche in Nürnberg.
An äußeren Ehren hat es D. als Anerkennung für seine Verdienste nicht gefehlt. Schon 1868 hatte ihn die Akademie der bildenden Künste in Wien zu ihrem ordentlichen Mitgliede ernannt. Im J. 1869 wurde er zum Mitgliede der Commission für Erhaltung der Kunstdenkmäler und Alterthümer Baierns erwählt. Er war Meister des Freien Deutschen Hochstiftes in Frankfurt am Main und Mitglied des Gelehrten-Ausschusses des Germanischen Museums in Nürnberg; er besaß ferner das Ritterkreuz des bairischen St. Michaelsordens I. Cl., das Ritterkreuz des österreichischen Franz Josephordens und das Ritterkreuz des Verdienstordens der bairischen Krone, mit dem die Erhebung in den Adelstand verbunden ist. Im persönlichen Verkehre wurde D. eine gewinnende Herzlichkeit und große Bescheidenheit nachgerühmt. Er liebte im allgemeinen die Zurückgezogenheit und vermied es, außerhalb seines Faches an die Oeffentlichkeit zu treten.
- Artikel in Zeitschriften und Zeitungen: Centralblatt d. Bauverwaltung XIV. Jahrg., Nr. 8, 24. Febr. 1894, S. 82; Deutsche Bauzeitung XXVIII. Jahrg., Nr. 18, 3. März 1894, S. 111–113; Kleine Presse, Frankf. a. M., Nr. 42, 20. Febr. 1894, mit Portr. – Artikel in lexikographischen Werken: Müller u. Singer, Allgem. Künstler-Lexikon, 3. Aufl., Frankf. a. M. 1895, I. Bd., S. 334; Meyer’s Konversations-Lexikon. – Wilhelm Kaulen, Freud’ und Leid im Leben deutscher Künstler, Frankfurt a. Main, 1878, S. 25 u. f., mit Portr. – Robert Schrotzenberger, Frankofurtensia. Frankf. a. M. 1884, S. 49. – Frankfurt und seine Bauten, hsg. v. Architekten- u. Ingenieur-Verein, Frankf. a. M. 1886, S. 98, 107, 115, 121, 122, 135.