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ADB:Voit, Richard Jakob August von

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Artikel „Voit, Richard Jakob August von“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 220–222, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Voit,_Richard_Jakob_August_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 19:06 Uhr UTC)
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Voit: Richard Jakob August v. V., Architekt, geboren am 17. Februar 1801 zu Wassertrüdingen in Mittelfranken als der Sohn des Baumeisters Johann Michael V. (1771–1846), besuchte die Lateinschule und das Gymnasium zu Ulm, Eichstätt, Ansbach und Augsburg und erhielt, da der Vater als Beamter im Baufach in diesen Städten sich bethätigte, frühzeitig eine, seine weitere Entwicklung bestimmende Einwirkung. Nachdem der junge V. auch noch die Universität Landshut (1819) und Würzburg (1821) besucht und tüchtige Vorkenntnisse in Mathematik, Naturwissenschaften und Technik und eine wohlthätig wirkende höhere Bildung erworben hatte, bezog er die Akademie zu München (1822), um sich unter Gärtner’s Leitung ganz der Baukunst zu widmen. Von [221] diesem seinem Lehrer erbte V. die specielle Vorliebe für den romanischen (Rundbogen-)Stil, welchen der eifrige Schüler mit hingebender Begeisterung weiter cultivirte. Eine Studienreise nach Italien (1823–24) verhalf zur selbständigen Ausbildung und Reife. Dabei richtete er nicht nur ein Hauptaugenmerk auf die durch Hittorf und Zanth kurz vorher untersuchten griechischen Bauten Siciliens, welche er nun in ihrem Detail studirte, sondern unterzog auch die Rundbogenbauten zu Pisa, Florenz, Padua und Venedig einer eingehenden Untersuchung. Weitere Forschungen an den alten Bauwerken zu Genua, in Südfrankreich, zu Paris und am Rhein bestätigten in ihm die schon von Gärtner aufgestellte Ansicht, daß der romanische Stil in einer unseren Verhältnissen angemessenen Fortbildung und Entwicklung die sicherste Tragweite biete. Mit solchen Resultaten trat V. unter der Leitung seines Vaters und des Oberbauraths Beyschlag zu Augsburg in die Praxis, übernahm den Bau der protestantischen Friedhofskirche daselbst (1825–26) und lieferte viele Entwürfe für Silberarbeiter und sonstige Gewerksleute. Dadurch gewann er tiefe Einsicht in die richtige Behandlung und Verwendbarkeit des zur jeweiligen Ausführung taugsamsten Materials und erweiterte sein Wissen in einer empirischen Weise, welche seiner späteren vielseitigen Thätigkeit nutzreich zu statten kam. Nach seiner 1827 erfolgten Anstellung als Bauconducteur in Amberg und 1832 als Civilbauinspector des Rheinkreises zu Speier schuf V. die Kirchen zu Homburg, Lingenfeld, Pfoz, Waldsee, Berghausen, Wilgartwiesen, das Rathhaus zu Anweiler und Landau, die Getreidehalle zu Kaiserslautern, die Synagogen zu Kirchheimbolanden und Speier, das Bezirksgefängniß und die Stallung zur Zucht edler Pferde in Zweibrücken. Aus Voit’s Bauten „leuchtet insbesondere ein praktischer Sinn und das Bestreben hervor, die Formen aus der Construction zu entwickeln, dadurch den Gebrauch und die Benützung des Gebäudes im Aeußern und Innern auszusprechen, übrigen in dem Ganzen, wie in den Theilen, edle Einfachheit auszuprägen und willkürliche Ausschmückungen zu vermeiden; Alles ist durchdacht und voll Harmonie“. Wenn man solche, eigentlich selbstverständliche Eigenschaften an einem Baukünstler rühmen muß, so wirft solches Lob einen eigenen Schatten auf seine übrigen zahlreichen Collegen und Fachgenossen, als ob solche geradezu nur ganz unpraktische Dinge zu leisten im Stande wären! – Die Vorzüge Voit’s erregten die Aufmerksamkeit König Ludwig I. während seiner Anwesenheit in der Pfalz; die Folge davon war eine Berufung Voit’s an Fr. v. Gärtner’s Stelle als Professor der Baukunst an der Akademie. Da Gärtner an die Spitze jener großartigen Schöpfungen König Ludwig’s trat, blieb V. nur auf die theoretische Bildung seiner Schüler beschränkt. Um denselben ein mustergültiges Material in die Hand zu geben, begann V. die „Denkmäler der Kunst“ als Atlas zu Kugler’s „Geschichte der Kunst“; er lieferte aber nur das erste Heft (die Fortsetzung besorgten E. Guhl und J. Caspar, Stuttgart bei Ebner und Seubert), da V. als ausführender Künstler wieder vollauf Beschäftigung fand. König Ludwig I. übertrug ihm den Bau für die unter Ainmiller’s Leitung neu erblühte Glasmalereianstalt, ebenso das Project zur Neuen Pinakothek (vgl. Kunstblatt 1846, S. 252). Erstere ist heutzutage den Erfordernissen einer Kunstgewerbeschule entsprechend umgebaut; letztere durch den Untergang jenes die Außenseite schmückenden Freskencyclus um einen Haupttheil ihrer Wirkung gebracht. Im Innern erzielte V. eine ungleich bessere Beleuchtung als Klenze in der Alten Pinakothek, insbesondere gilt die Lichtvertheilung des Rottmannsaales als ein glücklicher Griff. Nach Fr. v. Gärtner’s Ableben (1847) wurde V. als Oberbaurath ins Ministerium berufen und ihm als Vorstand der obersten Baubehörde ein großer Wirkungskreis angewiesen. Schon früher hatte V. im Auftrage des Kronprinz Maximilian Entwürfe gemacht zur Restauration der Reichsfeste Trifels, [222] der Maxburg in der Pfalz und der Burg zu Nürnberg, nun übernahm er auch noch den Bau des chemischen Laboratoriums und des Physiologischen Instituts zu München. Auch der anfänglich nur vorübergehend zur Industrieausstellung von 1854 bestimmte, dann aber seither immer noch zu den verschiedensten Expositionen dienende große Glaspalast wurde nach Voit’s Plänen durch die Maschinenfabrik von Kramer-Clett in Nürnberg zur Ausführung gebracht. Mit Kreling restaurirte V. die Klosterkirche zu Heilsbronn (Gartenlaube 1859, S. 545) und begann mit Denzinger den Ausbau der Regensburger Domthürme. Aus Liebe zur Gewerkskunst begründete V. 1849 mit anderen Genossen den heute noch florirenden Verein zur Ausbildung und Hebung der Gewerke in München. Den Schluß seiner Thätigkeit sollte der Bau eines königlichen Schlosses in Feldafing am Starnbergersee bilden; die Ausführung dieser reizenden Pläne unterbrach leider das 1864 erfolgte Ableben Sr. Maj. König Maximilian II. – Der vielfach ausgezeichnete Künstler starb am 12. December 1870 zu München. Den Grundzug seiner Kunst bildete eine klare Tüchtigkeit und ein charaktervoller Ernst – Vorzüge, welche wol im Stande sind, selbst glänzendere Leistungen in Schatten zu stellen.

Vgl. Nagler, 1850. XX, 509. – Nr. 598 Illustr. Ztg. Leipzig, 16. Febr. 1854. – Gottgetreu in der Zeitschrift des Bayer. Architekten- und Ingenieur-Vereins. III. Jahrg., 1. Heft. – Zeitschrift des Kunstgewerbe-Vereins 1871. – Beilage 357 Allgem. Ztg. vom 23. Febr. 1870. – Kunstvereinsbericht f. 1870, S. 60. – Lützow, Kunstchronik, 1871, S. 85. – Fr. Reber, Bautechn. Führer durch München, 1876.