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ADB:Duifhuis, Hubert

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Artikel „Duifhuis, Hubertus“ von Jacob Cornelis van Slee in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 452–453, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Duifhuis,_Hubert&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 07:34 Uhr UTC)
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Duifhuis: Hubertus D., geb. 27. August 1531 in Rotterdam als Sohn angesehener Eltern, † 3. April 1581. Es ist streitig, wo er seine theologischen Studien machte und den Magistertitel erhielt; überhaupt fehlt es durchaus an Nachrichten über ihn, bis er als Pastor der St. Laurentiuskirche zu Rotterdam hervortritt. Doch schon bethätigte er seine milde Gesinnung und liebenswürdige Sanftmuth durch Predigt und Leben, besonders auch durch sein friedliebendes Verhalten wider diejenigen, welche der Heterodoxie angeklagt wurden. Mit seiner Haushälterin verband er sich ehelich, da das fast allgemeine sittenlose Priesterconcubinat ihm zuwider war. Diese Liberalität machte ihn bei vielen verdächtig. Als die Spanier unter Bossu 1572 Rotterdam besetzten, erschienen die Inquisitoren alsbald bei D. zur Prüfung seiner Rechtgläubigkeit. Doch entkam er der Inquisition, indem sein Bruder, damals Bürgermeister, ihm zur Flucht aus der Stadt verhalf. Heimlich zog er nach Köln, wo er zwei kummervolle Jahre durchlebte. Der verheirathete Priester war seinen Glaubensgenossen verhaßt, und seine abweichenden Ansichten gingen doch auch nicht weit genug, um ihm die Stütze der Reformation zu verschaffen. Armuth und Noth traten bei ihm ein; der Tod raubte ihm seine treue Gattin. Damit ward allerdings der größeste Anstoß, welchen die Kirche an ihrem bis jetzt noch treuen Sohne nahm, hinfällig und vielleicht erklärt sich hieraus, daß er 1574 zu einem der zwei Parochiepastoren der Jacobikirche zu Utrecht ernannt ist. Damals schien also seine Rechtgläubigkeit noch unverdächtig. Unvermerkt aber entfernte er sich durch Untersuchung der reformatorischen Schriften weiter vom alten Glauben und erklärte sich 1577 offen gegen manchen Mißbrauch der katholischen Kirche. Demzufolge bat er 1578 den Magistrat um die Erlaubniß, hinfort nach reformatorischer Art predigen zu dürfen, indem er sich dabei bereit erklärte, die Priesterkleidung, als etwas gleichgültiges, beizubehalten. Der Magistrat zögerte, hielt es aber fürs beste, dem D. eine zeitweilige Entfernung aus seiner Parochie und einen Aufenthalt zu Rotterdam anzurathen. Ein interessanter Briefwechsel, welchen der aus Amsterdam ausgetriebene Pastor Jakob Buyck mit D. noch vor seiner Abreise anknüpfte, zeigt uns, wie völlig der Prediger von St. Jakob schon der Reformation beistimmte. Aber seine plötzliche Abreise erregte bald große Unzufriedenheit, indem das Volk die Entfernung des geliebten Predigers dem feindlichen Einflusse der Minnebrüder (Minoriten) zuschrieb, und nebst deren Austreibung die Heimkehr des Pastors von St. Jakob forderte. In Folge dessen kehrte er im August nach Utrecht zurück und nahm sein Predigeramt wieder auf, dabei durch den Gedanken geleitet, die Kirche zu reformiren in der Kirche. [453] Daher behielt er vieles aus dem katholischen Cultus bei, was ihm gleichgültig erschien. So blieb die Armensorge den alten Potmeistern anvertraut, und die von Magistratswegen ernannten Kirchenmeister wurden nicht, wie anderswo, wo sich reformirte Gemeinden erhoben, durch einen unabhängigen Kirchenrath oder Consistorium ersetzt. Dem Staate, dessen Macht neben der Kirche er anerkannte, verblieb darum auch die Bestrafung öffentlicher Sünden, während er dem evangelischen Prediger nur die Pflichten des Ermahnens zuerkannte, weshalb ihm die Ausübung von Disciplin bei Abendmahle und Taufe fern lag. Dabei bediente er sich weder des Katechismus noch der Bekenntnißschriften. Seine Predigten hatten Liebe und Gottesfurcht zum Zweck, berührten dagegen nur selten dogmatische Punkte, wie Prädestination, Erbsünde, Genugthuung und freien Willen. Sein reformatorisches Streben erwies sich dadurch als ein ganz eigenartiges. Eine allmählich fortschreitende Besserung des Cultus und der Lehre und eine praktische Lebenserneuerung war sein Ideal. – Dies aber war den streng Reformirten nicht gefällig. Vielen blieb er der Papisterei verdächtig, und die besondere Stellung, welche seine St. Jakobsgemeinde einnahm, indem sie sich der reformirten Kirche nicht anschloß, veranlaßte bald eine traurige Uneinigkeit. Seit 1578 erhob sich in Utrecht neben der Gemeinde von St. Jakob eine calvinistisch reformirte Gemeinde, die consistoriale benannt. Ihre Prediger Helmichius und Sopingius beabsichtigten eine Vereinigung mit D. Dieser aber weigerte sich, die reformirte Kirchenordnung anzunehmen, den reformirten Ritus bei Abendmahl und Taufe, sowie den Katechismus und die symbolischen Bücher einzuführen und in die Errichtung eines Consistoriums zu willigen. Eine solche Kirchenordnung erschien ihm ganz unnöthig, wie sehr ein brüderliches Verhältniß ihm erwünscht war. Daher entstand denn eine völlige Trennung und Feindseligkeit zwischen seiner Kirche und den Consistorialen. Eine Unterredung mit Sopingius, Helmichius und Arnold Cornelis aus Delft blieb nicht nur erfolglos, sondern vermehrte noch die Erbitterung. Diese Streitigkeiten hatten den höchsten Grad erreicht, als der Prinz Wilhelm von Oranien während seines Aufenthaltes in Utrecht im Jahre 1580 der Predigt in der Jacobikirche beiwohnte und sein Wohlgefallen über den Redner bezeigte. Dies war nicht ohne Erfolg. Die Consistorialen wagten hinfort nicht mehr der freien St. Jakobsgemeinde so schroff gegenüber zu treten. Dabei war auch der Magistrat dem D. eine kräftige Stütze, und seitdem blieb der Pastor von St. Jakob unangefochten. Aber nur kurze Zeit konnte er sich dieser Ruhe erfreuen, da bald darauf der Tod ihn abrief. Seine Gemeinde behielt noch einige Jahre ihre Unabhängigkeit und Selbstregierung fort, vereinigte sich aber nachher mit den Consistorialen. – Hubertus D. vertrat unter den niederländischen Reformatoren eine eigenartige Stelle. Die großen Grundgedanken seines Lebens hielt er unwandelbar fest und vertheidigte sie mit großer Gelehrsamkeit, Entschlossenheit, Sanftmuth und Milde. Kirchliche Hierarchie war ihm auf protestantischem Boden vollends verhaßt. Sein reformatorisches Streben entsprach zum Theil den Anschauungen seines großen Stadtgenossen Erasmus, und die heutige Idee einer freien Kirche tritt schon bei ihm, wiewol dem Staatseinfluß noch nicht entzogen, hervor. Die Zeit war nicht reif zur Würdigung solcher Grundsätze. Sie waren dem allgemeinen kirchlichen Bewußtsein noch zu fremd. Daher scheiterten sie, ungeachtet der liebenswürdigen Persönlichkeit des Predigers von St. Jakob. Dennoch gewähren sie ihrem Verkündiger eine ausgezeichnete Stelle unter den schönsten Charakteren der Reformationszeit.

Dr. J. Wiarda, Hucbert Duifhuis, de predcher van S. Jacob, Amst. 1858.