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ADB:Ehlers, Martin

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Artikel „Ehlers, Martin“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 699–700, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ehlers,_Martin&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 21:50 Uhr UTC)
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Ehlers: Martin E., geb. 6. Jan. 1732 in Nortorf in der Wilstermarsch (Holstein), † 9. Jan. 1800, hatte in Kiel studirt, wo er auch die Magisterwürde der Philosophie erwarb, und wurde 1760 Rector der Schule zu Segeberg in Holstein, übernahm dann 1769 die Leitung des Gymnasiums zu Oldenburg, von wo er aber bereits 1771 in gleicher amtlicher Thätigkeit nach Altona umsiedelte, und folgte 1776 einem Rufe an die Universität Kiel als ordentlicher Professor der Philosophie, in welcher Stellung er hauptsächlich durch seine Vorlesungen über Pädagogik erfolgreich bis zu seinem Tode wirkte. Erörterungen über das Erziehungswesen überhaupt waren auch in den ersten zwei Jahrzehnten seiner fruchtbaren Schriftsteller-Laufbahn der überwiegende Gegenstand (eine Aufzählung seiner zahlreichen Schriften findet sich bei Meusel, Lexikon der teutschen Schriftsteller, Bd. III. S. 44 ff.). Er zeigt sich dabei als ein vielseitig gebildeter Schulmann, welcher mit klarem Denken und sittlicher Gesinnung manchen Kampf gegen üblichen Schlendrian führte, seine „Gedanken von den zur Verbesserung der Schulen nothwendigen Erfordernissen“ (1766) und „Gedanken von Vokabellernen beym Unterricht in Sprachen“ (1770), sowie seine „Sammlung kleiner das Schul- und Erziehungswesen betreffender Schriften“ (1776) sind bei aller Breite der Darstellung reich an einsichtsvollen Grundsätzen und feinen pädagogischen Beobachtungen. Er schloß sich der neuen durch Basedow begonnenen Strömung an und betheiligte sich in solchem Sinne auch an Campe’s Revisionswerke. In dieser Richtung lag für ihn auch die Brücke zu philosophischen Schriften, welche allerdings weniger geeignet sind, ihm auf diesem Gebiete eine hervorragende Bedeutung zu sichern. Er ist eklektischer Aufklärer ohne Tiefe und ohne Schärfe des Denkens, ein gemüthvoller Menschenfreund von sittlich braver Gesinnung und freimüthigem Streben nach Wahrheit, ein umständlicher Moralist, welcher für Verbesserung und hiermit Beglückung der Menschheit schwärmt, ja auch der Philosophie überhaupt nur eben diesen praktischen Zweck setzt. Mit einiger Vorliebe nennt er Wolff, Mendelssohn, Garve, auch Baumgarten, aber an Kant’s Schriften geht er geschlossenen Auges vorbei. Sein Hauptwerk „Betrachtungen über die Sittlichkeit der Vergnügungen“ (1779, zweite Aufl. 1790) ist eine oft peinlich breite psychologisch-ethische Casuistik und die Schrift „Von der Freyheit des Menschen“ (1782) beschränkt sich auf die Darlegung der moralischen Vervollkommnung. Der Verwirklichung seines kosmopolitischen Bildungsideals sollten dienen seine „Winke für gute Fürsten, Prinzenerzieher und Volksfreunde“ (2 Bde. 1786 f.), und der lebhafte Antheil, welchen er an dem Wohle und Wehe der Menschheit nahm, veranlaßte ihn auch zur Besprechung populärer Gegenstände, wie besonders im „Schleswig-Holsteinischen gemeinnützigen Handkalender“ (1787–92) oder zu Erörterungen über Geld und Staatsbilanz, über Fabrikwesen, über Preßfreiheit und dergl. In seinen „Staatswissenschaftlichen Aufsätzen“ (1791) zeigt er sich als Anhänger der damaligen gegen das positive Recht spröden Naturrechtslehre und schließt sich unter eklektischer Benutzung stoisch-ciceronischer Anschauungen vielfach an Feder und [700] auch an Höpfner an; mit philanthropischer Sympathie folgte er den Ereignissen der französischen Revolution und erwartete von der Beseitigung der Despotie und von der politischen Stärkung des dritten Standes eine auf sittlicher Grundlage erwachsende Volksbeglückung. Bezüglich der Religion befand er sich nicht auf dem grundsätzlichen Standpunkte der Aufklärer, sondern verblieb auf dem positiven Boden des lutherischen Bekenntnisses, welches er rationalistisch mit Natur und Vernunft in Einklang zu bringen suchte; ja er war so engherzig confessionell, daß er den Grundsatz der Toleranz gegenüber den Katholiken als schlechterdings unzulässig bezeichnete.