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ADB:Ernst der Jüngere

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Artikel „Ernst der Jüngere, Herzog von Braunschweig-Grubenhagen“ von Ferdinand Spehr in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 258–259, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ernst_der_J%C3%BCngere&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 03:07 Uhr UTC)
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Ernst der Jüngere, Herzog von Braunschweig-Grubenhagen, geb. 2. April 1518, † 1569[1], war der älteste Sohn Philipp des Aelteren von Grubenhagen. Schon in früher Jugend wurde er zuerst an den gräflich mansfeldschen Hof, dann an das kurfürstlich sächsische Hoflager zu Wittenberg gesendet, wo er Luther’s Predigten fleißig hörte, Grund zu einem umfassenden Wissen legte und ein eifriger Anhänger der neuen Glaubenslehre wurde, auch nicht unwahrscheinlich Rector der Universität war. Seine trefflichen Eigenschaften machten ihn zum Lieblinge des Kurfürsten Johann Friedrich, dem er überall folgte, wohin diesen das Geschick als Oberbefehlshaber des Schmalkaldischen Bundes führte. Als im J. 1545 die Schmalkaldischen Bundesgenossen gegen Herzog Heinrich den Jüngern von Braunschweig-Wolfenbüttel einen Kriegszug rüsteten, erhielt E. im sächsischen Heere eine Stellung und war in dem Treffen bei Kalefeld im Amte Westerhof bei Northeim, 12. Octbr. 1545, zugegen. Am 2. März 1547 nahm er an der Spitze eines kurfürstlichen Heerhaufenes den Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Culmbach bei Rochlitz gefangen. Nach der Schlacht auf der Lochauer Haide bei Mühlberg, am 27. April 1547, folgte E. dem Kurfürsten Johann Friedrich freiwillig in die Gefangenschaft und theilte das Loos seines fürstlichen Freundes in der kaiserlichen Haft; „er wolle es nicht besser haben, als sein lieber Herr“. Beide saßen gerade beim Schachspiel, als dem Kurfürsten das Todesurtheil verkündet wurde, wo Johann Friedrichs Ruhe und Gottergebenheit einen tiefen Eindruck auf das Gemüth des jugendlichen Herzogs machte. Kaiser Karl V. nahm es wohl auf, daß Herzog E. den Kurfürsten, welcher ihn erzogen, im Unglück nicht verlassen wollte, und wechselte ihn bald nachher gegen den Markgrafen von Brandenburg aus. – Nach der Auflösung des Schmalkaldischen Bundes kehrte E. in seine Heimath zurück, wo er auf dem Schlosse zu Salz der Helden nicht selten in Geldnoth sich befand. Als am 4. Septbr. 1551 sein Vater gestorben war, übernahm er als ältester Sohn die Regierung des Herzogthums Grubenhagen zwar allein, doch überließ er seinen Brüdern Wolfgang und Philipp nicht selten einen Antheil an derselben. Seine Regierung war eine wahrhaft väterliche. E. erwarb sich durch seine Leutseligkeit und Milde, durch sein eifriges Bemühen für das Wohl seiner Unterthanen den Namen eines der trefflichsten Regenten seiner Zeit. Es war ihm Gewissenssache, daß, wie er sich ausdrückte, in seinem armen Ländchen die Unterthanen Nahrung und Frieden [259] hätten und im Besitz der reinen christlichen Lehre geschützt würden. Besonders lenkte sich seine Aufmerksamkeit auf die Hebung des Bergbaues im Oberharze. Ihm verdankte durch Aufnahme der alten, längst verlassenen Bergwerke zur Clus bei Zellerfeld die Stadt Clausthal, die bedeutendste Stadt des Oberharzes, ihre Entstehung und ihre städtische Gerechtsame. Die im J. 1554 erlassene umfassende Bergordnung und Bergfreiheit ist ein Zeugniß in dieser Hinsicht. – Nicht minder eifrig zeigte sich Herzog E. in der Befestigung des bereits von seinem Vater eingeführten lutherischen Glaubensbekenntnisses in seinem Lande. Er hob den katholischen Gottesdienst in den Klöstern auf und empfahl den protestantischen Predigern das Evangelium rein und unverfälscht zu lehren und sich in Lebenswandel evangelisch zu zeigen. – Ungeachtet seiner unermüdlichen Thätigkeit im Lande fand er doch Zeit in fremde Kriegsdienste zu treten. Am 10. Novbr. 1556 schloß er mit König Philipp II. von Spanien auf sechs Jahre einen Dienstvertrag, in welchem er sich gegen eine jährliche Summe von 3000 Gulden verbindlich machte, dem Könige eine bestimmte Zahl Truppen zu werben und solche eintretenden Falls zu commandiren. Dieser Fall trat bereits im folgenden Jahre ein, in welchem Herzog E. um Pfingsten in Begleitung seiner Brüder Johann und Philipp mit 1150 „schwarzen Reitern“ sein Land verließ, am 28. Juli bei Marienburg zu dem spanischen Heere stieß, welches am 10. Aug. 1557, hauptsächlich durch die Tapferkeit der deutschen Hülfsvölker, bei St. Quentin über das angreifende französische Heer einen glänzenden Sieg erfocht, welcher aber dem Herzoge Johann von Grubenhagen, Ernsts Bruder, in Folge der erhaltenen schweren Verwundung am 2. Septbr. 1557 das Leben kostete. Im folgenden Jahre nahm Herzog E. an der Schlacht bei Gravelines (13. Juli 1558) Theil. Wie sehr Philipp II. die kriegerische Tüchtigkeit des Herzogs E. zu schätzen wußte, beweisen mehrere an seine Halbschwester, Margaretha von Parma, Stathalterin in den Niederlanden, gerichtete Schreiben. Als König Philipp zur Unterwerfung der empörten protestantischen Niederlande auszog, verließ E. den spanischen Kriegsdienst, da er nicht gegen seine protestantischen Glaubensgenossen kämpfen wollte, wie er sich solches ausdrücklich in seiner Kriegsbestallung ausbedungen hatte. „Wenn“, sagte Herzog E. einst, „der König von Hispanien zu mir spräche: „„Ernest Du sollt mir dienen, ohne alle Beding und Ausnahme und nichts für Dich behalten““, so wollt ich antworten: Mein lieber König, so begere ich auch nicht ewer Diener zu sein, denn meine Seligkeit, Ehre und Glimpf ist mir tausendmal lieber, denn zehntausend Welten. Ich bin bei Gotteswort auferzogen, dabei will ich mit Gottes Hülfe bleiben, so lange ich lebe.“ – Während seiner Regierung errichteten die sämmtlichen Herzöge von Braunschweig unter sich einen Vertrag, durch welchen die grubenhagensche Linie in die Mitbelehnung der braunschweigisch-lüneburgischen Länder aufgenommen und ihnen erlaubt wurde, sich Herzöge von Braunschweig und Lüneburg zu nennen, auch das ganze braunschweigische Wappen zu führen, wogegen sie sich verpflichteten, den lüneburgischen Herzögen den Vorgang in der Erbschaft Heinrichs des Jüngern und Erichs II. zu lassen. – Herzog E. starb zu Herzberg 2. April 1567, dem nämlichen Tage, an welchem er 55 Jahre vorher geboren war, und liegt zu Osterode begraben. Seine Gemahlin Margarethe, Tochter des Herzogs Georg von Pommern, welche 24. Juni 1569 starb, hat ihrem Gemahl nur eine Tochter, Elisabeth, vermählt an den Herzog Johann von Holstein, geboren. Es folgten ihm in der Regierung seine Brüder Wolfgang und Philipp der Jüngere, mit welchem die grubenhagen’sche Linie zu Ende ging.

Max, Geschichte des Fürstenthums Grubenhagen. Hannover 1862. Thl. I. – Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg. Göttingen 1855. Thl. II.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. Ernst d. J., Herz. v. Braunschw.-Grubenhagen VI 258 Z. 21 v. o. l.: 2. April 1512, † 1567 (statt 1518, † 1569). [Bd. 56, S. 396]