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ADB:Fabri de Werdea, Johannes

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Artikel „Fabri de Werdea, Johannes“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 501–503, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fabri_de_Werdea,_Johannes&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 18:50 Uhr UTC)
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Fabri de Werdea: Johannes F. d. W., Verfasser einer zu Ende des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts sehr geschätzten lateinisch-deutschen Spruchdichtung. Sein Geburtsjahr ist unbekannt, fällt jedoch sehr wahrscheinlich in die J. 1440–50. In dem Verzeichnisse des Leipziger Collegiaten des kleinen Fürstencollegs wird er (Zarncke, Urkundl. Quellen S. 765) „Suevus“ (ein Schwabe) genannt, wenn er sich daher „de Werdea“ nennt, so war ohne Zweifel Donauwörth seine Heimath, wie denn auch (Weinkauff S. 115) F. auch als Joannes Fabri de Donawerdt (Donewerd. Donenberd) vorkommt, nach welcher Stadt bekanntlich auch Sebastian Franck sich „von Wörd“ schrieb. Sein Familienname und Titel aber waren Obermayr („J. F. alia-Obermayr de W.“), und „Neperschmid, Doctor der Rechte und herzogl. sächsischer Rath“ (Weinkauff in Birlinger’s Alemannia V. 139 ff.), von denen er jedoch nie Gebrauch gemacht zu haben scheint. Im Wintersemester 1480–81 Notar oder Secretär der Leipziger Universität, führte er mit großer Sorgfalt die Protokolle derselben: „insignis Lipsensis notarius“ nennt er sich im Liber conclusorum der Universität, „secretarius“ dagegen im Statutenbuch des kleinen Fürstencollegs und auf dem Titel seiner „Proverbia“. Noch in demselben J. 1481 ward er Mitglied des kleinen Fürstencollegs (Collegium principis) und als solcher verfaßte und schrieb er eigenhändig 1497 oder 98 den neuen „Liber statuorum“ für dieses Colleg, wie er um die nämliche Zeit als Mitglied der baierischen Nation, die auch Schwaben umfaßte, auch deren Statuten revidirte und ordnete und sie unter dem Titel „Placita nationis Bavaricae“ gleichfalls eigenhändig auf Pergament niederschrieb. Nachdem er im Sommer 1486 das Rectorat der Universität bekleidet, war er im folgenden Wintersemester Decan der philosophischen Facultät. Dieses Amt verwickelte ihn jedoch in vielfache theologische Streitigkeiten und Händel der Universität und vielleicht eben deshalb sendete ihn die letztere 1491 an den Papst. Im J. 1498–99 ward er – es [502] ist ungewiß, ob durch eigenes Verschulden oder die Ränke seiner Gegner – seines Amtes als Universitätssecretär entsetzt, das er auch nie wieder erhielt. Der Schluß seiner Proverbia: „Hostibus a cunctis Deus hunc [mag. Werdea] conservet“ und auf deutsch: „Gott wölle dem Tichter vergünnen Alle seyne Feynde zcu überwinden“, gewinnt vielleicht eine speciellere Bedeutung, wenn wir uns dieser Feindschaften erinnern, denen F. schon vor der Zeit seines Decanats ausgesetzt war. F. war nicht bloß Magister, sondern auch 1486 bereits Baccalaureus in der juristischen Facultät. Später erlangte er auch das Doctorat in derselben. Ueber sein Todesjahr ist nichts bestimmtes aufzufinden. Daß er aber bis zum J. 1505 gelebt habe, erhellt aus dem Collegiaten-Verzeichnisse des kleinen Fürstencollegs. Ein jüngerer Werdea („Werdea junior“) begegnet in den Leipziger Universitäts-Acten, daß dieser aber ein Sohn unseres F. gewesen, ist nicht anzunehmen, da der letztere ohne Zweifel unverheirathet war. Wahrscheinlich ist, daß unter dem späteren Werdea, der auch im J. 1505 Joh. Fabri’s Nachfolger in der Collegiatur war, Sixtus Pfeffer de Werdea gemeint sei und der, sicherlich aus demselben Orte stammend, zu Joh. F. in sehr genauem Verhältnisse gestanden hatte. Als etwas ganz besonders Merkwürdiges führt der dem Wimpina, einem Zeitgenossen Fabri’s zugeschriebene und von J. J. Mader 1609 unter dem Titel: „Scriptorum insignium … centuria“ herausgegebene „Catalogus illustrium scriptorum“ an, daß F. auch „de quolibet“ disputirt habe, was wol nur in dem Sinne aufzufassen sein wird, daß unter seinem Vorsitze, wie zur nämlichen Zeit unter dem Wimpheling’s zu Heidelberg, eine sogenannte Questio fabulosa oder quodlibetaria gehalten worden sei (Zarncke in Haupt’s Zeitschrift X. 119 ff.). Unter seinen vielen größeren und kleineren gedruckten lateinischen Gedichten und Abhandlungen haben allein seine Proverbia bis heute zum Zwecke proverbialer Studien dauernden Werth sich erhalten, die jedoch, lateinische Distichen oder Tetrastichen mit deutschen Reimen, mehr als Sprüche, denn als Sprichwörter sich darstellen. Die erste Ausgabe erschien als „Proverbia metrica et vulgariter rytmisata …“ zwischen 1490 und 1500. Am Schluß steht das Druckerzeichen (jetzt von List und Francke in Leipzig mit einer kleinen Aenderung adoptirt) des Martinus Herbipolensis (= Stöckel); eine neue Ausgabe: Augsburg 1505 enthält nur die lateinischen Disticha. Die Anzahl aller Sprüche beläuft sich auf 428. Obgleich aber die älteste gedruckte Sammlung von Proverbien in hochdeutscher Sprache ist der Werth derselben doch nur ein secundärer, weil sie, obwol volksthümlicher Natur und ohne Zweifel der Mehrzahl nach dem Leben selbst entnommen, doch sämmtlich in harte und rauhe Verse gezwängt sind, wodurch, wenigstenis in der hier gebotenen Form, ihr ursprüngliches Colorit, ihr so zu sagen alterthümlicher Rost verwischt, ihre Natürlichkeit und Kraft gemindert und ihre Wirkung, welche bei den selbst gereimten Sprichwörtern Luther’s oder bei denen Agricola’s oder Sebast. Franck’s eine so unmittelbare und schlagende ist, geschwächt wird und zum Theil gänzlich verloren geht. Dazu kommt, daß nur etwa die Hälfte, gegen 200, das echte Siegel des Sprichworts tragen, während die anderen lediglich aus allgemeinen Moralsätzen, Sentenzen, Reflexionen und versificirten Bibelsprüchen bestehen. Was aber die lateinischen Distichen oder Tetrastichen betrifft, so stellt sich das Verhältniß noch ungünstiger, unter diesen lassen sich nur 53 finden, in denen eine deutsche, oft weit zurückreichende Wurzel ruht.

Ob jener „Joannes de Werdea“ den eine Papierhandschrift zu Donaueschingen (Barack S. 10) als Verfasser eines lateinischen Epigramms auf den Kaiser bezeichnet, identisch mit unserem Werdea sei, ist ungewiß. Ein Codex der Münchener Bibliothek (T. I. P. II. p. 164. N. 4423) enthält aus den J. 1481–82 unter andern Stücken auch „Fratris Jeronimi monachi Lunebacensis [503] (Mondsee im österreichischen Innkreis) qui quondam dicebatur Johannes de Werdea natione Suevi psalterium sub carminis nota „Aue uiuens hostia“ decantandum“. Und ebendaselbst Fol. 67–75: „Johannis de Werdea legenda Wolfgangi metrice conscripta“. Unter dem Namen: „Jeronimus de werdea“ findet sich außerdem (ibid. Fol. 35) ein carmen: „O muoter der parmhertzikait“ und Fol. 205–9 ein „Tractatulus de contemplatione“. Ob auch diese Gedichte den Leipziger Werdea zum Verfasser haben, bedarf der weiteren Untersuchung, ebenso, ob er es sei, dem die Verfasser der „Epistolae obscur. vir.“ die Ehre erwiesen, ihn als „Frater Joannes de Werdea“ der Zahl ihrer Briefschreiber an Ortuinus Gratius einzureihen. Sein Brief, der an zierlicher Latinität (attico lepore referta) dem der anderen Magistri nicht nachsteht, ist (fingirt): datum Rome. Jedenfalls war Werdea zur Zeit der ersten Veröffentlichung der Epistolae bereits gestorben. Wie er indessen über die „Romfahrer“ dachte, zeigt der bekannte Spottvers in seinen Proverbia (159), der sich auch als Motto auf einer o. O. (in Aegypto minori) excusum A. D. 1520 erschienenen Satire findet, vergl. Seb. Franck, Sprichwörter I, 81b.: „Der gen Rom zeucht, der sucht einen schalck, Zum andern mal findt er jn, Zum dritten bringt er jn mit jm“.

Vgl. Zarncke, Deutsche Universitäten im Mittelalter, S. 258 ff. (dessen aus den Leipziger Universitäts-Acten geschöpften biographischen Mittheilungen wir in Vorstehendem größtentheils gefolgt sind); dessen urkundliche Quellen S. 615. Böcking, Supplem. ad Ulr. Hutten. p. 499. Schelhorn, Ergötzlichkeiten II. S. 620. Fabricius, Biblioth. lat. med. et infim. aetat. II. p. 416. Hoffmann v. Fallersleben in d. Weimar. Jahrbb. II. S. 183–86. Weinkauff in d. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins XI. S. 113 ff. und in Birlinger’s Alemannia V. 139–141.