Zum Inhalt springen

ADB:Göbel, Johann Wilhelm von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Göbel, Johann Wilhelm von“ von Hermann Müller (Bibliothekar) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 297–299, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:G%C3%B6bel,_Johann_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 10:32 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Gobel, Konrad
Band 9 (1879), S. 297–299 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Wilhelm von Göbel in der Wikipedia
Johann Wilhelm von Göbel in Wikidata
GND-Nummer 100150497
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|297|299|Göbel, Johann Wilhelm von|Hermann Müller (Bibliothekar)|ADB:Göbel, Johann Wilhelm von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100150497}}    

Göbel: Johann Wilhelm von G., ward am 21. (nicht am 25. wie man öfter angegeben findet) März 1683 in Höxter, als Sohn des früheren Pfarrers in Amelunxen, späteren Predigers in Höxter Franz G. geboren. Von Natur sehr glücklich beanlagt, schien sich in unserm G. Alles was seine Vorfahren väterlicher- und mütterlicherseits an geistigen Gaben und Tugenden gehabt hatten, zu vereinigen. Schon im zartesten Alter traten die außergewöhnlichen Anlagen des Knaben deutlich hervor und die gewissenhaften Eltern suchten sie auf alle mögliche Weise zu fördern und zur Entwicklung zu bringen. Anfänglich durch die Privatunterweisung des Vaters gebildet, wurde er später dem Jesuitencollegium in Hildesheim zu weiterer Ausbildung anvertraut. Damals galten auch noch in Deutschland die Väter der Gesellschaft Jesu für die qualificirtesten Lehrer der Jugend, welche nicht nur begabten, sondern auch wenig [298] beanlagten Knaben sich trefflich zu accomodiren verständen. Und G. machte unter der Leitung der Jesuiten so staunenswerthe Fortschritte, daß er in ganz ungewöhnlich jungen Jahren die Universität Jena beziehen konnte und dort bereits im 17. Lebensjahre die philosophische Doctorwürde erlangte. Anfänglich dem Studium der Theologie zugewendet, ging er bald zur Rechtswissenschaft über. Als er Jena verließ, war es seine Absicht in Königsberg seine Studien fortzusetzen, vorab aber Kopenhagen, welches in jener Zeit durch seine wissenschaftlichen wie Kunstanstalten eine besonders hervorragende Stelle einnahm, zu sehen. Er that es, kehrte auf Lübeck zurück und gedachte mit dem nächsten Schiff nach Königsberg zu fahren. Eine zufällig auf dem bereits bestiegenen Schiff gemachte Bemerkung änderte seinen Vorsatz und er verließ dasselbe wieder. Das Schiff ging nach einigen Tagen bei einem heftigen Unwetter mit Mann und Maus zu Grunde. G. ging nunmehr auf anderem Wege nach Königsberg, hielt sich daselbst anderthalb Jahre auf, besuchte dann Rinteln und darauf Helmstädt. Auf beiden Universitäten machte er sich durch öffentliche Disputationen bekannt. In Helmstädt wurde er Informator der Söhne des Hofraths Müller, begleitete darauf als Gouverneur einige Jahre den Sohn des Generalissimus der hannöverschen Armee Baron von Bülow auf die Universitäten Utrecht und Leyden. Die in Leyden mit Vitriarius und van der Noodt angeknüpfte Bekanntschaft und der freundschaftliche Umgang mit diesen Männern gewährten ihm besondere Anregung und waren für seine spätere Richtung in der Rechtswissenschaft von bestimmendem Einfluß. Auf der Rückreise besuchte er Frankreich, nahm in Straßburg längeren Aufenthalt und lebte hier in innigem Verkehr und Freundschaft mit Obrecht, Feltz und Schertz. Hierauf bereiste er noch die hauptsächlichsten Städte von Deutschland und kehrte nach Hannover zurück, wo er anfänglich die Laufbahn eines praktischen Juristen einschlug, glücklicherweise bald mit Leibniz in Verbindung kam, der ihn wegen seiner ausgezeichneten Geschichtskenntniß wie einen Sohn liebte und bei der Bearbeitung der Scriptores Rerum Brunsvicensium sich seiner Mitarbeiterschaft und Hülfe bediente. Damals beschäftigte sich Leibniz auch mit den Vorarbeiten einer reconcinnirten Ausgabe des Corpus juris civilis. Da er selbst jedoch an dem Zustandebringen verzweifelte, übergab er alle seine Vorarbeiten G. zum Geschenk, mit dem Auftrage, die Arbeit zu vollenden. Auch G., dem diese Arbeit übrigens sehr am Herzen lag, ist nie zu ihrem Abschluß gelangt. Der Ruf gründlicher Gelehrsamkeit, welchen G. sich erworben hatte, bewog die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg ihm 1717 eine ordentliche Professur der Rechte in Helmstädt zu verleihen. Noch in demselben Jahre ging er nach Rinteln, um die juristische Doctorwürde zu erwerben. Nicht allein seiner akademischen Thätigkeit wendete er einen seltenen Fleiß zu, sondern er unterrichtete außer den öffentlichen Vorlesungen in Repetitorien und Examinatorien fast täglich acht Stunden. Sein Privatunterricht und der persönliche Umgang mit ihm waren sehr gesucht und sein Haus meistentheils die Wohnung der in Helmstädt studirenden jungen Grafen. Seine Gutachten in Rechtsangelegenheiten wurden vielfach auch von Auswärtigen begehrt. Die Rectorwürde bekleidete er sechsmal, das Decanat der juristischen Facultät verwaltete er gleichergestalt sechs mal. Im J. 1727 verlieh man ihm auch auf Lebenszeit die Oberaufsicht des Convicts, ein Amt welches bis dahin jährlich unter den Professoren gewechselt hatte, und er hat auch in diesem Amte sich als treuen, gewissenhaften Mann, der die Uebervortheilung zum Nachtheil der Convictualen im Zaume zu halten wußte, erwiesen. Er war ferner und so lange Collator des beträchtlichen Brandes’schen Stipendiums, welches nur für geborene Hildesheimer bestimmt war, bis dasselbe auf Göttingen übertragen wurde. Obgleich durch eine mannichfaltige akademische Thätigkeit und viele Nebengeschäfte außerordentlich [299] in Anspruch genommen, unternahm er doch 1727 die mühevolle Arbeit einer Sammlung und Neuherausgabe aller Schriften von Hermann Conring, die er 1730 in 7 Bänden in Folio vollendet sah und dem gelehrten Publicum übergeben konnte. Er hat bei dieser Arbeit nicht allein die Conring’schen Schriften, namentlich den Tractatus de finibus imperii Germanici mit sehr werthvollen Anmerkungen bereichert, sondern auch viel Ungedrucktes aus dem Nachlaß des Verstorbenen hinzugefügt. 1730 verheirathete er sich mit Sophia Dorothea, ältesten Tochter des Grafen Georg von Lippe-Braack, des Generalissimus des braunschweigischen Truppencontingents. Er zeugte mit ihr 2 Söhne und 2 Töchter. In eben demselben Jahre wurde er von Kaiser Karl VI. in den Adelsstand erhoben, auch von dem Herzog von Braunschweig August Wilhelm zum Hofrath und Assessor des Braunschweigischen Hofgerichts ernannt. Das letztere Amt gab er, mit Einwilligung des Herzogs, später wieder auf, weil die akademischen Geschäfte und die Arbeiten beim Spruchcollegium seine ganze Thätigkeit in Anspruch nahmen. Bei Einweihung der neu errichteten Universität Göttingen vertrat er als Deputirter, im Auftrag der Herzöge, die Universität Helmstädt. Als 1741 Johann Paul Kreß starb, wurde G. Professor primarius der juristischen Facultät in Helmstädt. Schon mehrere Jahre vor seinem Tode mit der Steinkrankheit behaftet, trat dieselbe im Anfange des Jahres 1745 mit besonderer Heftigkeit auf. Seinen nahe bevorstehenden Tod ahnend, ließ er sich am 1. März die Sterbesacramente reichen und starb am 6. März Nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr, 61 Jahr 11 Monate 11 Tage alt. Seine Leiche wurde am 9. März Abends in der Universitätskirche beigesetzt. Seiner Ausgabe der Werke Hermann Conring’s ist bereits vorher gedacht. Außer dieser großen Arbeit ist das umfangreiche Werk „Helmstädtische Nebenstunden“, Thl. I–VI (Helmstädt 1735–41. 4°.) aus seiner Feder hervorgegangen, an kleineren Schriften, Dissertationen und Programmen hat er 57 verschiedene Stücke drucken lassen. Von einem sehr groß und weitläufig angelegten Werke „Jus sacrum Romano-Germanicum“ ist nur der Conspectus erschienen, die Ausführung desselben aber nie gedruckt.

Vgl. Christian Breithaupt, Memoria Guilelmi de Goebel. Helmstadii 1745. 4°. (38 p.).