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ADB:Gerstel, August

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Artikel „Gerstel, August“ von Joseph Kürschner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 60, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gerstel,_August&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 08:08 Uhr UTC)
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Gerstel: August G., gediegener Buffosänger und Schauspieler, geboren 1807 zu Boitzenburg als Sohn des nachmaligen Theaterdirectors Wilhelm G., gestorben am 15. December 1874 in Stuttgart, folgte, obgleich für das Baufach bestimmt, einem mächtigen Zug zur Bühne, die er 1825 in Meißen betrat. Erst im recitirenden Drama beschäftigt, spielte G. später und nachdem der Musikdirector Hörger in Bamberg seiner trefflichen Baßstimme Pflege hatte angedeihen lassen, auch in der Oper. Erst Mitglied der Gesellschaft seines Vaters, dann bei der reisenden Truppe des Directors Förster, ging G. 1830 nach Lübeck, 1833 nach München, 1835 nach Zürich und 1837 nach Stuttgart, wo er, mit Ausnahme der Jahre 1841–46, während derer er in Wiesbaden (1841–43), Hamburg (1844–45) und Köln (1846) wirkte, bis an sein Ende verblieb. Glücklich beanlagt für komische Charakterrollen, ein trefflicher Darsteller der Shakespeare’schen Clowns, des Rüstig, Wallheim, Vansen, Adam u. A., gelangen G. auch die Buffopartien der Oper ungemein. Wie früher in Köln, war der Künstler später auch in Stuttgart neben seiner Thätigkeit als Darsteller, Regisseur. Ein Bruder des Genannten

Wilhelm G., ebenfalls bekannter Bühnenkünstler, war geboren am 2. October 1809 zu Goslar (nach Angabe seines Sohnes) und starb in der Nacht vom 11. zum 12. März 1877 zu Petersburg, wo er seit 1860 zu den vorzüglichsten Kräften des Hoftheaters gehörte. Ein wirklich bedeutender Charakterschauspieler, den u. A. Rötscher sehr hoch stellte, hat G. schon mit 7 Jahren die Bretter betreten und dann nach stürmereicher Entwicklung an vielen deutschen Theatern Triumphe gefeiert. Bereits vor 1832 war G. in Petersburg engagirt und gab damals Rollen, wie den Masetto im „Don Juan“, den Dandolo in „Zampa“ u. A. Von 1839–40 nahm der Künstler unter Fr. Birch-Pfeiffer’s Direction Engagement in Zürich, wurde aber von hier polizeilich ausgewiesen, weil er Hürlimann-Landis[WS 1] auf der Bühne copirt hatte. Nach diesem zwangsweisen Abschied von Zürich, engagirte sich G. von 1841–44 in Wiesbaden, nahm 1845 am Hamburger, 1846 am Kölner Stadttheater Stellung, ging 1847 nach Berlin, wo er im alten Königstädter Theater allein zwanzig Mal als Lumpensammler von Paris auftrat, spielte 1849 und 1859 in Danzig, 1850–52 in Stettin, 1853 in Karlsruhe, 1854 in Leipzig, 1855 in Hamburg, 1856 in Trier, 1857 in Mainz und 1858 in Breslau, bis er endlich nach diesen theatralischen Kreuz- und Querzügen 1860 in Petersburg in den Hafen eines dauernden Engagements einlief, einer ihm angebotenen Stellung am Stuttgarter Hoftheater entsagend. Waren früher Rollen, wie der Tischlermeister Anton in Hebbel’s „Maria Magdalena“, den er zuerst gab, Vansen, Klosterbruder, Caligula u. A. hervorragende Leistungen von ihm, so glänzte er während der Petersburger Periode als alter Fritz („Königs Befehl“), alter Moor, Wurm, Weber Habakuk („Royalisten“) etc. – Die sterblichen Ueberreste Gerstel’s ruhen in deutscher Erde – in Hannover.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hans Jakob Hürlimann-Landis (1796–1853), schweizerischer Textilindustrieller und Politiker