Zum Inhalt springen

ADB:Geßner, Georg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Geßner, Georg“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 96–97, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ge%C3%9Fner,_Georg&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 23:38 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Gesner, Andreas
Band 9 (1879), S. 96–97 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Georg Gessner in der Wikipedia
Georg Geßner in Wikidata
GND-Nummer 116600101
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|96|97|Geßner, Georg|Georg von Wyß|ADB:Geßner, Georg}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116600101}}    

Geßner: Georg G., Dr. theol., Antistes in Zürich, geboren am 16. März 1765, † am 28. Juli 1843; nimmt unter den Männern, die mit und nach J. C. Lavater und J. J. Heß (s. diese) in Zürich und in weiteren Kreisen für Pflege und Verbreitung eines lebendigen Christenthums auf Grundlage der Offenbarung thätig waren, eine vorzügliche Stelle ein. Nicht von so überragenden Geistesgaben wie Lavater, nicht so gelehrt wie Heß, stand G. Beiden an Festigkeit und Wärme seiner Ueberzeugungen, an Treue im erwählten Lebensberufe gleich und erwarb sich als Prediger und Seelsorger, als Lehrer von Studirenden und Schülern, als Vorsteher der zürcherischen Landeskirche, sowie durch vielseitige außeramtliche Thätigkeit für religiöse und wohlthätige Zwecke hohes Verdienst. Jüngster Sohn eines wackern Landgeistlichen empfing er frühe die entscheidenden Anregungen für seine Berufswahl, studirte in Zürich unter J. J. Steinbrüchel und J. J. Hottinger (s. diese), erhielt 1787 die Ordination als Geistlicher, ward 1791 Diacon und 1794 Pfarrer am Waisenhaus in Zürich, 1795 Diacon und 1799 Pfarrer an der Fraumünstergemeinde daselbst; 1798 zugleich auch Professor der Pastoraltheologie, ein damals in Zürich neues, zuerst von G. aus eigenem Antriebe in Privatvorlesungen gelehrtes Fach. Ueber 33 Jahre lang bekleidete G. dies Pfarramt am Fraumünster, die Zeit seiner vollsten Kraft und rüstigsten Wirkens; eine Epoche, in welcher die Kriegsjahre von 1798–1803 die eingreifendste Umwälzung aller politischen und gesellschaftlichen Zustände in der Schweiz herbeiführten. 1789 hatte Lavater den um vierundzwanzig Jahre jüngeren angehenden Amtsgenossen aufs wohlwollendste aufgenommen; bald zählte G. zu seinen näheren Freunden, ward 1795 sein Schwiegersohn und blieb nun in engster Verbindung mit ihm, deren Denkmal Geßner’s ausführliche „Lebensbeschreibung J. C. Lavaters“ (3 Bde., Winterthur 1802–3) bildet. G. nahm an Lavater’s Bestrebungen vielfachen Antheil, stand Letzterem bei allen Angriffen, die gegen ihn erfolgten, treu zur Seite, behielt sich aber doch durchaus freie Stellung gegenüber vielen Anschauungen und Schritten, zu welchen Lavater durch seinen phantasievollen, sprühenden und oft über alle Schranken der Wirklichkeit hinwegsetzenden Geist sich getrieben fühlte. Eine ruhigere Betrachtungsweise der Dinge, nüchterne Erwägung gegebener Verhältnisse nach Sachen und Personen waren G. bei aller inneren Wärme und Entschiedenheit eigen. Durch Beobachtung und Erfahrung fand er sich zudem von anfänglich engeren, fast ängstlichen Anschauungen nach und nach zur Ueberzeugung geführt, daß wirkliches Bekenntniß zu Christo und ein Leben in ihm auch unter verschiedenen äußeren Formen stattfinden könne, und legte mehr und mehr allein darauf Nachdruck, das ihm Wesentliche, wo sich Gelegenheit darbot, zu fördern. In diesem Sinne hielt G. sich von jedem Eingreifen in die politischen Bewegungen der Zeit fern, beschränkte sich auf das Gebiet der religiösen und sittlichen Interessen, entfaltete aber für diese eine immer mannichfachere und eifrigere Thätigkeit. Als Mitglied des cantonalen zürcherischen Erziehungsrathes 1803–30, als Mitglied und seit 1809–40 Vorstand der Aufsichtsbehörde der höheren städtischen Mädchenschulen nahm er sich des Schulwesens an. Mit Heß, Rathsherr D. Lavater und Diacon Breitinger gründete er 1812 die zürcherische Bibelgesellschaft, mit J. H. Breitinger und einigen Freunden 1819 [97] einen Missionsverein, aus welchem 1828 die zürcherische Missionsgesellschaft erwuchs. 1816–26 führte er die Redaction des in Basel erscheinenden, vielgelesenen „Sonntagsblattes“, und veröffentlichte während einer Reihe von Jahren Predigten, Betrachtungen, kleinere biographische Denkmale und Erbauungsbücher, die alle in einem weiten Leserkreise willkommenste Aufnahme fanden. Auch bei Werken der Wohlthätigkeit, wie z. B. bei Unterstützung der durch den Krieg verheerten Bergcantone in den Jahren 1798 und folgenden, wirkte G. kräftig mit. In solcher Thätigkeit hatte er das vierundsechszigste Altersjahr erreicht, als ihn die oberste Landesbehörde am 18. Juni 1828 zum Nachfolger des kurz zuvor verstorbenen Heß in der Würde des Antistes, d. h. des Vorstehers der zürcherischen Landeskirche, berief; einem Amte, von welchem er, bei Hessens Kränklichkeit, schon seit 1820 manche wesentliche Verrichtungen, insbesondere den Vorsitz in der Synode, stellvertretungsweise versehen hatte. Mit dem Amte war dasjenige eines Pfarrers an der Hauptkirche der Stadt, dem Großmünster, verbunden, so daß G. nun von der Fraumünstergemeinde scheiden mußte. Neun Jahre lang führte er die ihm übertragene Leitung der zürcherischen Kirche, bis ansteigendes Alter, eine Krankheit, die ihn anfangs 1837 heimsuchte, und die Aufgaben und Bedürfnisse einer angebrochenen neuen Zeit ihn mit dem Verlangen erfüllten, das Steuer einem jüngeren Manne zu übergeben. Am 26. September 1837 legte er die Würde eines Antistes nieder, blieb aber im Pfarramte am Großmünster, das die Kirchenordnung vom J. 1833 von jener Stelle gelöst hatte, und widmete sich nun ganz seiner besonderen Gemeinde. Als das fünfzigste Jahr seines Wirkens im geistlichen Amte verfloß, feierte Zürich den hochverdienten Greis am 21. October 1841 durch ein Fest seltenster Art, das die Vertreter der zürcherischen und anderer schweizerischer Kirchen, der Obrigkeit, der Gemeinde und aller Kreise der Bevölkerung um G., ehrend und beglückwünschend, in schönster Einmuth versammelte. Im zweiten Jahre darauf schloß Geßner’s irdische Laufbahn.

Finsler, Dr. G., Georg Geßner, weil. Pfarrer am Großmünster und Antistes in Zürich; Basel, Bahnmaier, 1862. (Mit vollst. Verzeichniß von Geßner’s Schriften. Die dortige Angabe des 11. März als Geburtstag Geßner’s wird vom Verfasser selbst wie oben angegeben berichtigt.) – Denkschrift zur Erinnerung an die Jubelfeier der fünfzigjährigen Amtsführung Sr. Hw. Herrn Alt-Antistes Dr. G. Geßner; Zürich, Orell, Füßli u. Co., 1841.