Zum Inhalt springen

ADB:Giesel, Franz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Giesel, Franz“ von Moritz Cantor in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 349–350, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Giesel,_Franz&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 13:12 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 49 (1904), S. 349–350 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Oktober 2016, suchen)
Franz Giesel in Wikidata
GND-Nummer 13644914X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|49|349|350|Giesel, Franz|Moritz Cantor|ADB:Giesel, Franz}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=13644914X}}    

Giesel: Karl Franz G., Mathematiker und Schulmann, wurde am 11. November 1826 in Torgau geboren, studirte 1845–1848 in Berlin, wo Dirichlet und Jacobi zahlreiche begabte Schüler um sich vereinigten, und begann schon 1849 vor zurückgelegtem 23. Jahre seine mathematische Lehrthätigkeit am Gymnasium seiner Vaterstadt Torgau. Sein dortiges Gymnasialprogramm von 1857 „Geschichte der Variationsrechnung 1. Theil“ zog die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich und wurde von allen Fachmännern aufs günstigste [350] beurtheilt. Sei es infolge dieses Bekanntwerdens von Giesel’s Namen als Schriftsteller, sei es daß seine ausgezeichneten Leistungen als Lehrer Anerkennung fanden, im J. 1858 wurde er als Localschulinspector in Delitzsch angestellt, womit er eine Lehrthätigkeit am Realprogymnasium und an einer von ihm gegründeten Mädchenschule verband. Der Zeit unmittelbar vor der Uebersiedlung nach Delitzsch gehört eine Abhandlung „Leibnizens Anspruch auf die Erfindung der Differentialrechnung“ an, welche in der Kritischen Zeitschrift für Chemie, Physik und Mathematik erschien, die damals unter Mitleitung des Verfassers dieser Biographie in Erlangen herausgegeben wurde. Dem Aufenthalte in Delitzsch entstammt ein kleines Programm über einen besonderen Fall des Drei-Körper-Problems (1865) und die eingehende Kritik von Gerhardt’s Ausgabe von Leibnizens mathematischen Schriften im X. Bande der Zeitschr. f. Math. u. Phys. (1865), sowie die Abhandlung „Entstehung des Newton-Leibniz’schen Prioritätsstreites hinsichtlich der Erfindung der Infinitesimalrechnung“ (1866). Versuche, G. nach Heidelberg zu ziehen, mißlangen, da man dort nicht im Stande war, einen solchen Gehalt zu zahlen, wie jener ihn beanspruchen konnte und seiner Familie wegen mußte. Dagegen ging G. 1868 als Director der Realschule nach Leer. Die litterarische Frucht seines dortigen Aufenthaltes war das Programm „Jakob Bernoulli“ (1869). Ein letzter Wohnungswechsel führte G. 1873 nach Leipzig als Director der Realschule, des späteren Realgymnasiums. In dieser Stellung verblieb er bis zu seinem am 11. März 1892 erfolgten Tod. G. war eine ungemein liebenswürdige, bescheidene Natur. Wer die Bedeutung seiner wissenschaftlichen Leistungen nicht kannte, kam leicht in Versuchung, sie nach dem persönlichen Eindruck des einfachen Mannes zu unterschätzen. Das Gebiet, auf welchem G. schriftstellerisch thätig war, ist ja ein der Zeit nach eng begrenztes, das letzte Viertel des 17. Jahrhunderts etwa, aber dieses Gebiet beherrschte er wie kein Anderer. Auch seine letzte Veröffentlichung von 1884, die an ihrem 200jährigen Geburtstage vollzogene neue Drucklegung von Leibnizens „Methodus etc.“ von 1684, gehört demselben Gebiete an. Die Geschichte der Mathematik hat allen Grund, zu beklagen, daß G., von Berufsgeschäften überhäuft, nicht mehr Zeit auf schriftstellerische Thätigkeit verwenden konnte, und daß er insbesondere der Torgauer Abhandlung niemals die versprochene Fortsetzung folgen ließ.