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ADB:Glogau, Henrik

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Artikel „Glogau, Henrik“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 397–399, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Glogau,_Henrik&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 18:49 Uhr UTC)
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Glogau: Henrik (später Heinrich) G., Geograph und Nationalökonom, wurde am 29. Juli 1821 zu Bergen in Norwegen als Sohn eines reichen Großkaufmanns von deutscher Herkunft geboren. Nach dem frühen Tode des Vaters begab sich die Mutter mit ihrem einzigen Kinde nach Deutschland. Der Knabe verlebte eine fröhliche Jugend voll Sonnenschein und wurde durch Privatunterricht gebildet, bis er für die Universität reif war. Zunächst studirte er in Gießen vorzüglich unter Justus von Liebig’s Leitung Chemie und Naturwissenschaften. Hierauf wendete er sich in Jena der Medicin zu. Da ihm aber diese nicht zusagte, ging er zur Philosophie und endlich zur Nationalökonomie über. Doch fand er bei keiner Wissenschaft volle Befriedigung. Vielmehr beschäftigte er sich am liebsten mit Musik, Kunst und Dichtung. Da er hoffte, in einem Mittelpunkte des deutschen Buchhandels seinen Neigungen am bequemsten und erfolgreichsten nachgehen zu können, begab er sich nach Stuttgart. [398] Hier knüpfte er Beziehungen zu zahlreichen Künstlern und Schriftstellern an und gründete mit ihrer Unterstützung eine Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaften und schönen Künste, die er „Bergwerk“ nannte. Am engsten schloß er sich an den Novellisten und Lustspieldichter Friedrich Wilhelm Hackländer an, der sein poetisches Talent erkannte. Auf seine Anregung hin veröffentlichte er theils anonym, theils unter dem Pseudonym Gotthold Logau verschiedene Novellen, die meist in belletristischen Zeitschriften erschienen, und drei Dramen: „Ein deutsches Herz“, „Arnold von Brescia“ und „Der Turm des Sisebut“, die zwar auf den Bühnen zu Stuttgart, Frankfurt und Weimar aufgeführt wurden, sich aber nicht auf dem Spielplan zu erhalten vermochten. Das bedeutendste unter diesen Stücken ist das erstgenannte, das sich mit der Person und dem tragischen Schicksal Ulrich’s von Hutten beschäftigt und um seiner deutschnationalen Tendenz willen auf dem Frankfurter Theater in den Tagen des deutschen Parlaments sehr beifällige Aufnahme fand. Unterdessen hatten sich G1ogau’s wirthschaftliche Verhältnisse wesentlich verschlechtert, und da er von Jugend auf gewöhnt war, in behaglichem Wohlstande zu leben, drückten ihn jetzt die Sorgen und Entbehrungen um so schwerer. Er war deshalb genötigt, sich nach einer festen Lebensstellung umzusehen. Da er in Stuttgart kein geeignetes Unterkommen fand, siedelte er 1853 nach Frankfurt über. Um völlig mit seiner dichterischen Vergangenheit zu brechen, verbrannte er sämmtliche in seinem Besitz befindliche Exemplare seiner dramatischen Werke, so daß nur wenige rechtzeitig in Freundeshände übergegangene erhalten sind. In seinem neuen Wohnorte hatte er mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zunächst lieferte er geographische und handelspolitische Aufsätze für Tagesblätter und wissenschaftliche Zeitungen. 1858 versuchte er selbst eine Zeitschrift unter dem Titel „Der Compaß, Archiv für das gesammte Gebiet der Volkswirthschaft mit besonderer Berücksichtigung Deutschlands und deutscher Interessen“ zu gründen, doch mußte sie bereits im nächsten Jahre wegen Mangels an Unterstützung ihr Erscheinen wieder einstellen. Dasselbe Schicksal erlitt ein anderes Unternehmen, die „Skandinavische Correspondenz.“ Endlich erhielt er 1863 eine gesicherte, seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Stellung als Secretär der Frankfurter Handelskammer. Die Jahresberichte dieser Corporation seit 1864 legen ein rühmliches Zeugniß dafür ab, mit welchem Fleiß und Erfolg er sich seinem Amte widmete. Besondere Verdienste erwarb er sich auch um den Frankfurter Verein für Geographie und Statistik, dem er seit 1856 als Mitglied, seit 1862 als Vorstand der geographischen Abtheilung und seit 1873 als Vorsitzender angehörte. Durch seine unermüdliche Thätigkeit hob sich der Verein rasch und zählte bald zu den angesehensten und einflußreichsten in seiner Art, so daß er nicht nur verschiedene geographische Expeditionen nach den Polargegenden und nach Afrika mit ansehnlichen Geldbeiträgen unterstützen, sondern auch berühmte Forscher und Reisende als Gäste und Vortragende bei sich begrüßen konnte. Auch G. selbst regte das wissenschaftliche Leben im Verein durch zahlreiche Vorträge an. Seit 1865 hielt er alljährlich einen Cyclus von Vorlesungen über die neuesten Fortschritte der Erdkunde und die damit zusammenhängenden Zeitereignisse. Dabei legte er die wichtigsten neu erschienenen geographischen Bücher und Karten vor und ging auf ihre Bedeutung ein. Diese Vorlesungen, die wegen ihrer Gründlichkeit, Klarheit und Formvollendung allgemeinen Beifall fanden, setzte er auch fort, als ihn 1874 infolge Ueberarbeitung und infolge der Aufregungen, die der Tod seiner Mutter für ihn mit sich brachte, ein schweres Gehirnleiden befiel, das langsam, aber unaufhaltsam zunahm und am 17. August 1877 nach schweren Qualen seinen Tod herbeiführte. An gedruckten Werken wissenschaftlichen Charakters hinterließ er [399] eine Stammtafel des schleswig-holsteinischen Fürstenhauses von 1460 bis auf die Gegenwart (Cassel 1864), eine Festrede zur Feier des hundertjährigen Geburtstages Alexanders von Humboldt (Frankfurt 1869) und eine unvollendete Handelsgeographie der europäischen Staaten (Stuttgart 1874–1877), die einen Theil von Karl Andree’s Geographie des Welthandels bildete.

Jahresbericht des Frankfurter Vereins für Geographie und Statistik, Jahrgang XL–XLII, 1875–1878. Frankfurt 1878. S. XIV–XVI.