Zum Inhalt springen

ADB:Gobelin

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gobelinus Person“ von Theodor Lindner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 300–301, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gobelin&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 16:55 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Goebel, Maximilian
Nächster>>>
Göbler, Justin
Band 9 (1879), S. 300–301 (Quelle).
Gobelin Person bei Wikisource
Gobelin Person in der Wikipedia
Gobelin Person in Wikidata
GND-Nummer 119067323
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|300|301|Gobelinus Person|Theodor Lindner|ADB:Gobelin}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119067323}}    

Gobelinus Person oder Persona, geb. 1358, † nach Januar 1421, Geschichtsschreiber, entstammte einem angesehenen Bürgergeschlechte Paderborns. Er zog nach Italien und fand dann Stellung in der päpstlichen Kammer Urbans VI., dessen Wahl 1378 das große Schisma veranlaßt hatte. Mit treuer Liebe hat G. allezeit an seinem Herrn gehangen, obgleich dieser sich durch seine maßlose Leidenschaftlichkeit ebenso zu den größten politischen Fehlern, wie zu Handlungen der äußersten Rohheit hinreißen ließ und daher fast allgemein Haß und Verachtung fand. Auch die traurige Zeit, welche Papst und Curie in eigensinniger Verbannung in Nocera zubrachten, durchlebte G. zum Theil mit, bis er von Urban nach Benevent geschickt wurde, wo er sich von nicht geringen Gefahren und Beschwerden umringt sah. Als der Papst auf seiner Flucht dorthin kam, schloß sich G. ihm wieder an und gelangte so nach Genua. Aber da er bei der Kurie nicht das gehoffte Glück fand, ging er, nachdem er 1386 die Priesterweihe erhalten, nach Deutschland zurück. Wenn sein späteres Leben ihn auch nicht mehr in so abenteuerliche Verhältnisse und in so enge Beziehungen zum großen Weltlauf führte, so bot es ihm doch Arbeit und Mühsal genug. Aeußerlich gestaltete sich seine Stellung zwar recht günstig: er wurde 1389 Rector der Kapelle zur heil. Dreifaltigkeit in seiner Vaterstadt Paderborn, später erhielt er eine Pfarrstelle an der Marktkirche, und Bischof Wilhelm ernannte ihn zum Official des geistlichen Gerichtshofes und zum Dechanten des Collegiatstiftes in Bielefeld. Der rege und thatkräftige Eifer, mit welchem G. daran ging, die arg verfallene klösterliche Zucht wiederherzustellen, die Entschiedenheit, mit welcher er auch den Stadtbehörden gegenüber seine kirchlichen Anschauungen verfocht, zogen ihm manche Anfeindungen zu, ohne daß er sich in seiner Ueberzeugung wankend machen ließ; lieber gab er irdische Vortheile auf. Auch der üble Gang der großen Kirchenreform, die er mit ganzer Seele ersehnte, erfüllte ihn mit bitterer Betrübniß. Noch einmal im J. 1410 reiste er, wahrscheinlich von seinem Bischofe gesandt, nach Italien; weltmüde zog er sich einige Jahre später in das von ihm reformirte Kloster Boeddeken zurück, in welchem er im Januar 1421 sein Testament machte und wol bald darauf die letzte Ruhestätte fand. Wie G. sich als Mensch und in seinem Amte trefflich erwies, so ist er auch nicht ohne Bedeutung als Geschichtsschreiber. Er verfaßte, mit guten litterarischen und historischen Kenntnissen ausgerüstet, eine große Weltchronik, an welcher er gegen dreißig Jahre arbeitete und welche er selbst „Cosmodromium“ nannte. Eingetheilt ist sie in sechs Bücher nach den sechs Weltaltern; von diesen ist nur das letzte, welches an Umfang die anderen zusammen weit übertreffend die Zeit nach Christus bis zum Jahre 1418 behandelt, für uns von Werth. Einmal hat G. dort Quellen benutzt, welche uns sonst verloren sind, wie die Paderborner Annalen; dann aber gibt er für die letzten Jahrzehnte, in denen er selbst die Dinge miterlebte, uns reichhaltige Nachrichten [301] theils über sein westfälisches Heimathland, theils über die kirchlichen Verhältnisse, welche den Charakter jener Zeit bestimmen. Als litterarisches Kunstwerk ist freilich das Cosmodromium nur sehr gering anzuschlagen – G. stand wol mitten in seiner Zeit, doch ist er ihr nirgends voraus –, aber mit Recht ist in neuerer Zeit der Werth des Inhaltes betont worden, welcher durch die freimüthige Art, mit der G. seine Ansichten ausspricht, durch die verständige Theilnahme, welche er den Ereignissen widmet, noch gesteigert wird. Mehre kleine, zum Theil poetische Nebenwerke scheinen verloren zu sein. Das Cosmodromium ist gedruckt bei Meibom, Script. I; die Litteratur über G. hat Lorenz in Deutschlands Geschichtsquellen II, 87 zusammengestellt.