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ADB:Gotter, Gustav Adolf Graf von

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Artikel „Gotter, Graf Gustav Adolf von“ von August Beck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 451–456, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gotter,_Gustav_Adolf_Graf_von&oldid=- (Version vom 17. November 2024, 11:19 Uhr UTC)
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Gotter: Graf Gustav Adolf v. G., geb. am 26. März 1692 zu Altenburg, † am 28. Mai 1762 zu Berlin, stammte aus einer angesehenen bürgerlichen Familie der Stadt Gotha. Sein Großvater war der Generalsuperintendent Johann Christian G. († 1677, siehe diesen); sein Vater Johann Michael G. († 1729) war zuletzt Kammerdirector zu Gotha und zeichnete sich als Finanzmann aus. Den ersten Unterricht erhielt er durch Privatlehrer, und im Jahre 1709 bezog er die Universität Jena, um die Rechte zu studieren. Später setzte er seine Studien in Halle fort, wo er mit dem nachmaligen Staatsminister Gerlach Adolf v. Münchhausen (geb. 1688, † 1770) eine dauernde Freundschaft schloß. Zu seiner weiteren Ausbildung bereiste dann G. Holland, England und Frankreich. Als sein Vater im J. 1715 zur Abwicklung verschiedener Geschäfte nach Wien gesendet wurde, ging der lebenslustige Sohn mit Zustimmung des [452] Herzogs Friedrich II., als Gehülfe seines Vaters auch dorthin. Der reich begabte, kenntnißreiche und gewandte junge Mann fand bald in den angesehensten Familien Wiens Eingang. Selbst Prinz Eugen wendete ihm seine beneidenswerthe Gunst zu. Der Einfluß, welchen G. dadurch erlangte, förderte schnell die Angelegenheiten des herzoglich gothaischen Hofes; die anhängigen Processe wurden zu Ende geführt und die rückständigen Geldforderungen gingen ein. Auch von anderen fürstlichen Höfen wurde nun der einflußreiche Günstling gesucht. Herzog Friedrich II. ernannte ihn 1716 zum Legationssecretär und 1717 wurden ihm allein alle gothaischen Angelegenheiten am kaiserlichen Hofe übertragen. 1720 wurde er herzoglicher Rath und außerordentlicher Gesandter zu Wien. Der ungewöhnliche Günstling des Glücks und der Damen stieg nun schnell von Stufe zu Stufe bis zum Grafen empor. Mit dem Steigen seines Einflusses glaubte G. auch durch äußeren Glanz und Pracht die Rechte des gothaischen Hofes zu vergrößern, und Herzog Friedrich II. bestärkte ihn darin. Gotter’s Haus war eines der glänzendsten in Wien; mit üppiger Verschwendung waren seine Zimmer ausgestattet. Wagen und Pferde waren prächtig, und reich galonirte Lakaien und Läufer in Menge harrten seines Winkes. Die raffinirtesten Lebensgenüsse wußte er sich und seinen Tischgästen zu verschaffen. Was es kostete, galt ihm gleichviel. So hatte er bei einer großen Gasterei sein Lieblingsessen, grüne Erbsen, bestellt und für jede einzelne einen Groschen bezahlt. Seine Weine erlangten solche Berühmtheit, daß die Gotter’schen Weine auf keiner vornehmen Tafel fehlen durften. G. vermehrte seine Einkünfte durch einen ansehnlichen Handel mit seinen Weinen. Der monatliche Gehalt von 200 Thlrn., welchen G. von Gotha bezog, genügte natürlich nicht für eine so üppige und wüste Lebensweise. Die natürliche Folge waren Schulden. Während eines kurzen Aufenthaltes in Gotha (Juni 1721) übergab er dem Herzoge ein Memoriale und verlangte zur Bestreitung seiner Ausgaben wöchentlich 100 Gulden österreichisch. Sie wurden ihm bewilligt. 1723 wurde er zum Hofrathe befördert und Kaiser Karl VI. erhob ihn (am 6. August 1724) in den Reichsfreiherrnstand, Herzog Friedrich II. aber (1725) zum Legationsrathe mit Erhöhung seines Gehaltes. Alle diese Beförderungen hatte G. seiner großen Geschicklichkeit, auch die verwickeltsten Angelegenheiten zu entwirren, zu verdanken. Seine Beredsamkeit war anerkannt und wegen seiner mächtigen Stentorstimme bekam er den Namen „le Jupiter foudroyant“. Indeß wurde die sonst gesunde Natur Gotter’s durch die vielen üppigen, öfters frivolen und in Orgien ausartenden Feste untergraben. Schon im J. 1721 mußte er in Folge davon zur Ader lassen und 1726 eine Brunnen- und Badecur in Karlsbad gebrauchen. Eine der größten Auszeichnungen wurde Gotter im J. 1727 von dem zwölfjährigen Czar Peter II. von Rußland zu Theil, der ihm durch eine besondere Staffette den Alexander-Newsky-Orden überschickte, begleitet von einem Schreiben des Fürsten Menzikoff. Im Mai 1728 ging er auf den ausdrücklichen Wunsch des Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen nach Berlin, und auch hier wußte er sich so in Gunst zu setzen, daß ihn der König zum wirklichen Geheimen Staatsrathe mit Sitz und Stimme und einem jährlichen Gehalte von 1000 Thlrn. ernannte, ohne daß G. dagegen eine bestimmte Verpflichtung zu übernehmen gehabt hätte. Noch mehr; im October 1729 erhielt er die erledigte reich fundirte Majorspräbende beim Stifte zu Halberstadt, und bald darauf auch noch die Insignien des schwarzen Adlerordens, eine Auszeichnung, die vorher niemals einem bürgerlich Geborenen zu Theil geworden war. Dabei war G. immer noch in gothaischen Diensten geblieben, und nach dem Tode des Barons v. Hagen (9. Decbr. 1728), erhielt er auch noch dessen Stelle als Gesandter zu Regensburg mit 1240 Thlrn. Gehalt. Abwechselnd hielt sich nun G. in Wien und in Regensburg [453] auf, sowie die Umstände es nöthig machten. Die wiederholten glänzenden Anerbietungen, welche Gotter vom Könige von Preußen gemacht wurden, nahm er endlich an, und auf sein Nachsuchen erhielt er vom Herzoge Friedrich III. seine Entlassung (6. August 1732), bei welcher ihm eine jährliche Pension von 1000 Thlrn. bewilligt wurde. Der König von Preußen ernannte Gotter zum preußischen bevollmächtigten Minister am Wiener Hofe mit einem jährlichen Gehalte von 15,000 Gulden. Außerdem besorgte er die Angelegenheiten des Herzogs von Würtemberg, welche ihm reichlich vergütet wurden. Jetzt nahte die Zeit, wo der der Vergnügungen überdrüssige G. sich nach Ruhe sehnte. Den sinnlichen Genüssen und Lüsten der Welt hatte er in übervollem Maße gefröhnt, und nun wollte er sein höheres Alter in Ungebundenheit und Behaglichkeit verbringen. Zu diesem Zwecke kaufte er das Rittergut Molsdorf bei Gotha von dem Prinzen Wilhelm von Sachsen-Gotha für die Summe von 36,250 Thlrn. (1734). Dazu kaufte G. noch das daneben liegende Ritter- und Lehngut zu Dietendorf, der Altenhof genannt, für 16,000 Thlr. Nach der Besitznahme des Gutes ließ G. eine Reihe Häuser der Apfelstadt entlang bauen und zog fleißige Arbeiter aus dem Auslande herbei, um Wollenzeugfabriken zu gründen. Das neue Dörfchen wurde Neugottern genannt, die später eingewanderten mährischen Brüder nannten es Gnadenthal, aber die gothaische Regierung gab ihm den Namen Neu-Dietendorf, wie es noch jetzt heißt. Sein Abschied aus dem Staatsdienste wurde ihm nur ungern vom Könige bewilligt, dennoch gab er ihm auch da noch einen Beweis seiner königlichen Huld, indem er ihn (1736) zum Gesandten und bevollmächtigten Minister beim obersächsischen Kreise mit ansehnlichem Gehalte ernannte, eine Stellung, die ihm keinerlei Mühe verursachte. – In Molsdorf entwickelte G. seinen ausgezeichneten Geschmack. Er baute ein Schloß im damaligen Rococogeschmacke, legte einen großartigen Garten im Versailler Geschmacke an und brachte seine reichen und prachtvollen Ideen zur Ausführung. An dem Schlosse waren verschiedene von G. selbst gewählte Sprüche angebracht. So: Sit mea sedes sine cura - Sit modus lasso viarum - Hicce terrarum praeter omnes angulus ridet - Placida quies - Fugaces labuntur anni - Hora rapit diem. – Am südlichen Eingang in den Garten stehen die beiden Sprüche: Hic summum bonum libertas und Hospes hic bene manet. Auch das Innere des Schlosses zeugt von des Grafen Kunst und Wissenschaft liebendem Geschmacke; doch hat er auch das Frivole nicht fern gehalten. Gleich beim Eintritte in das Schloß von der Gartenseite her befindet sich ein Weinhahn, welcher beim Oeffnen einen köstlichen Wein ausströmen ließ, was durch ein Druckwerk bewerkstelligt wurde und mit welchem sich die ankommenden Gäste erfrischen konnten. Die Zimmer waren mit Luxusgegenständen aller Art ausgeschmückt, die Wände mit Oelgemälden behangen, welche ausgezeichnete Personen seiner Zeit darstellten; in einem besonderen „Damenzimmer“ waren lauter Damen, in einem „Tänzerinnenzimmer“ lauter Schauspielerinnen an den Wänden zu erblicken. Sie befinden sich noch jetzt in dem Schlosse. In dem Schloßgarten waren regelmäßige Baumgänge angelegt, die schnurgerade, glatt geschoren und oben zugewölbt waren, die Hecken behauen, die Taxuswände künstlich beschnitten. Kunstreiche Fontänen und fischreiche Teiche unterbrachen die Einförmigkeit und Stille. Fast alle Götter des Olymps waren im Garten auf hohen Piedestalen aufgestellt. In der Mitte des Gartens befand sich ein großes Wasserbecken, in dessen Mitte ein colossaler Herkules mit geschwungener Keule stand; aus seinem Haupte stieg ein starker Wasserstrahl empor. Durch ein künstliches Wasserwerk stiegen aus Muscheln von Wassergöttern, aus Schnäbeln von Adlern und Schwänen, aus den Hälsen von Schildkröten, Eidechsen und Fröschen Wasserstrahlen in die Höhe. Alles das deutet darauf hin, daß G. sein [454] Leben in Molsdorf nicht so einfach hinbrachte, wie er es wol beabsichtigt hatte, vielmehr huldigte er der Genußsucht nach wie vor. Ein ungebundenes und üppiges Leben führte er wie früher fort; schwelgerische Gastmähler und galante Frauen versüßten ihm die Einsamkeit. Von Zeit zu Zeit gab er auch den Bewohnern des Ortes ein Fest. Auf ein durch einen Trompeter gegebenes Zeichen fanden sie sich im Schloßhofe ein, ohne erst den Sonntagsstaat anzulegen, so wie sie eben waren. Sie erhielten Trank und Speise, und der Graf ordnete Spiele und Tanz an und nahm natürlich selbst daran Theil, wobei er die schönsten Mädchen zu Tänzerinnen wählte. Durch Freigebigkeit und Geschenke wußte er die Dorfbewohner für sich zu gewinnen. Nur seine Unkirchlichkeit erweckte Anstoß. Der Pfarrsubstitut Friedrich Wilhelm Stölzel hielt es für seine Pflicht, den Herrn Grafen zu besserer Kirchlichkeit und namentlich zur Theilnahme am heiligen Abendmahle zu ermahnen, um seiner Gemeinde ein gutes Beispiel zu geben. Der Graf versprach sich zu bessern. Nach einigen Tagen ertönte um Mitternacht heftig die Pfarrhausglocke. Stölzel, erschreckt, springt aus dem Bette an das Fenster und erblickt einen gräflichen Bedienten, welcher ihm zuruft, der Graf wolle jetzt das Abendmahl empfangen. Schnell sich fassend, läßt Stölzel sich beim Grafen entschuldigen, er sei ein junger Geistlicher, der Herr Graf aber ein alter Sünder, sie beide bedürften erst einer längeren Vorbereitung. Diese Antwort gefiel dem Grafen, er bewies ihm fortwährend sein Wohlwollen und verschaffte ihm (1753) die Stelle als Hofdiaconus zu Gotha. Als nämlich der Herzog Friedrich III. äußerte, daß er wegen eines Hofpredigers in Verlegenheit sei, meinte G., er kenne Einen, der zur Stelle geeignet wäre, er hätte aber einen Fehler, den er nicht ablegen könne. Als der Herzog diesen Fehler zu wissen begehrte, sagte G., er sei ein Inländer. Stölzel wurde hierauf Hofdiaconus. – Als König Friedrich II. von Preußen den Thron bestieg (31. Mai 1740), wurde G. wieder in den activen Staatsdienst nach Berlin berufen und zum Oberhofmarschall und geheimen Staats- und Kriegsrath ernannt. Kaiser Karl VI. ertheilte ihm die Reichsgrafenwürde, die er mit Genehmigung seines Königs annahm. Die geistreiche und witzige Unterhaltung, welche der Graf führte und sein liebenswürdiges Benehmen machten ihn dem Könige angenehm und fast unentbehrlich. Dazu kam noch, daß er dem Könige seine Weine, namentlich ungarische, verschaffte, wobei der Graf natürlich seinen Vortheil nicht vergaß. Auch lange Recruten wußte er anzuwerben, sogar einen Zuckerbäcker schaffte er. Dem ungeachtet gewährte der König nicht immer Gotter’s Wünsche. So als derselbe seidene Stoffe von Lyon hatte kommen lassen und um Erlassung der Zollabgabe bat, wurde ihm gesagt, daß der König keine Ausnahme vom Gesetze machen könne, und daß der Graf besser gethan hätte, sie im Inlande zu kaufen. Ebenso, als G. die zu einer Gesandtschaft vom König bestimmten Gelder nicht genügend fand, schrieb ihm der König, daß er ihn davon entbinde, da ihm andere Persönlichkeiten zur Genüge zu Gebote ständen (1741). Nach dem Tode Kaiser Karls VI. wurde G. nach Wien gesendet, um die preußischen Ansprüche an die Fürstenthümer Jägerndorf, Liegnitz, Brieg und Wohlau geltend zu machen. Sein früherer mehrjähriger Aufenthalt in der Kaiserstadt hatte ihn mit allen dortigen Verhältnissen vertraut gemacht, und seine diplomatische Gewandtheit und seine große Beredsamkeit ließen den besten Erfolg hoffen. Aber ungeachtet seiner geistigen Befähigung bewies er in dieser Angelegenheit ein ungestümes und anmaßendes Wesen. Durch sein großsprecherisches und herausforderndes Wesen suchte er den Wiener Hof einzuschüchtern. Aber von österreichischer Seite wurde ihm eine stolze und abweisende Antwort. G. suchte die Verhandlungen in die Länge zu ziehen, um seinem Könige Zeit zu seinen kriegerischen Operationen zu lassen; aber Maria Theresia [455] ließ dem Grafen plötzlich die Weisung zugehen, binnen zwei Mal 24 Stunden Wien zu verlassen. Im Februar 1741 kehrte G. nach Berlin zurück, und der erste schlesische Krieg begann. – Die Geldnoth, in welcher G. sich fortwährend befand, nöthigte ihn (1742), sein Rittergut zu Neu-Dietendorf für 20,000 Thlr. an den kaiserlichen Geheimrath und Grafen Balthasar Friedrich v. Promnitz, einen Herrnhuter, zu verkaufen. Dagegen verbesserte er sein Gut zu Molsdorf, kaufte 20 Acker Wiesen vom Kammergute zu Ichtershausen (1741), vertauschte Zinsen, ließ durch eine Abgabe die Frohnen aufheben (1744), und anderes mehr. Im J. 1743 ward er zum Generaldirector der Oper, dann 1744 zu einem der vier Curatoren der neu eingerichteten königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin ernannt. Aber alle diese königlichen Gunstbezeigungen konnten seinen siechen Körper nicht gesund machen. Sein Entschluß war gefaßt, er wollte sich von dem Staatsdienste zurückziehen. Vergebens ertheilte ihm der König noch das vacant gewordene Canonicat an der Liebfrauenkirche zu Halberstadt (1743), welches seine Einkünfte um ein Beträchtliches vermehrte. Immer erneuerte Bitten bewogen endlich den König, Gotter’n den erbetenen Abschied mit einer Pension von 1000 Thlrn. zu ertheilen (1745). „Ich beklage einen liebenswürdigen Mann“ – schrieb der König (16. Febr. 1745) – „dessen Verlust ein Bankerott für Berlin ist“. G. kehrte nach Molsdorf zurück, aber seine Gesundheit besserte sich nicht, doch blieb sein Geist dabei immer munter, und die witzigen Einfälle verließen ihn nicht. Der stete Mangel an Geld in des Grafen Casse brachte ihn endlich zu dem Entschlusse, sein Gut in Molsdorf zu veräußern. In dem würtembergischen Geheimrathe und Erboberstallmeister Heinrich Reinhard v. Schwencke[1][2] fand er einen Käufer (1748). Röder zahlte dem Grafen, so lange er lebte, jährlich 2400 Thlr. und nach dessen Tode 25,000 Thlr. an die Allodialerben Gotter’s. Zur Wiederherstellung seiner Gesundheit reiste G. im J. 1752 nach Montpellier und dort wurde er von seinen Leiden befreit. In der heitersten Laune und in geistiger Frische kehrte er nach Molsdorf zurück. Er trat wieder in preußische Dienste und wurde einer der fünf dirigirenden Minister bei dem General-Oberfinanz-Kriegs- und Domänen-Directorium (1753). Im J. 1757 besuchte G. Molsdorf zum letzten Male. Beim Weggange von seinem Lieblingssitze rief er: „Leb’ wohl, du liebes Molsdorf, du hast mir vieles Geld gekostet.“ In den letzten Jahren seines Lebens litt er sehr an der Gicht und Wassersucht, blieb aber dessenungeachtet stets heiter. – Am gothaischen Hofe war es besonders die feingebildete, geistreiche und sittlich reine Herzogin Louise Dorothea (s. diese) und ihre Freundin, die Oberhofmeisterin Juliane Francisca v. Buchwald (s. diese), welche der Graf oft aufsuchte und denen zu Ehren er im Schlosse zu Molsdorf glänzende und kostbare Feste gab. Vor seiner Rückkehr aus Montpellier schrieb ihm die Herzogin ja bald zu kommen, er werde erwartet, „wie der Messias der Juden“ (3. Januar 1753). Zwischen der Herzogin und dem König machte G. den Vermittler. Es konnte nicht fehlen, daß G. in den von der Herzogin gegründeten Ordre des hermites de bonne humeur, dessen Wahlspruch war: Vive la joie, aufgenommen wurde. Er erhielt den Namen Tourbillon (Sausewind). Auch in den Freimaurerorden trat G. (1740), und im J. 1741 hielt er Loge zu Molsdorf und nahm den Herzog Karl Friedrich in dieselbe auf. Auch Prinz Ludwig Ernst von Sachsen-Gotha wurde von ihm in den Orden aufgenommen. – G. war ein Kind seiner leichtsinnigen und frivolen Zeit, ein schöner, kräftiger Mann, empfänglich für Freundschaft und Liebe, deren Becher er bis zur Hefe ausleerte. Seine Ausschweifungen in der Liebe waren ganz maßlos und untergruben seine Gesundheit. Seine Verschwendung kannte keine Grenzen und obschon er zwei Mal das große Loos in London und im Haag gewann, hatte er doch niemals Geld. Nach dem Gewinne in [456] London gab er ein großartiges üppiges Gastmahl, bei welchem der Champagner in hohen Gläsern, die keine Füße hatten, herum gereicht wurde, so daß die Gäste gezwungen waren, dieselben in Einem Zuge auszutrinken. Friedrich der Große äußerte ein Mal „es sei Alles eher möglich, als den Grafen G. reich zu machen.“ Uebrigens war G. ein großer Freund der Wissenschaften und war ästhetisch gebildet. Seine Bibliothek umfaßte einige Tausend Bände, meist Geschichte und Philosophie betreffend.

Aug. Beck, Graf v. G., ein Lebensbild, Gotha 1867.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 455. Z. 24 v. o. l.: Frhr. Röder v. Schwende (st. Reinhard v. Schwencke). [Bd. 33, S. 796]
  2. S. 455. Z. 24 v. o. l.: Röder von Schwende (statt Reinhard v. Schwencke). [Bd. 45, S. 667]