ADB:Graß, Karl Gotthard

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Artikel „Graß, Karl Gotthard“ von Hugo Schramm-Macdonald in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 589–590, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gra%C3%9F,_Karl_Gotthard&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 21:31 Uhr UTC)
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Graß: Karl Gotthard G., Maler und Dichter, geboren zu Serben in Livland am 19. October 1767 (n. St.), gestorben zu Rom am 3. August 1814, war der Sohn des Pastors Karl Johann G. (geboren im Sissegall’schen Kirchspiel Livlands am 29. Mai 1720, gestorben zu Serben am 10. December 1796), studirte 1786–89, wie dieser, in Jena Theologie und bereiste, nachdem er schon mehrere Fußreisen in Deutschland gemacht, 1790 auch die Schweiz, wo sich in ihm eine große Neigung zur Landschaftsmalerei regte. Zwar kehrte er, um eine Pfarre zu suchen, nach der Heimath zurück, doch beschäftigte er sich nun außer mit theologischen Studien auch mit Zeichnen und gab darin in Riga Unterricht. 1796 hatte er endlich kaum eine Stelle als Prediger bei einem Landedelmanne in Sunzel erhalten, als ihn die Untreue seiner Braut veranlaßte, nicht nur seinem Amte, sondern auch seinem ganzen Berufe den Rücken zu kehren und sich wieder ins Ausland zu begeben. Er ging wieder nach der Schweiz und widmete sich nun ganz seinen Lieblingsneigungen: der Malerei und der Poesie, zuerst in Zürich, wo er sich an den Landschaftsmaler Ludwig Heß anschloß, dann in Chur, wo er in der Familie v. Salis die gastlichste Aufnahme fand. Auch brachte er 1801 einige Monate in Paris zu. 1803 begab er sich nach Italien. In Rom trat G. namentlich zu dem Schriftsteller Philipp Joseph v. Rehfues, der ihn wegen seines gemüthlichen Wesens und seiner unter Künstlern seltenen allgemeinen Bildung lieb gewonnen, in freundschaftliche Beziehung. Rehfues nahm ihn 1804 auf seine Kosten nach Sicilien mit, wohin er mit K. F. Schinkel einen Ausflug machte, und hat ihm in seiner als Manuskript hinterlassenen Autobiographie nachgerühmt, daß er auf dieser Reise nicht bloß „durch seine Gabe der Sparsamkeit und klugen Einrichtung sehr nützlich geworden“ sei, sondern daß er auch die Zeit und Gelegenheit aufs beste ausgenutzt habe, um sein Skizzenbuch zu füllen und seine entfernten Freunde durch poetische Episteln zu erfreuen. „G.“, meint Rehfues a. a. O., „hatte wirklich viel Anlage zur Dichtkunst; aber sie war wenig ausgebildet, und er nahm es mit Sprache und rhythmischer Technik etwas zu leicht. Seine in der Welt zerstreuten Gedichte verdienten gesammelt zu werden, weil sie voll der herrlichsten Züge aus der Tiefe von merkwürdigen Situationen und Stimmungen sind und sich immer an einen bedeutenden Ort des classischen Bodens anknüpfen.“ Sein offenes Auge für die „große, reiche, herrliche Natur“, die, um mit G. selbst zu reden, stets „das Thema seiner Seele“ war, ließ ihn auch als Maler den Charakter malerischer Gegenden mit größtem Glück auffassen; namentlich verstand er es, in der Beleuchtung der Natur die schönsten Augenblicke abzulauschen. In Oel zu malen begann er erst nach einem mehrjährigen Aufenthalte in Sicilien, wo er im Malteser-Comthur v. Rechberg einen Protector gefunden hatte. Diesem widmete er auch die erst nach seinem Tode erschienene „Sicilische Reise, oder Auszüge aus dem Tagebuche eines Landschaftsmalers“ (1815, 2 Thle. mit 26 Kupfern); das Cotta’sche „Morgenblatt“, welches schon seit 1808 Gedichte und verschiedene Aufsätze von G. veröffentlicht hatte, brachte 1815 (Nr. 251 ff.) einige Bruchstücke aus seiner „Sicilischen Reise“ zum Abdruck. Von Sicilien kehrte G. über Neapel nach Rom zurück. Hier wurden mehrere seiner sicilianischen Bilder vom König Murat[1] angekauft; von seinen übrigen muß sich der größte Theil in seiner Heimath, namentlich in Reval, befinden, woher ihm häufig Bestellungen kamen. In Rom glaubte G. doch noch durch ein Weib glücklich werden zu können, doch soll er sich darin abermals getäuscht haben. „Ein früher Tod“, sagt Rehfues, „entriß ihn einem Leben, das ihm viel schuldig geblieben war. Im Paroxysmus eines hitzigen Fiebers raffte er sich [590] vom Lager auf und stürzte die Treppe hinunter.“ Von seinen Schriften sind noch zu nennen: die „Fragmente von Wanderungen in der Schweiz, nebst drei Kupfern vom Rheinfall nach sorgfältig genauen Handzeichnungen“ (1797), die Erklärungen zu sechs von Ludwig Heß nachgelassenen radirten Naturprospecten (1800) und eine Anzahl poetischer und prosaischer Aufsätze in Schiller’s „Rhein. Thalia“, in Zschokke’s „Erheiterungen“, in den „Erzählungen für unverdorbene Familien“ (Bd. I., 1810), in Merkel’s „Zuschauer“ (1808) und „Zeitung für Litteratur und Kunst“ (1812), in der „Livona“ für 1812 und 1815 und in anderen Zeitschriften. Auch rühren 10 Lieder in dem „Neuen Rigaischen Gesangbuche von 1810“ (Nr. 23, 285, 327, 424, 614, 632, 640, 690, 734 und 781) von G. her. Dagegen ist das ihm zugeschriebene Gedicht „Mein Herr Maler wollt’ er wohl etc.“ nicht von ihm, sondern von Balth. Anton Dunker.

Vgl. v. Recke u. Napiersky, Allg. Schriftsteller- u. Gelehrten-Lex. der Prov. Livland, Esthland u. Kurland (2. Bd., Mitau 1829, S. 88–90); G. Tielemann, K. G. Graß, eine biogr. Skizze, in Livona’s Blumenkranz (I. 179–212); Alex. Kaufmann, K. Graß, Dichter und Maler, in Schnorr v. Carolsfeld’s Archiv f. Litt.-Gesch. (V. Heft 1).

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 589. Z. 6 v. u.: Nach einer uns freundlich mitgetheilten Berichtigung wurden Graß’ Sicilianische Bilder nicht von K. Murat, sondern von der Rigaschen Stadtbibliothek angekauft, wo sie sich noch befinden. Verheirathet war G. mit einer Italienerin und es lebten vor einigen Jahren noch Kinder von ihm. – Die genauesten Charakteristiken Graß’ gaben G. Merkel, Darstellungen Bd. I. und J. Eckardt, Balt. Provinzen. [Bd. 10, S. 768]