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ADB:Grote zu Schauen, Otto Reichsfreiherr

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Artikel „Grote, Otto“ von Ferdinand Frensdorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 758–762, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Grote_zu_Schauen,_Otto_Reichsfreiherr&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:03 Uhr UTC)
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Grote: Otto G., der älteste Sohn des Großvogts Thomas G. (s. d.), wurde 1636 den 25. December zu Sonderburg in Schleswig geboren. Bis ins 15. Lebensjahr im elterlichen Hause von Informatoren unterrichtet, besuchte er seit 1651 die Ritterschule zu Lüneburg und bezog nach zwei Jahren die Universität Helmstädt. 1656 ging er auf Reisen, zunächst nach den Niederlanden, wo er in Leiden zur Fortsetzung seiner Studien längere Zeit verweilte, dann nach Frankreich, Italien und England. Als er nach fünf Jahren heimkehrte, übertrug ihm König Friedrich III. von Dänemark die Stelle als Hofmeister bei seinem Sohne Georg. Hatte schon Herzog Christian Ludwig zu Celle, in dessen Diensten sein während seiner Studienzeit verstorbener Vater segensreich gewirkt hatte, sein Augenmerk auf ihn gerichtet, so gelang es doch erst dem Bruder, Herzog Johann Friedrich bei seinem Regierungsantritt im J. 1665, von dem Schwager die Entlassung Grote’s aus dänischen Diensten zu erwirken. Noch nicht 30 Jahre alt, ohne vorher ein öffentliches Amt bekleidet zu haben, wurde [759] G. zum Geheimen Kammerrath ernannt und nahm bald eine der ersten Stellen in der Regierung des hannoverschen Landes ein. 28 Jahre lang hat er seinen Posten innegehabt, unter zwei sehr verschiedenartigen Fürsten, in schwierigen, überaus ereignißreichen Zeiten. Gleich beim Regierungsantritte, als es mit dem Bruder Georg Wilhelm zu bedenklichen Händeln der Succession wegen zu kommen drohte, sandte ihn Johann Friedrich nach Frankreich, um sich des Beistandes Ludwig XIV. zu versichern. Auch bei den nachfolgenden Tractaten, die am 2. September 1665 zum Abschluß kamen und den Streit dahin verglichen, daß Georg Wilhelm das Fürstenthum Celle nebst Diepholz und Hoya, Johann Friedrich Kalenberg, Göttingen und Grubenhagen erhielt, war G. betheiligt. Die diplomatische Gewandtheit, die er bei diesem und anderen Geschäften entwickelt, zusammen mit seinem feinen, weltmännischen Wesen verschafften ihm die volle Gunst seines Herrn. Von Venedig aus, wohin er sich 1667 mit Johann Friedrich begeben, knüpfte er die Verhandlungen mit dem französischen Hof über dessen Vermählung an und war im October 1668 der Vertreter des Herzogs, dem auf dem Schlosse der Condé’s, Chantilly, die jüngste Tochter des Pfalzgrafen Eduard, Henriette Benedicta, angetraut wurde. Die Hinneigung Johann Friedrichs zu Frankreich und der Katholicismus, zu dem der Herzog gleich der Familie des Pfalzgrafen übergetreten war, haben bei dieser Eheschließung wesentlich mitgewirkt. Daß G. bei aller Geschmeidigkeit seiner Natur die Landesinteressen seinem Herrn gegenüber wahrzunehmen nicht versäumte, zeigt sein Verhalten in den kirchlichen Angelegenheiten. Konnte er das katholische Wesen nicht vom Hofe fernhalten, mußte er Hofchargen und Militärstellen den Katholiken zugestehen, so sorgte er doch dafür, daß der Geheimerath und die landesherrlichen Collegien frei von ihnen blieben und daß die Landeskirche ungeschädigt fortbestand. Als im J. 1673 Justus Gesenius starb, gelang es ihm, gegen die katholische Partei, die den Platz im Consistorium unbesetzt lassen wollte, gemäß dem Wunsch der Landstände Gerhard Molanus, früher Professor der Theologie in Rinteln, in die einflußreiche Stelle zu bringen. Was vom Herzog erlangt wurde, war nur durch zähes Festhalten gepaart mit klugem Eingehen auf seine Neigungen zu gewinnen. In beidem mochte G. Meister sein, aber ein Fürst, dessen Ideal Ludwig XIV. war, der das Wort: ich bin Kaiser in meinem Lande, nicht blos im Munde führte und ein Heer von 14000 Mann unter dem ihm von Frankreich zugesandten General v. Podewils hielt, ließ sich in seinen Plänen nicht leicht durch die Vorstellungen der Landstände oder die Bedenken seiner Räthe irre machen. Da er weder dem Kaiser, noch dem Hause Hohenzollern, noch auch seinen eigenen Brüdern trauen zu dürfen meinte, glaubte er durch engen Anschluß an Frankreich für sich selbst am besten zu sorgen. Gerade diese Verbindung zu unterhalten, war Grote’s Aufgabe. Er stand in lebhafter Correspondenz mit Pomponne, dem Staatssecretär der auswärtigen Angelegenheiten in den J. 1671–78; wiederholt erschien er als Gesandter seines Herrn bei Ludwig XIV. Die Fremden, Franzosen und Italiener, die sich zahlreich an den hannoverschen Hof herandrängten, rühmen ihm nach, daß er großmüthig, ganz voll Geistes sei und sehr wohl französisch rede, schier als deutsch. Alle Verhandlungen mit Frankreich gingen durch seine Hand. Im August 1669 nahm er an den Berathungen zu Burgdorf Theil und protestirte namens seines Herrn gegen die Ablehnung der von Gourville dem welfischen Gesammthause gemachten Bündnißvorschläge. Am 10. Decbr. 1672 schlossen dann G. und der Kammerrath v. Witzendorf mit Verjüs einen Vertrag ab, in welchem sich Johann Friedrich gegen den Empfang französischer Subsidien zur Stellung von 10000 Mann verpflichtete. Während die benachbarten norddeutschen Fürsten, unter ihnen Johann Friedrichs eigene Brüder, mit [760] dem Kaiser gegen Frankreich und Schweden zusammen standen, ging er in Verkennung der Interessen seines Landes soweit, daß er Ende des J. 1674 G. und Witzendorf bevollmächtigte, einen Defensionstractat mit Schweden abzuschließen. Als ihn im nächsten Jahre der Tag von Fehrbellin die bisherige Verbindung aufzugeben nöthigte, war er doch nach kurzer Zeit wiederum zur Verständigung mit Frankreich bereit, und im October vermittelten G. und Witzendorf einen neuen Vertrag mit Verjüs, der im folgenden Jahre noch befestigt wurde. Als am 8. Decbr. 1679 Ernst August seinem Bruder Johann Friedrich succedirte, bestätigte er G. in seinem Amte. Das Regierungsreglement von 1680, das der Geschäftsführung eine festere Basis gab, überwies ihm den Vorsitz im geheimen Rathe für alle Kriegssachen, Platen in allen anderen Angelegenheiten. Mochte Franz Ernst Freiherr v. Platen, der schon seit 1668 in Osnabrück als Ernst August’s geheimer und Kammerrath gewirkt hatte, als die Spitze der Verwaltung erscheinen, in der That bildete G. bei allen Besprechungen des geheimen Raths den Mittelpunkt, zumal er seit dem Tode des Geheimraths Voß im Jahre 1682 zugleich Chef der Kammerdeputation wurde und damit Kriegs- und Finanzwesen, die wichtigsten Machtmittel des neuen Regierungssystems, in seine Hand bekam. Daneben übernahm er nach wie vor auswärtige Missionen, und gerade die für die Geschichte des Landes folgenreichsten sind von ihm ausgeführt worden. Das erste diplomatische Geschäft unter der neuen Herrschaft war die Vertretung des braunschweig-lüneburgischen Gesammthauses auf dem Congresse zu Frankfurt a. M. vom J. 1681, der die Beschwerden gegen Frankreich wegen Nichterfüllung des Friedens von Nymwegen abstellen sollte. Gelang es auch G. sowenig als Platen im J. 1678, die Anerkennung des suprematus seines Herrn und des dem entsprechend seinen Gesandten beizulegenden Ranges zu erwirken, so erfreute doch sein im reichspatriotischen Sinne abgegebenes masculum votum die öffentliche Meinung, die bisher Hannover franzosenfreundlich stimmen und handeln zu sehen gewohnt war. Beweis dessen ist namentlich der Briefwechsel Leibnitzen’s, der jene Ansprüche des herzoglichen Hauses in seinem „Caesarinus Fürstenerius“ theoretisch zu begründen versucht hatte, und da die anfangs beabsichtigte Theilnahme an der Reise nach Frankfurt unterblieb, mit dem „Herrn Ambassadeur v. G.“ wenigstens lebhaft correspondirte. Die aus den politischen Stellungen dieser Jahre sich entwickelnde Association, zu der sich mit Schweden und dem Kaiser das Haus Lüneburg verband, brachte letzteres bei der Haltung Brandenburgs und Dänemarks bald in eine schwierige Lage. Dem zu begegnen, verhandelte G. im Herbst 1683 zu Hamburg und Rendsburg mit den dänischen Ministern und ging im December auch nach Berlin, wo er im folgenden Jahre noch wiederholt erschien und neben der politischen Annäherung auch die Familienverbindung vermittelte, die in der Vermählung des Kurprinzen Friedrich von Brandenburg mit Sophie Charlotte, der Tochter des Herzogs Ernst August (September 1684) ihren Ausdruck fand. G. hatte am Berliner Hofe seitdem besonders die Gunst des Kurprinzen gewonnen, so daß man davon sprach, er werde ihn, sobald er zum Throne gelange, zu seinem Minister machen. Diplomatische Schwierigkeiten, wie sie sich unaufhörlich aus der Rivalität der beiden Nachbarstaaten ergaben, wurde G. wiederholt ausersehen, zu vermitteln. Doch für die wichtigste Aufgabe, die sich Ernst August gesetzt hatte, die Erlangung der Kurwürde, war ihm der Beistand Brandenburgs sicher, und man hat immer angenommen, G. habe die Familienverbindung des hannoverschen Hauses mit dem hohenzollernschen im Hinblick auf jenes Ziel zu Stande gebracht. Als Vorbedingung der Kurwürde galt es, die Primogenitur im hannoverschen Fürstenhause festzustellen. Es zeugt für Grote’s staatsmännischen Ruf, wenn Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, der entschiedene Gegner [761] der geplanten Ordnung, gegen Leibnitz im Sommer 1685 äußerte, die ganze Sache komme zweifelsohne von Groten her, der dieser Lande Histori und Gelegenheit wenig kundig. Es blieb ihm nicht erspart, den thatsächlichen Widerstand, den Prinz Maximilian Wilhelm der Durchführung der väterlichen Absicht entgegenstellte, an dessen Genossen, dem Oberjägermeister Moltke ahnden zu müssen: G. erkannte gegen ihn im geheimen Rath wegen Hochverraths auf Todesstrafe, obgleich der Angeklagte allezeit sein guter Freund gewesen sei. Um dieselbe Zeit gelang es vornehmlich Grote’s kluger Politik, die Angelegenheit der neunten Kur auf ihrem schwierigen Wege erheblich vorwärts zu bringen. Mag sich auch die gewöhnliche Erzählung von einem zwischen ihm und dem kursächsischen Feldmarschall v. Schöning vereinbarten Neutralitätsvertrage, mit dem G. nach Wien geeilt sei und den Kurtractat erlangt habe, nicht aufrecht erhalten lassen, so ist doch soviel richtig, daß die Bildung einer dritten Partei zwischen der kaiserlichen und der französischen, zu der Schweden, Münster und Hannover gehörten, und die Bemühungen Grote’s bei seinem Aufenthalte zu Dresden und während der Conferenz zu Torgau im Januar 1692 Kursachsen für diese Partei zu gewinnen, ein sehr wirksamer Hebel waren, um den Kaiser Leopold, der der Truppen Ernst August’s für den Türkenkrieg bedurfte, dahin zu bringen, daß er unterm 22. März 1692 mit dem Abgesandten Hannovers Limbach den Kurtractat abschließen ließ. Aber jeder weitere Schritt rief neue Verwickelungen und Anstände hervor. Im Juli begab sich G. selbst nach Wien. Erst gegen Ende des J. 1692 gelangte man ans Ziel. Am 19. December empfingen G. und Präsident v. Limbach in der Hofburg zu Wien die Investitur aus der Hand Leopolds I. Vor Uebergabe des Kurhuts pries G. in einer Anrede den Kaiser, in der er ihn mit Friedrich II. verglich, der zum Heil des Reichs einen braunschweig-lüneburgischen Herzog hervorgerufen habe. Die Anforderungen der Ceremonie hatten ihn so angegriffen, daß er erklärte, lieber sein Leben lassen zu wollen, als sie noch einmal zu überstehen. Es ist bekannt, welche neue Schwierigkeiten der Introduction des Kurfürsten Ernst August in das Kurfürstencollegium in den Weg traten. G., der im Januar 1693 von Wien heimgekehrt war, mußte schon im Februar auf mehrere Monate dahin zurück. An der Spitze der gegen die neunte Kur opponirenden Fürsten stand Dänemark; dazu kam ein Conflikt mit Braunschweig-Lüneburg wegen der Succession in Lauenburg, der zu einer Beschießung von Ratzeburg führte. Ein Gesandtencongreß zu Hamburg verhinderte weitere Gewaltthätigkeiten. Während seiner Anwesenheit zu Hamburg, ein Krieger auf dem Schlachtfelde, starb G. am 5. September 1693. Während der Reichshofrathspräsident Graf Oettingen frohlockend darauf hinwies, wie der Teufel, dessen Erfindung die neunte Kur, eines seiner würdigen Instrumente nach dem andern hole, trauert ein Distichon von Leibnitz um ihn als die Zierde des Jahrhunderts. – Am 6. December wurde er in der Neustädter Hofkirche zu Hannover bis zur Ueberführung in das Erbbegräbniß beigesetzt. – G. war verheirathet mit Anna Dorothea v. Ahlefeld, Tochter des dänischen Obersten Heinrich v. Ahlefeld, die ihm 11 Kinder gebar, von denen 5 Söhne den Vater überlebten. Den 1. Juli 1689 war er mit seinem Bruder Thomas vom Kaiser in den Freiherrnstand erhoben. Seinen wahrhaft adelichen Sinn beweisen die Verhaltungsregeln, die er seinen Söhnen, als sie 1690 nach Frankreich und Italien gingen, auf die Reise mitgab, am besten der Satz: „N’oubliez pas que votre naissance ne vous donne aucun droit envers vos concitoyens, mais qu’elle vous donne le devoir d’être des premiers pour les défendre contre l’ennemi; ce devoir est seul votre avantage; si vous l’exécutez bien, soyez en contents, mais n’en soyez jamais fiers.“

[762] Hermann Barkhaus, Leichenrede, Hannover 1694. Spittler, Geschichte Hannovers 2, S. 287 ff. Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig u. Lüneburg 3, S. 226 ff. v. Ranke, Preuß. Geschichte 1, S. 348 ff. (Werke 25, 26); Abhdlgen. S. 84 ff. (Werke 24). Droysen, Geschichte der preuß. Politik III. 3, S. 816 ff.; IV. 1, S. 25, 127, 133. Leibnitz’ Werke, hg. von O. Klopp 5, S. XXII, 112, 163; 6 S. LII, LVII, 443. O. Klopp, Fall des Hauses Stuart 6, S. 42 ff., 125 ff. Schaumann, Erwerbung der neunten Kur (Ztschr. des histor. Ver. für Niedersachsen 1874). Correspondenz der Herzogin Sophie mit Geh. R. v. Oberg 1683–84, hg. von Frhrn. v. Löhneysen (das. 1869, S. 324). Des Kammerpräs. O. G. Verhaltungsregeln für seine Söhne (das. 1849, S. 375).