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ADB:Göde, Henning (2. Artikel)

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Artikel „Göde, Henning“ von Theodor Muther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 314–316, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:G%C3%B6de,_Henning_(2._Artikel)&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:17 Uhr UTC)
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Göde: Henning G. (Gode, Goden)[WS 1], Jurist aus Werben bei Havelberg, ist um die Mitte des 15. Jahrhunderts geboren und im Sommersemester 1464 in die Matrikel der Universität Erfurt inscribirt. Zehn Jahre später wurde er unter die Zahl der Erfurter Magistri artium aufgenommen, nach ferneren 11 Jahren (26. October 1489) zum Doctor beider Rechte promovirt und in die Juristenfacultät recipirt, nachdem er in dieser Facultät schon 1486 die Licentia gradum sumendi erlangt hatte. Zweifelsohne hatte G. schon weit früher, vielleicht bald nach der Zeit, wo er zum Magister artium creirt war, sich der juristischen Praxis gewidmet und schon damals als Sachwalter großes Ansehen erlangt. Dies beweist der Umstand, daß schon 1478 die Stadt Erfurt G. zu ihrem Sendboten nach Rom auserwählte, als es galt die päpstliche Erlaubniß zur Verlegung des Nonnenklosters auf dem St. Cyriaxberg in die Stadt und zur Erbauung einer Festung an Stelle des Klosters auszuwirken. Nicht lange und G. war auch bei anderen Städten, insonderheit Norddeutschlands, bei Fürsten [315] und Herren ein gesuchter juristischer Rathgeber und Agent, er galt für einen vorzüglichen Redner, zu Reichstagen und Landtagen, zu Friedens- und anderen Verhandlungen, zu Rechtstagen mußte er seine vornehmen Clienten begleiten, überall erntete er großen Ruhm, wenngleich urtheilsfähigere Männer sagten, er habe mehr die Gaben und das Wesen eines gewandten Advocaten als eines Staatsmannes. Vom Rathe der Stadt Erfurt bezog er als Rechtsconsulent eine Besoldung, sein Ansehen bei demselben überwog so sehr, daß nichts ohne seine Zustimmung unternommen wurde. Ingleichen bedienten sich die benachbarten sächsischen Fürsten seiner als vertrauten Rathes (vom Hause aus). Die Universität Erfurt wählte ihr berühmtes Mitglied wiederholt zum Rectorat, so im Winter 1486 (G. wird damals als Collegiat im Colleg. majus bezeichnet) und im Winter 1489. Später erlangte G. auch ein Canonicat und die Stelle des Scholasticus bei der Stiftskirche beatae Mariae virginis, zugleich hatte er die erste Stelle der lectura ordinaria iuris canonici in der Juristenfacultät inne. In wissenschaftlicher Beziehung hielt G. in seinen Grundanschauungen überall am Ueberlieferten fest. Die auf uns gekommenen juristischen Arbeiten des Mannes zeichnen sich durch Klarheit und Kürze aus, sie lassen den auf das Reale gerichteten Sinn Göde’s und seine große Beanlagung für die juristische Praxis erkennen, aber eigentlich wissenschaftlich hervorragend, d. h. über das Durchschnittsmaaß der juristischen Bildung jener Zeit sich erhebend sind sie nicht. Sein gesunder Menschenverstand bewahrte G. davor, sich principiell allem Neuen entgegenzustellen. Vielmehr ermahnte er den Auswüchsen der Scholastik gegenüber die Studirenden zum Studium einer reineren Philosophie, auch dem frisch emporstrebenden Humanismus erscheint er eher als Förderer wie als Feind, wenn er auch Tadel ausspricht wider das sich überstürzende und überhebende Treiben, in welchem manche Glieder der Erfurter Poetenschaar sich gefielen. Als im J. 1509 in Erfurt das große Zerwürfniß zwischen dem Rath und der Gemeinde zum Ausbruch kam, welches sich längst vorbereitet hatte, mußte auch G., welcher als Syndicus der Stadt mit der Rathspartei in enger Verbindung stand, seiner Sicherheit halben die Stadt verlassen. Noch vor Ausbruch der völligen Anarchie, am Tage Margarethä (13. Juli), fuhr G. aus der Stadt, die er eine Reihe von Jahren nicht wieder betreten sollte. Er wendete sich nach Gotha, als sei er zu dem dort versammelten Landtag als fürstlicher Rath gerufen. Es ist bekannt, wie es namentlich den Bemühungen Göde’s gelang, nach siebenjährigem Streit eine Aussöhnung der erbitterten Erfurter Parteien zu Stande zu bringen, der Vertrag von Naumburg vom 25. October 1516 ist hauptsächlich sein Werk. Feierlich eingeholt kehrte er damals in die Stadt Erfurt zurück. Seinen dauernden Wohnsitz aber hatte er anderwärts aufgeschlagen. Bereits im Sommer 1510 hatte er die ihm vom Kurfürsten Friedrich zu Sachsen angetragene Präpositur der Stiftskirche Omnium Sanctorum, verbunden mit der lectura ordinaria iuris canonici bei der Universität Wittenberg angenommen. Am 8. October e. a. begann er dort seine Vorlesungen über den Dekretalentitel de constitutionibus. Das Ansehen Göde’s scheint sich in Wittenberg nicht gemindert, eher noch gesteigert zu haben. Der spätere sächsische Kanzler Gregorius Brück und Andere rühmen seine Lehrthätigkeit. Doch war dieselbe viel unterbrochen durch Geschäftsreisen, welche G. von Wittenberg fernhielten. So war er z. B. von etwa Ostern 1519 bis ins Jahr 1520 hinein nicht heimisch, er befand sich bei seinem Kurfürsten, der damals die Wahl Karls V. betrieb. G. diente dabei als juristischer Rathgeber und ist uns aus jener Zeit ein langes juristisches Consil geblieben über Wahl und Krönung eines römischen Königs, welches er wahrscheinlich auch seinen Zuhörern in Wittenberg vorgetragen hat. Daraus mag die Sage entstanden sein, er sei der Erste gewesen, welcher in Deutschland „Vorlesungen über [316] Staatsrecht“ gehalten. Wenn sich ferner die Ueberlieferung gebildet hat, G. als den eigentlichen Reformationsjuristen zu betrachten, so ist daran nur so viel wahr, daß er der Sache Luthers durch seine juristischen Kenntnisse und praktische Erfahrung einige wesentliche Dienste geleistet hat, unter Anderem dadurch, daß er der Eck’schen Publikation der Bannbulle gegenüber kaltes Blut bewahrte und vorhersagte, dieselbe werde ihrer Formlosigkeit halber der Universität Wittenberg keinen großen Schaden thun. Das brachte auch ängstliche Gemüther, die schon nachgeben wollten, wieder in muthige Verfassung. Sonst aber hat G. wol Weniges vom katholischen Glauben aufgegeben und wird daher seiner nicht immer in freundlichster Weise von Luther gedacht. G. † am 21. Januar 1521 mit Hinterlassung eines ansehnlichen Vermögens, das er zu kirchlichen und Wohlthätigkeitszwecken, insonderheit zur Gründung von Stipendien testamentarisch bestimmt hatte. Gedruckt sind von G.: 1.) „Consilia“, auf Veranlassung des Kurfürsten Joh. Friedrich von Sachsen 20 Jahre nach des Verfassers Tod (1541) herausgegeben durch Melchior Kling; 2) Ein Collegienheft über Proceß, ebenfalls lange Zeit nach des Autors Tod (1538) herausgegeben durch Johann Braun unter dem Titel „Judiciarii ordinis processus“.

Vgl. statt Vieler: Kampschulte, Universität Erfurt I, S. 39 ff. und anderwärts; Muther, Zur Geschichte der Rechtswissenschaft S. 375 ff. und anderwärts.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 2 ein fehlerhafter Artikel, der in Band 4 zurückgezogen wurde.