Zum Inhalt springen

ADB:Haberlandt, Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Haberlandt, Friedrich v.“ von Carl Leisewitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 269–274, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Haberlandt,_Friedrich&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:04 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Haeberl, Simon von
Band 10 (1879), S. 269–274 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Haberlandt in der Wikipedia
Friedrich Haberlandt in Wikidata
GND-Nummer 117652547
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|10|269|274|Haberlandt, Friedrich v.|Carl Leisewitz|ADB:Haberlandt, Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117652547}}    

Haberlandt: Friedrich v. H., o. ö. Professor für Pflanzenbaulehre an der kaiserl. königl. Hochschule für Bodencultur in Wien, gestorben am 2. Mai 1878. Zu Preßburg als Sohn eines schlichten Gewerbsmannes am 21. Febr. 1826 [270] geboren, ermöglichte ihm die väterliche Fürsorge in den vorgerückten Schuljahren den Besuch des dortigen evangelischen Lyceums. An dieser Schule wurde der Grund zu seiner ganzen Charakterbildung und späteren geistigen Entfaltung gelegt; von bedeutenden Schulmännern jener Zeit in den humanistischen Studien unterrichtet war ihm der Sinn für das Edle und Schöne wie das Verlangen nach geistiger Nahrung tief ins Innere gesenkt. Nachdem er jene Schule absolvirt hatte, besuchte H. die Rechtsakademie seiner Geburtsstadt, an welcher er in den Jahren 1845 und 1846 den juristischen Studien oblag, um sich damit die Qualification für die von ihm ins Auge gefaßte Carrière der höheren Verwaltungsbeamten des herrschaftlichen Grundbesitzes in der ungarischen Monarchie zu verschaffen. Er folgte damit den zu jener Zeit noch in Ungarn herrschenden gesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Adspiranten des höheren landwirthschaftlichen Beamtenstandes sich auf diese Weise die Berechtigung zur eventuellen Führung einer Patrimonialgerichtsbarkeit, welche damals dem Großgrundbesitz Ungarns noch verliehen war, erwerben mußten. Als er dieser Bestimmung durch sein zweijähriges Studium in Preßburg Rechnung getragen hatte, verließ er die dortige Akademie und wandte sich 1847 behufs Aneignung der landwirthschaftlichen Fachbildung zunächst der Praxis dieses Berufes zu.

Nach einem einjährigen Prakticum auf der gräflich Karolyi’schen Domäne Thot-Megyer bezog H. die höhere landwirthschaftliche Lehranstalt zu Ungarisch-Altenburg, wo er während der Jahre 1848 und 1849 sich eifrig mit dem Studium der dort gelehrten Grund- und Fachwissenschaften beschäftigte. Diese Aufgabe fesselte seinen Geist so sehr und erregte in dem Grade sein Verlangen nach weiterem Vordringen auf dem der Wissenschaft zufallenden Gebiete des landwirthschaftlichen Berufs, daß er sich entschloß, dem landwirthschaftlichen Lehrfache sich zu widmen. Er verblieb demnach an der gedachten Lehranstalt und setzte das Studium der Grundwissenschaften behufs Erweiterung und Befestigung seiner wissenschaftlichen Ausbildung fort. Diese Bestrebungen fanden sehr bald bei seinen Lehrern Anerkennung und als im J. 1850 jene bis dahin von der erzherzoglichen Kammer ressortirende Lehranstalt in ein Staatsinstitut verwandelt wurde, erhielt auch H. unter der neuen Direction derselben, geführt von W. von Pabst, ein Mandat als Lehramts-Assistent. In dieser Eigenschaft fungirte er während des Studienjahres 1850/51 speciell für Agriculturchemie an der Seite des Professors Dr. G. Moser, wurde demnächst dessen Adjunct, bis er im J. 1854 selbst zum Professor für Landwirthschaft ernannt, seinen besonderen Wirkungskreis erhielt. Für H. war nunmehr der Moment gekommen, welcher sein ferneres Wirken und seine ganze Lebensaufgabe in allen wesentlichen Punkten bestimmen sollte. In Ungarisch-Altenburg, wo er bis zum J. 1869 ununterbrochen thätig sein konnte, concentrirte sich das wissenschaftliche Leben auf denjenigen Gebieten, welche die Bausteine zum Ausbau der landwirthschaftlichen Lehrdisciplinen zu liefern hatten, dort war die Berührung nicht nur mit den eigentlichen Fachlehrern, sondern auch mit einsichtsvollen Männern der landwirthschaftlichen Praxis geboten und von dort eröffnete sich dem aufstrebenden Docenten der Zugang in verschiedene landwirthschaftlich wie naturwissenschaftlich interessante Districte. Unter diesen Umständen sah sich H. veranlaßt, die Beziehungen der biologischen Naturwissenschaften zur Landwirthschaft ins Auge zu fassen, und wenn er auch in den ersten Jahren seiner Lehrthätigkeit hauptsächlich durch die ausübende Function dieses Amtes in Anspruch genommen war, so wußte er dennoch mehr und mehr Zeit zur Verfolgung jener Beziehungen zu gewinnen. Dabei gelang es ihm, sich diejenige Schärfe in der Beobachtung, die Sicherheit im Urtheile und die wichtige Präcision in der Fragestellung an die Natur anzueignen, welche auch ihn zu erfolgreichem Wirken auf dem Gebiete der [271] naturwissenschaftlichen Forschung befähigten. Im Verlaufe der Jahre waren überhaupt Botanik und Zoologie die Hauptgrundlagen seiner wissenschaftlichen Thätigkeit geworden und mit Eifer arbeitete er an der Aufgabe, durch naturhistorische und physiologische Aufschlüsse nach beiden Seiten hin neue Stützen für die Landwirthschaft zu gewinnen. Dazu bot ihm einerseits das reiche Pflanzen- und Thierleben in den Auen der Leitha und an dem wilden Ufergelände oder dem Insellabyrinthe des benachbarten Donaustromes, andererseits der specifische Charakter der in den Oeden des meilenlangen Hansaymoores, oder auf den unübersehbaren Haideflächen der ungarischen Steppen oder in der Hügelregion des Leithagebirges zur Entfaltung kommenden Flora und Fauna vielfache Gelegenheit. Diese Gebiete durchwanderte H. mit forschendem Auge zu wiederholten Malen und bereitete damit verschiedene Arbeiten vor, die ihm nach den vorangegangenen Schriften gegen Mitte der 60er Jahre den Namen eines Forschers eintrugen. Für den anderen Theil seiner Aufgabe sah er sich auf die Benutzung der zur Ausrüstung der Lehranstalt gehörenden Instructionsmittel angewiesen. Im Einklange mit den speciellen Aufgaben seines Lehramtes faßte er hierbei zunächst verschiedene den Pflanzenbau betreffende Fragen ins Auge, und auch in dieser Richtung erzielte er bedeutende Resultate, nachdem es ihm vergönnt war, aus dem bis 1861 durch Altenburgs Verhältnisse enger begrenzten Wirkungskreis herauszutreten und weitere Ziele sich zu stecken.

Als Früchte einer solchen Thätigkeit lieferte H. in der zweiten Hälfte der Altenburger Periode seines Wirkens eine größere Zahl von Schriften, die auch für weitere Kreise der Landwirthschaft beachtenswerth waren. Er schrieb: „Ueber den Einfluß der Wärme auf die wasserhaltende Kraft des Bodens“, „Ueber künstliche Wasserzufuhr für Getreidearten“, „Ueber das Erfrieren der Pflanzen und gewisse Secretionserscheinungen an denselben“. Ferner publicirte er 1864 seine „Beiträge zur Frage über die Acclimatisation der Pflanzen und den Samenwechsel“, „Studien über das Maiskorn und über den äußeren wie inneren Bau der Maispflanze“; demnächst erschienen seine Arbeiten über: „Die Wanderheuschrecke in Hansay“, „Ueber mehrere culturfeindliche Insecten: Tinea pyrophagella (Kornmotte), Cephus pygmaeus (gem. Halmwespe), Cecydomyia destructor (Getreideverwüster) und Anguillula tritici (Weizenälchen).“ Diesen folgten seine „Berichte über Excursionen und Instructionsreisen in Oesterreich und Deutschland“, sowie seine Schrift „Ueber das landwirthschaftliche Unterrichtswesen in Deutschland“. Eine besondere Wichtigkeit erlangten seine Abhandlungen über die Zucht und Krankheit der Seidenraupe, deren erstere beiden: „Die seuchenartige Krankheit der Seidenraupe“ und „Zur Kenntniß des seidenspinnenden Insectes und seiner Krankheiten“ – noch von Altenburg 1868 und 1869 veröffentlicht, während die übrigen erst nach seinem Abgange von dort verfaßt wurden.

Mit diesen letztgenannten Arbeiten hatte sich eine Wendung in dem Wirken Haberlandt’s vorbereitet, indem er dadurch die Aufmerksamkeit der kaiserl. königl. Regierung auf sich lenkte, als dieselbe im Begriffe stand zur Bekämpfung jener Geißel der Seidenproduktion mit der Errichtung einer besonderen Forschungsstation vorzugehen und demgemäß nach einer Kraft zur Leitung derselben sich umsehen mußte. Ihre Wahl fiel auf den Altenburger Forscher, welchem somit im Frühjahr 1869 die Einrichtung und Leitung der Versuchsstation für Seidenraupenzucht in Görz übertragen wurde. Hatte H. bis dahin seiner wissenschaftlichen Thätigkeit verschiedene Zielpunkte innerhalb der ihm in Altenburg vorgegezeichnet gewesenen Grenzen zu geben gehabt, so konnte er nunmehr seine Thätigkeit auf die ihm vorliegende wichtige Aufgabe concentriren und dabei sich zugleich aller erwünschten, mit der reichen Ausstattung des neuen Institutes gebotenen [272] Hülfsmittel ungehindert bedienen. Es gelang ihm auf diese Weise auch binnen kurzer Zeit, durch Anwendung einer besonderen Behandlung der Seidenraupen dem Uebel Einhalt zu thun und durch die Popularisirung dieser Methode der Zellengrainirung eine Abwehr gegen die mit immer weiterer Verpflanzung drohende Seidenraupenkrankheit zu schaffen. Solche Erfolge trugen mächtig dazu bei, das Ansehen des von ihm geleiteten Instituts zu befestigen und den Ruf seines Namens weit über die Grenzen seines Vaterlandes zu verbreiten. Nicht minder aber wirkte auch seine rege litterarische Thätigkeit darauf hin, denn er redigirte und schrieb zum großen Theile die betreffenden 3 Jahrgänge der „Zeitung über Seidenzucht“, verfaßte außerdem das Buch „Der Seidenspinner des Maulbeerbaums, seine Aufzucht und seine Krankheiten“, welches 1871 erschien und gab in demselben Jahre noch eine in populärer Form geschriebene „Kurze Anleitung zur Aufzucht der gemeinen Seidenraupe“ heraus. Nebenbei aber wandte H. auch den landwirthschaftlichen Zuständen jenes südlichen Gebietes mit allen ihren Eigenthümlichkeiten seine Aufmerksamkeit zu und suchte nach eigener Orientirung das Seinige beizutragen, um die in den landwirthschaftlichen Vereinen jenes Districtes gepflogenen Berathungen über die Förderung des Landbaues fruchtbringend zu machen.

Nach drei Jahre langem Bestehen der gedachten Versuchsstation in Görz hatte H. die Genugthuung, durch wiederholte Erfolge darthun zu können, daß der Weg zur Lösung der zunächst für dieses Institut vorgezeichneten Aufgaben mit Sicherheit erkannt und geebnet war. Verdankte man dies anerkennenswerthe Resultat seinen mit Scharfblick und Beharrlichkeit fortgesetzten Forschungen, so wurde gerade diese Wirksamkeit auch für ihn eine Quelle reicher Freuden und neuen Segens. Nicht nur daß er mit erweiterter Erkenntniß mit gehobenem Bewußtsein und mit wachsender Arbeitskraft auf die jüngste und so fruchtbare Periode seiner Schaffens zurückblicken durfte; er hatte inzwischen auch schätzenswerthe Beziehungen zu ferner stehenden Männern von Weltruf angeknüpft, u. A. eine lebhafte Correspondenz mit Pasteur in Betreff der Seidenraupenkrankheit geführt; es wurde ihm die hohe Auszeichnung zu Theil, mit dem Orden der italienischen Krone in Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung der Seidenproduction decorirt zu werden, und endlich nahm auch das kaiserl. königl. Ackerbauministerium die mit der Errichtung der Hochschule für Bodencultur in Wien im Herbste 1872 sich darbietende willkommene Gelegenheit wahr, den ehrenvollen Ruf zur Uebernahme der Professur für Pflanzenbau an H. ergehen zu lassen. In diesem Mandate durfte derselbe um so gewisser eine ehrende Anerkennung erblicken, als die neue Hochschule für Bodencultur in Wien durch ihre vorzügliche und reiche Ausstattung wie durch die Berufung auserlesenster Kräfte Oesterreichs und aus Deutschland zum ersten Lehrinstitute, gewissermaßen zur Krone des ganzen landwirthschaftlichen Unterrichtswesens in Oesterreich-Ungarn erhoben werden sollte. H. sah sich nunmehr auch demjenigen Gebiete der Lehrthätigkeit wiedergegeben, welches er schon in Preßburg von Anfang an und mit Vorliebe kultivirt hatte, ihm standen jetzt die wichtigsten und unerläßlichsten Stützen für die wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiete des Pflanzenbaues zu Gebote; in den ihm zu diesem Behufe gänzlich überwiesenen Instituten, dem Versuchsgarten nebst Gewächshause und dem Laboratorium entfaltete er daher auch eine reiche Thätigkeit während der ihm in Wien noch vergönnt gewesenen kurzen Frist des Lebens und Wirkens. Obschon ihm seine Lehrthätigkeit an der neuen Wiener Hochschule, die nun einerseits von vorzüglichen Lehrkräften und andrerseits bald von imponirender Frequenz getragen wurde, die dankbare Verehrung seitens der Studirenden eintrug, so widmete er dennoch den größeren Theil seiner Kraft und Zeit den Aufgaben der wissenschaftlichen Forschung. Eine [273] große Zahl von wissenschaftlich-praktischen Untersuchungen und von Culturversuchen auf dem Gebiete des Pflanzenbaues bildete die reiche Frucht seines Schaffens, welches ihm zugleich den willkommenen Anlaß zu befriedigender und umfangreicher litterarischer Thätigkeit sowie zur dankbaren Unterweisung jüngerer resp. ungeschulter Kräfte in den Arbeiten der Forschung gewährte. Außer vielen in verschiedenen Zeitschriften Oesterreichs und Deutschlands zerstreut erschienenen Artikeln sind besonders die von ihm herausgegebenen „Mittheilungen über wissenschaftlich-praktische Untersuchungen auf dem Gebiete des Pflanzenbaues“, Wien I. Bd. 1875 und II. Bd. 1877 als diejenigen litterarischen Produktionen zu nennen, in welchen H. die Ergebnisse seiner bezüglichen Forschungen niedergelegt hat. Seine Bestrebungen zur Anbahnung höherer Erfolge der Bodencultur waren zugleich auch auf die Förderung der Acclimatisationsunternehmungen gerichtet; auf diesem Wege suchte er die Ersprießlichkeit neuer Pflanzenculturen resp. die wichtigen Eigenthümlichkeiten der verschiedenen klimatisch bedingten Pflanzenspecies und die Resultate des Samenwechsels im Weiteren feststellen zu können. Neben vielen beachtenswerthen Aufschlüssen, die er über hierhergehörige Fragen von botanischem und landwirthschaftlichem Interesse gewann, erzielte er in Wien zuletzt noch mit seinen Culturversuchen ein Resultat von voraussichtlich größerer Tragweite, indem er durch dieselben zur Einführung einer im fernen Osten Asiens heimischen Culturpflanze, der Sojabohne, die sich durch ihre Eigenschaften und die vorzügliche Qualität ihrer Frucht auch nach ihrer Verpflanzung auf mitteleuropäischen Boden auszeichnete, Anlaß zu geben suchte. Ueber die von ihm beobachteten Culturbedingungen dieser Pflanze, über ihre Eigenthümlichkeiten und ihren Culturwerth hatte H. sich zuvörderst zum Zweck der allgemeinen Kundgebung in mehreren Zeitschriften ausgesprochen, und damit wollte er schon für 1877 vielen Landwirthen Oesterreichs und Deutschlands willkommene Gelegenheit zur Anstellung von Anbauversuchen unter den verschiedensten Verhältnissen gegeben haben, um auf Grund derselben die Anbauwürdigkeit jener Pflanze entscheiden zu können.

Außer seinem eigentlichen Berufsleben war H. mehrfach in Anspruch genommen, sei es mit pädagogischen Aufgaben für den Staat, sei es mit einer Executive in der Verwaltung der Wiener Fachschule für Bodencultur. Das kaiserl. königl. Ackerbauministerium hatte ihm die Inspicirung der landwirthschaftlichen Schulen niederen und mittleren Grades übertragen und forderte oftmals seinen Rath in verschiedenen Landesculturangelegenheiten; ihm wurde das ehrenvolle Mandat zu Theil, für das J. 1873/74 das Rectorat der ganzen Hochschule für Bodencultur und im Jahre darauf das Decanat der landwirthschaftlichen Section dieser Anstalt zu führen. Ebenso sah er sich anderweitig noch als correspondirendes Mitglied der kaiserl. königl. Landwirthschaftsgesellschaft zu Wien und derjenigen in Graz in Anspruch genommen, auch gehörte er als Ehrenmitglied der kaiserl. königl. Landwirthschaftsgesellschaft zu Görz und jener zu Roveredo an.

So stand H. auf der Höhe seines rühmlichen Wirkens, dem Anscheine nach im Vollbesitze einer festen bis dahin kaum gestörten Gesundheit und einer rüstigen nach weiterer Bethätigung drängenden Geisteskraft, als er in verhängnißvoller Weise den ungeahnten Anlaß zu seinem frühzeitigen Tode selbst geben sollte. Er war im Spätsommer 1877 nach abgelaufenem Semester zu einem Ferienaufenthalt in das stille Thal von St. Johann bei Ternitz gegangen. Ein Freund von Bergtouren und passionirt im Skizziren eigenartiger Landschaftsbilder mochte er im Vertrauen auf seine noch ungebrochene Körperconstitution sich wol in touristischer Hinsicht zu viel angestrengt haben; er trug aus diesem Aufenthalte eine Geschwulst am rechten Oberschenkel davon, die nach der Heimkehr nach Wien [274] am 7. April 1878 eine gefährliche Operation nöthig machte. Zwar glücklich gelungen, hatte sie dennoch einen Rothlauf zur Folge; eine plötzlich in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai erfolgte Blutung führte den Tod herbei.

So wurde seine Kraft gebrochen noch ehe er die in dem letzten Semester vor seinem Tode in Angriff genommenen Arbeiten vollendet haben sollte. Gerade in dieser kurzen Periode hatte ihn ein außerordentlicher Drang nach Arbeit beseelt, es galt ihm die wichtigeren Ergebnisse seiner Beobachtungen und Studien aus jüngster Zeit wiederum litterarisch zu verwerthen. Wol gelang es ihm noch, die in Aussicht gestellte Schrift: „Die Sojabohne, Soja hispida – Ergebnisse der Studien und Versuche über die Anbauwürdigkeit dieser neuen Culturpflanze“ – soweit auszuarbeiten, daß dieselbe kurz vor seinem Tode in Druck gegeben werden konnte, unvollendet dagegen blieben seine Manuscripte zu einem größeren Werke über den landwirthschaftlichen Pflanzenbau und ebenso wurde die ihn beschäftigende Vorbereitung eines III. Bandes der „Wissenschaftlich-praktischen Untersuchungen“ zu seiner größten Betrübniß durch die letzten Phasen seines Leidens sistirt. Ihm war die Arbeit stets die willkommenste Erholung und Stärkung gewesen und mit dem Wachsen seiner Arbeitskraft hob sich die Größe seiner Aufgaben. Obschon er sich von Selbstvertrauen in seiner ganzen Berufssphäre tragen lassen durfte, so wurde er dennoch von seinen Freunden und Bekannten als ein Muster von Anspruchslosigkeit betrachtet. Mit seinem Tode wurde ein bis dahin ungetrübt gewesenes Familienglück gestört, das er seit Ende der 50er Jahre als Gatte und Vater sich und den Seinigen bereitet hatte; seinen Kindern aber, denen er materielle Schätze, nach welchen er nicht getrachtet auch nicht übermachen konnte, hatte er in väterlicher Liebe und Fürsorge bei Zeiten die Grundsätze und Lebensanschauungen einzuflößen gesucht, die ihn auf seiner ganzen Lebensbahn bei der Entwickelung seines Charakters wie bei der Entfaltung seiner geistigen Kräfte so vortrefflich geleitet haben.

Oesterreichisches landw. Wochenblatt Nr. 19, Jahrg. 1878. Nekrolog über Prof. Fr. Haberlandt, verfaßt von Prof. Hecke, kaiserl. königl. Regierungsrath in Wien, außerdem ergänzt durch Privatmittheilungen seitens des Lehramts-Candidaten Dr. Gottlieb Haberlandt daselbst, ferner Fühling’s landwirthschaftliche Zeitung, 6. Heft, 1878.