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ADB:Harpprecht von Harpprechtstein, Stephan Christoph

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Artikel „Harpprecht von Harpprechtstein, Stephan Christoph“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 625–626, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Harpprecht_von_Harpprechtstein,_Stephan_Christoph&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 12:28 Uhr UTC)
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Harpprecht: Stephan Christoph H. zu Harpprechtstein, Rechtsgelehrter, geb. den 12. (nicht 16.) Juni 1676 zu Lustnau unferne Tübingen, wo sein Vater Joh. Christ. H. als Vogt lebte; studirte in Tübingen, dann in Halle Rechtswissenschaft und erlangte an ersterer Universität die juristische Doctorwürde. 1702 erhielt er die außerordentliche Professur der Rechte in Tübingen, bald darauf wurde er ordentlicher Professor und Hohenzollern-Hechingischer Hofrath. 1709 bekleidete er die Stelle eines Regierungsrathes und Kammergerichtsprocurators in Stuttgart und schrieb einen gründlichen Bericht „Ueber das Post- und Botenwesen im Herzogthum Würtemberg“, 1710, Fol., kehrte jedoch bald wieder auf seinen Lehrstuhl zurück. 1714 wurde unter Herzog Eberhard Ludwig eine allgemeine Landesvisitation angeordnet, deren angeblicher Zweck Ordnung der Verwaltung war, von welcher man indeß allgemein behauptete, daß es auf Ausbeutung der Corporationen und Stiftungen zu Gunsten der erschöpften herzoglichen Kassen abgesehen sei. Damals war jene für Würtemberg so unheilvolle Zeit angebrochen, in der Christiane Wilhelmine von Grävenitz, die Schwester eines unbemittelten mecklenburgischen Edelmannes, als maitresse en titre den Herzog und das Herzogthum beherrschte und stets neue Mittel erfand, sich und dem verschwenderischen Hofe die nöthigen Summen zu verschaffen. Beide H. waren mit der am Hofe allgewaltig herrschenden Partei der Grävenitz verfeindet und ihre Gegner benützten jene Landesvisitation, um sie stürzen. Der Vater Harpprecht’s wurde mit einer Forderung von 20,000 fl., die er aus seiner Verwaltung schuldig geworden sein sollte, angegriffen; der Sohn, Stephan Christoph H., trat für des Vaters Unschuld entschieden ein; er war ohnehin, wie es scheint, das eigentliche Ziel des Angriffes und wurde jetzt mit dem Vater verfolgt. Aufgefordert sich vor die Commission der Landesvisitation zu Waldenbuch zu stellen, wo ihnen der Proceß gemacht werden sollte, kamen sie dem durch schleunige Flucht zuvor. Sie gingen von Tübingen auf österreichisches Gebiet nach Rottenburg am Neckar, fanden im dortigen Carmelitenkloster Schutz und vergebens versuchte man mit List und Gewalt sie zurückzubekommen. Es gelang vielmehr dem Sohne, Stephan Christoph H., nach Rottweil und dann nach Wien zu [626] fliehen. Von Rottenburg aus erließen beide H. in ihrer Sache eine geharnischte „Provocatio coram notario et testibus“ gegen die Landesvisitation. Der Herzog beantwortete dieselbe mit einem Manifeste, das die Landesvisitation in ein besseres Licht setzten sollte und verlangte in Wien ein Reichshofrathsdecret zur Unterdrückung der veröffentlichten Provocation. Allein das ganze Unternehmen des Grävenitz’schen Anhanges gegen die beiden H. war fehlgeschlagen. Dem Vater, Johann Christoph H., hatte man zwar im ersten Anlauf 6000 fl. abgepreßt, auch ließ sich derselbe sammt dem Sohne zu einer gedruckten Abbitte wegen der Provocation herbei. Aber ehe ersterer bald nach der Flucht starb verpflichtete er seinen Sohn, nicht zu ruhen, bis er seine Unschuld dargethan, habe. Herzoglicherseits gab man nach der gelungenen Flucht die Sache fast verloren und bot dem jüngeren H. Niederschlagung des gegen ihn eingeleiteten Straf- und Civilprocesses an, wenn er nur wieder kommen wolle. H. schrieb jedoch von Wien an den Senat der Universität Tübingen: er habe so viel Aerger gehabt, daß es ihm in die Galle und von der Galle in die Glieder gefahren sei; deßhalb habe er die Bäder in Baden (b. Wien) nöthig gehabt, und bitte, ihm die Entfernung als Kurferien zu rechnen. Auf eine weitere Aufforderung erklärte er ausdrücklich, daß er sich nicht sicher glaube, und daß er beim Reichshofrath sein Recht bekommen wolle. Dort wurde seine Klage angenommen, und vergebens ließ sich der Herzog Gutachten über die Zuständigkeitsfrage ausarbeiten; die Tübinger Universität wenigstens erklärte, daß nichts zu machen sei. Die würtembergische Regierung griff nun zur Beschlagnahme des Vermögens und der Einkünfte Harpprecht’s, wogegen dieser in Wien die Beschlagnahme der herzoglichen Gefälle außer Landes zu seinen Gunsten betrieb. Auch Vexationen seiner Mutter, Frau und Kinder sollten ihn mürbe machen. Er ließ jedoch 1714 seine Familie nach Wien nachkommen, wo er mittlerweile lichtensteinischer Hofrath und Kammerdirector geworden war; die gegen ihn angestrengten Processe scheinen aber im Sande verlaufen zu sein. Bald darauf wurde er nebenbei auch fürstlich Mansfeld’scher Kanzler, 1722 fürstlich holsteinischer Justizrath und Professor primarius, zuletzt Prokanzler in Kiel, 1728 Rath der Reichsritterschaft am Niederrhein und Rath einiger Reichsstädte, 1730 geheimer Rath des Herzogs Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen, der ihm wegen ersprießlich geleisteter Dienste mit besonderer Huld zugethan war; endlich lichtensteinischer Geheimrath zu Wien, in welcher Eigenschaft er am 11. Januar 1735 zu Wien (nach Georgii ohne nähere Quellenangabe in Meiningen) sein reichbewegtes Leben beschloß. – Kaiser Karl VI. hat H. mit dem Beinamen „zu Harpprechtstein“ in den erblichen Adelsstand erhoben und ihm nebst einer Gnadenkette den Charakter eines kaiserlichen Rathes verliehen. Aus seiner schon 1698 eingegangenen Ehe entstammten zwei Söhne, Johann Andreas († 1771) und Johann Friedrich, welch’ beide die juristische Laufbahn verfolgten. Seine Tochter, Johanna Elisabeth, verehelichte sich mit Joh. Friedrich Herwarth v. Bittenfeld, der in der Schlacht bei Kolin am 18. Juni 1757 als preußischer Oberst an der Spitze seines Regiments fiel. Als Schriftsteller machte sich H. durch die beiden Werke: „Non usus modernus speculi suevici et praesertim juris feudalis Alemaniae in terris vicariatus suev.-franc-palat.“, Kiel 1723, und „Sacri Rom. Imperii liberae et immediatae nobilitatis prae civitatibus imperialibus jus sessionis, Hamp. et Lips. 1727, sowie durch einige Deductionen bekannt, welche er zur Vertheidigung der Rechte des würtembergischen Hauses fertigte.

Tübinger Univers.-Acten. – Bök’s Gesch. der Univ. Tübingen, S. 151. – v. Georgii, Biogr.-genealog. Blttr. etc., S. 314. – Hirsching, Hist.-litter. Handb. II. 363. 366. Moser, würt. Bibl. 34. 158.