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ADB:Hegnenberg-Dux, Friedrich Adam Justus Graf von

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Artikel „Hegnenberg-Dux, Friedrich Adam Johann Justus Graf“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 285–288, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hegnenberg-Dux,_Friedrich_Adam_Justus_Graf_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 02:01 Uhr UTC)
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Hegnenberg: Friedrich Adam Johann Justus Graf H.-Dux, Staatsmann, geb. am 2. September 1810, † am 2. Juni 1872. – Wenigen Adelsgeschlechtern ist es gestattet, auf einen Stammherrn zu blicken, wie auf Georg Dux, den Sohn Herzogs Wilhelm IV. von Baiern und der Margaretha von Hausen, einen Zeitgenossen Georgs von Frundsberg und Schertlins von Burtenbach. Kaum 15 Jahre alt, kämpft er in der Entscheidungsschlacht zu Pavia (1525); er soll in der Reihe jener gestanden sein, welche Franz I. den Degen entwanden. Zehn Jahre später lagert er mit dem kaiserlichen Heere vor Tunis, und rettet mit eigener Gefahr den Kaiser vor dem Andrängen tunesischen Fußvolkes. Deshalb mit dem burgundischen Kreuze geschmückt, ficht er dann in Frankreich und den Niederlanden, in Ungarn und Algier unter kaiserlichen Fahnen. Der schmalkaldische Krieg bietet ihm den letzten Anlaß zu altem Waffenruhme neuen zu fügen. Als er sich noch vorher am 1. August 1542 mit dem Hoffräulein Wandula v. Paulsdorffer, die er zwei Jahre später mit großem Gepränge heimführte, verlobte, verlieh ihm Wilhelm IV. die oberbaierische Hofmark Hegnenberg. Georg nannte sich nun nach derselben und erhielt vom Kaiser Ferdinand am 26. September 1562 einen Wappenbrief. 1547 wurde er Statthalter zu Ingolstadt, später auch Pfleger in Abensberg und starb hochbetagt ums Jahr 1596. Von dessen Nachkommen erhob Ferdinand Maria am 2. October 1673 den kurfürstl. Rath und Wildmaister Friedrich Peter v. H. für sich und seine Leibeserben in den Freiherrnstand, und Karl Theodor ernannte als Reichsvicar am 3. September 1790 den baierschen wirklichen geheimen Rath, Georg Anton Ludwig (geb. 1749, † 1819) zum Reichsgrafen. Aus der Ehe dessen Sohnes Georg Maximilian Joseph (geb. 1775, † 1835), Oberst der Cavallerie und kurfürstl. Hofrath, entstammten: Georg Max Joseph Casimir (geb. 1801), welcher am 14. Februar 1819 den Folgen einer zu Würzburg im Duelle erhaltenen Wunde erlag, und der Eingangs erwähnte Friedrich Adam Johann H., welcher nach absolvirten Gymnasialstudien die Universität Würzburg bezog und dort neben juristischen Collegien aus Vorliebe für Arzneikunde mehrere medicinische Vorträge hörte. Er wollte sich eben der Prüfung für den Staatsdienst unterziehen, als er in Folge des Todes seines Vaters (15. Januar 1835) das alte Erbe seiner Ahnen, die Hofmark Hegnenberg, übernehmen mußte, und sich nun der Landwirthschaft widmete. Damals brach in Baiern jene Zeit an, in welcher das liberale Element von einem Theile des Adels und des Clerus kräftige Förderung fand; auch H. schloß sich der liberalen Partei an und so wurde er nach dem ständischen Wahlgesetze im November 1845 von seinen oberbaierschen Standesgenossen in die Kammer und von dieser in den Finanzausschuß gewählt. Seine ersten Vorträge betrafen die käufliche Uebernahme des baierschen Donau-Dampfschifffahrtsunternehmens durch den Staat und die Militärrechnungen; sie sind nicht blos streng sachlich, sondern auch sehr gründlich behandelt und lassen bereits den praktischen Blick und die politische Befähigung des Verfassers erkennen. Daß aber H. alsbald auch in der Debatte eine hervorragende Stellung einnahm, beruht auf einem Vorgange, den er selbst später [286] gerne erzählte. Das Ministerium Abel hatte dem pfälzer Advokaten Dr. Willich den Urlaub zum Eintritt in die Kammer verweigert; dessen Reclamation wurde die Quelle langer und heftig geführter Verhandlungen. In Mitte derselben ertheilte der Kammerpräsident Freih. v. Rotenhan dem ihm befreundeten H. das Wort, ohne daß dieser darum gebeten hatte. H. war rasch gefaßt, in kurzer, körniger Rede begründete er seine Abstimmung und trat für die Beschwerde Dr. Willich’s in die Schranken (Verh. d. K. d. Abg. 1845/46 B. II. S. 233). Das Eis war gebrochen; H. stand von nun an in den vordersten Reihen der parlamentarischen Kämpfer, bekleidete bereits auf dem Landtage 1847 die Stelle eines zweiten Präsidenten und übernahm am 31. October ds. Js. zum ersten Male den Vorsitz. Als nach den Märztagen des J. 1848 die besten Männer der Nation mit den besten Hoffnungen auf Deutschlands Einigung sich zum Vorparlamente zusammenfanden, da fehlte auch H. nicht. Am 5. Juni trat er als Mitglied der deutschen constituirenden Nationalversammlung in die Paulskirche, nahm jedoch an den öffentlichen Verhandlungen keinen hervorragenden Antheil und kehrte Ende November 1848 in die Heimath zurück. Dort wurde er auch nach dem neuen Wahlgesetze von 1848 von dem Bezirke Bruck, der ihm während seiner ganzen parlamentarischen Thätigkeit die Treue hielt, als Abgeordneter in die Kammer berufen, abermals zum zweiten Präsidenten ernannt und trat, als sein Freund, Gustav Freih. v. Lerchenfeld, am 2. Juni 1849 den Präsidentenstuhl mit der Führerschaft der liberalen Partei des Hauses vertauschte, an dessen Stelle. Mit der ihm eigenen Sicherheit und Energie fand er sich bald im neuen Amte zurecht. Die Ruhe, welche er bei den erregtesten Sitzungen bewahrte, die Entschiedenheit, womit er die Würde des Hauses nach allen Seiten behauptete, die Umsicht, womit er am Schlusse der verwickeltsten Verhandlungen die Anträge zu gruppiren verstand, all’ das befähigte H. in außergewöhnlicher Weise zum Vorsitz, den er während acht Versammlungen in schwerer, sturmvoller Zeit mit Unparteilichkeit und unübertroffener Gewandtheit geführt hat. Hierdurch gewann er aber auch im Vereine mit Freih. v. Lerchenfeld, dem er bis zu dessen Tode treu befreundet blieb, einen beherrschenden Einfluß nicht blos auf die Kammer, sondern auch auf die politische, namentlich auf die constitutionelle Gestaltung des Landes im Sinne besonnener Fortentwickelung des Staatslebens. Sein Wirken ist mit jener wichtigen Periode der baierischen Geschichte eng und segensvoll verflochten. Vor 1848 in der Opposition, nach dem Umschwunge dieses Jahres mit der Regierung Hand in Hand gehend, dann in der Reactionszeit wieder oppositionell, – nie die Unabhängigkeit seiner Ueberzeugung verleugnend, hat er wesentlich zum Sturze des Ministeriums von der Pfordten-Reigersberg und hiermit des damaligen Systems beigetragen. Dem Grafen H. im Vereine mit seinen politischen Freunden (v. Lerchenfeld, Bauer, Edel, von Pfetten, Pözl u. A.) ist zu danken, daß Baiern an den Errungenschaften auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens Theil nahm, ohne an jenen gewaltsamen Erschütterungen zu leiden, welchen fast alle deutschen Staaten in den fünfziger Jahren ausgesetzt waren. Die Erregungen des politischen Lebens, mehrfache häusliche Unfälle, namentlich das langwierige Leiden seiner Gemahlin, einer Freiin v. Gebsattel, äußerten allmählig auf seine Gesundheit nachtheiligen Einfluß und steigerten das angeborene Herzleiden. Am 27. November 1865 legte er nach vollendeter 20jähriger Kammerthätigkeit sein Mandat nieder, wol auch in dem Gefühle der Lockerung der eigenen Partei und des Auftretens selbstsüchtiger Parteiumtriebe. Er lebte nun in ländlicher Ruhe zu Hofhegnenberg, bewirthschaftete sachkundig seine Güter und wußte in nachbarlichen Kreisen durch Wort und Beispiel anregend zu wirken. Das ihm unter dem Ministerium Hohenlohe gemachte Anerbieten des Eintrittes in das Ministerium ohne Portefeuille, [287] die Uebernahme des Berliner Gesandtschaftspostens, lehnte er gleich der zugedachten Reichsrathswürde entschieden ab, folgte jedoch mit ganzer Theilnahme den großen geschichtlichen Ereignissen, welche sich seit dem Sommer 1866 vollzogen und von denen Baiern so tief und unmittelbar berührt wurde. Er war seit seinem öffentlichen Auftreten ein warmer Anhänger der großdeutschen Richtung; mit freudigen Hoffnungen hatte er den Frankfurter Fürstentag begrüßt und das Ausscheiden des deutsch-österreichischen Gebietes aus Deutschland mag ihn schmerzlich ergriffen haben. Allein der Tag von Sadowa hatte das großdeutsche Programm begraben; der praktischen staatsmännischen Natur Hegnenberg’s war es gründlich zuwider, Unerreichbarem nachzustreben oder sich nutzlos gegen vollzogene Thatsachen aufzulehnen. Das 1870 kraftvoll geeinigte Deutschland versöhnte ihn mit den 1866 unerwartet eingetretenen Ereignissen, und er sah in dem offenen, rückhaltlosen Anschlusse Baierns an Preußen und die übrigen deutschen Staaten den einzigen Weg, welcher Baiern zum Heile führe. Dagegen verkannte er nicht den noch unfertigen Zustand der Reichsverfassung, wobei der Wunsch nach deren Ausbau im föderativen Sinne und nach Wahrung der Stammeseigenheiten seinen Ansichten nahe stand. – Die angedeuteten politischen Vorgänge, die Schöpfung des Deutschen Reiches unter Preußens Führung, die erbliche Kaiserkrone auf dem Haupte der Hohenzollern, die Beschlüsse des vatikanischen Concils und die hieraus entsprungene altkatholische Bewegung haben auf die politischen Zustände keines Landes solch’ tiefgehende Wirkung geäußert, wie auf Baiern, wo auch der durch die confessionellen Verhältnisse gesteigerte Parteihader sofort aufs Heftigste entbrannte. Das Land war politisch in zwei nahezu gleich starke Lager getheilt, welche sich in Presse und Versammlungen leidenschaftlich befehdeten und dieser Zustand fand sein Widerspiel in der Kammer der Abgeordneten. Mit gelähmter Kraft arbeitete die Staatsmaschine, das Ansehen der Regierung sank und wenn sie im parlamentarischen Ringen auch Siege erfocht, so waren es zu häufig nur Pyrrhussiege. Als nun im Frühsommer 1871 der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Graf Bray, seine Entlassung erbat und auf seinen Wiener Gesandtschaftsposten zurückkehrte, weil er des Zwistes müde war und sich in kirchenpolitischen Fragen mit seinen Collegen nicht in voller Uebereinstimmung fand, da rief die Krone den Grafen H. an die Spitze des Ministeriums. Die Berufung eines Mannes von dem lauteren Charakter, von der politischen Vergangenheit Hegnenberg’s sollte versöhnend, beruhigend auf die erregten Gemüther wirken und klar den Weg kennzeichnen, welchen Baiern in der äußeren, wie inneren Politik einschlage. H. war sich der Schwierigkeit der Lage, der Schwierigkeit der gestellten Aufgabe wohl bewußt; doch opferbereit übernahm er trotz seines leidenden Zustandes das dargebotene Portefeuille, wobei er sich einen „politischen Landwehrmann“ nannte, „der, obwol vom Dienste befreit nach seinen Jahren, doch dem Rufe des Vaterlandes, nachdem derselbe so dringend ergangen, sich nicht entziehen dürfe.“ Am 21. August 1871 erfolgte die Ernennung zum Staatsrathe im ordentlichen Dienst und zum Staatsminister des königl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten mit dem Vorsitze im Ministerrathe. Zugleich wurde nach Auflösung des Handelsministeriums das Verkehrswesen Hegnenberg’s Leitung unterstellt, dessen Reorganisation er alsbald in Angriff nahm, wie er überhaupt die Geschäfte mit einer Vertrautheit handhabte, welche nicht ahnen ließ, daß er früher nie im Staatsdienste gewesen. Die Haltung des neuen Ministers in Fragen des Altkatholicismus (dem er übrigens keine Entwickelungsfähigkeit zutraute), war nicht nach dem Geschmack der „Kammerpatrioten“, und so richteten sie, nicht entmuthigt von ihren bisherigen Mißerfolgen, wider das neue Ministerium neue Angriffe; jedoch vergeblich. Die Bischofsbeschwerde wegen des altkatholischen [288] Pfarrers Renftle in Mehring, die Aufhebung der diplomatischen Stellen des Auslandes mit Ausnahme von Oesterreich, der Schüttinger’sche Antrag wegen Wahrung des baierschen Reservates gegenüber Art. 78 der deutschen R.-Verf. wurden vom Hause verworfen, wobei H. seinen ganzen moralischen Einfluß in die Wagschale legte. Wie schwer und schmerzlich diese Verhältnisse auf dem seinem Baierlande treu ergebenen Manne lasteten, das zeigt die Rede vom 27. Januar 1872, die letzte, welche er gehalten, in der er entrüstet über die Winkelzüge clerikaler Parteitaktik den Führern sein „Fluch der Lüge“ zudonnerte, das enthüllt ein Brief, welchen er zwei Tage nach jener Rede schrieb: – – „wenn man“, klagt er dort, „das Land rettungslos dem Einheitsstaate in den Rachen jagen will, so kann ich es leider nicht hindern, und ich segne den Tag, der mich wieder aus einer ebenso schwierigen als verantwortungsvollen Stellung erlöst.“ Und der Tag der Erlösung stand näher als H. geahnt hatte, aber er führte nicht zu zeitlicher, er führte zu ewiger Ruhe. Am Abende des 2. Juni 1872 starb H. Die Arbeit des erkrankten Herzens war immer schwerer geworden, bis es plötzlich stille stand. Vier Tage später wurde die Leiche in der alten Familiengruft zu Steindorf bei Hofhegnenberg beigesetzt – still und prunklos, wie es der Verstorbene ausdrücklich gewollt hatte. Zahlreiche Leidtragende aus der Stadt und vom Lande hatten sich hierzu eingefunden. Hinter dem Sarge schritt Hegnenberg’s einziger Sohn, Graf Lothar H., geb. am 3. August 1847, der unter baierschen Fahnen muthig in Frankreich gekämpft hat. – H. war von mittelgroßer, gedrungener Gestalt und feinen Umgangsformen. Sein lebhaftes dunkles Auge, seine festgeschlossenen Lippen verriethen Thatkraft und bestimmtes Wollen. Er war ein sehr schlagfertiger Redner; klar in den Argumenten, kurz und lichtvoll in der Ausführung. Die Feinheit seiner mit attischem Salze gewürzten Diction, die Schärfe seiner Dialektik sind von Wenigen übertroffen worden. Auch im gewöhnlichen Umgange war sein Gespräch geistvoll anregend und entbehrte selten einer Beigabe von Humor, der ihn auch während seines Leidens nicht verließ. So schreibt er wenige Wochen vor seinem Tode einem Freunde: „Ich bin ein Mensch, der auf der Kirchhofmauer liegt, und jede Stunde nicht weiß, ob er hinein- oder herausfallen wird“; und in den Anordnungen für den Todesfall verfügt er: „mein Leichnam soll secirt werden, wobei ich sehr bedauere, nicht gegenwärtig sein zu können“. Treu seinem Könige, hat H. auch in der kurzen Spanne amtlichen Wirkens Baiern und Deutschland werthvolle Dienste geleistet. Sein Verlust ist für sein engeres Vaterland unersetzt geblieben. Charakterfestigkeit und Seelenadel sind in unseren Tagen bei Staatsmännern seltene Tugenden; H. hat sie im vollen Maße besessen.

Kneschke, Neues allgem. d. Adelslexikon IV. und die dort angef. Litteratur. – Nekrolog Georgs v. Hegnenberg genannt Dux im Archiv für Officiere aller Waffen. München, 7. Jahrg. III. Bd. 1–14. – Deutsche Warte II. 763. – 34. u. 35. Jahresb. des histor. Vereins für Oberbaiern, S. 174–76.