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ADB:Hemming, Nicolaus

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Artikel „Hemming, Nicolaus“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 724–725, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hemming,_Nicolaus&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 13:12 Uhr UTC)
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Hemming: Nicolaus H., geboren in Einbolds auf der Insel Laaland am 22. Mai 1513, † in Roeskilde auf der Insel Seeland am 23. Mai 1600, ist zwar kein Deutscher; wir glauben aber ihn wegen seines engen Zusammenhanges mit den Reformatoren nennen zu sollen. Sohn eines Landmannes, wurde er von einem Oheim, welcher Grobschmied war, erzogen und besuchte die Schulen zu Nyested, Nyekjöbing und Roeskilde, worauf er (1533) die Universität Wittenberg bezog, wo er fünf Jahre hindurch als besonders bevorzugter Schüler Melanchthons studierte, während er den Lebensunterhalt durch Abschreiben und [725] Unterrichten erwerben mußte. Nach Abgang von der Universität erhielt er auf Melanchthons Empfehlung eine Hauslehrerstelle bei Olaus Nikolai in Malmö und hierauf 1543 den Lehrstuhl des Griechischen und Hebräischen an der Universität Kopenhagen, wo ihm 1544 auch die Dialectik und 1547 eine ordentliche Professur der Theologie und bald hernach das Amt eines Vicekanzlers übertragen wurde. Er war der Mittelpunkt der melanchthonischen Schule in Dänemark und sowie er später nach bekannter Analogie den Beinamen Praeceptor Daniae erhielt, so war es auch seinem Einfluße zuzuschreiben, daß der König von Dänemark die Einführung der Concordienformel nie zuließ, sondern das sog. Corpus Philippicum als Richtschnur annahm. In seiner gemäßigten vermittelnden Richtung und seinem Streben nach friedfertiger Eintracht fand er sich veranlaßt (6. April 1576), sein Glaubensbekenntniß zu formuliren, welches alle Streitigkeiten vermeiden sollte. Aber eben darum konnte es auch nicht fehlen, daß er von strengeren Parteianhängern verdächtigt wurde und insbesondere waren es die damaligen Zänkereien über die sog. Ubiquität, welche ihm den wiederholten Vorwurf einer Hinneigung zu den Reformirten oder eines Kryptocalvinisten eintrugen. So kam es, daß er 1579 auf Andringen des Churfürsten August von Sachsen (des Schwagers des Dänenkönigs Friedrich II.) aus seinen bisherigen Aemtern entlassen und durch Verleihung eines Canonicates am Dome zu Roeskilde in eine unerbetene Zurückgezogenheit versetzt wurde. Einige Jahre vor seinem Tode hatte er das Unglück zu erblinden. – In seinen von den Melanchthonianern sehr geschätzten theologischen Schriften, deren mehrere in seinen von Sim. Goulart herausgegebenen „Opuscula theologica“ (1586) sich finden, bekämpfte er mehrmals die Lehre von der Ubiquität, so z. B. in den „Catechismi quaestiones“ (1560) oder in dem „Syntagma institutionum christianarum“ und in „Immanuel wider Jacob Andreä“ (1583); viel benützt wurden „De methodis“ (1552) und „Enchiridion theologicum“ (1558 f.); gegen die Katholiken war seine „Antichristomachia“ gerichtet; auch gab er außer einer „Historia Jesu Christi“ (1562) und einer dänisch geschriebenen „Via vitae“ (lateinisch von Vellejus, 1574) mehrere Commentare zu den Psalmen, zu den kleinen Propheten und zu den meisten Büchern des Neuen Testamentes heraus; der Praxis des Kirchenrechtes gehört an „De coniugio, repudio et divortio“. Eine hervorragende Stelle aber im Gebiete der Rechtsphilosophie nimmt seine Schrift „De lege naturae apodictica methodus“ (1577) ein, insofern er in derselben nicht nur die Anwendung des mathematischen, d. h. euclidischen Entwicklungsverfahrens empfahl, sondern auch grundsätzlich sich von der bis dahin üblichen moraltheologischen Auffassung entfernte. Indem ihm die Verdunklung der Vernunft nicht mehr als Hinderniß der Erkenntniß erscheint, sondern nach seiner Ansicht das von Gott in den Menschen gelegte natürliche Gesetz von instinctiven Anfängen aus zu festen Grundsätzen des häuslichen, des staatlichen und des zu Gott zurückführenden geistigen Lebens den Weg weist, ist ihm der Dekalog nicht mehr Auctorität und Ableitungsgrund des natürlichen Rechtes, sondern Gegenstand der Prüfung, ob er mit dem Naturgesetze übereinstimme. Allerdings ist hierbei weder eine Scheidung des Rechtsgebietes von der Moral noch eine philosophische Begründung der Einzelnerscheinungen einer Rechtsordnung versucht.

Ersch und Gruber, Allgem. Encyclop., woselbst Hemmings Schriften aufgezählt sind. Herzog, Real-Encyclop. für protest. Theol. Bd. V, S. 734 ff. C. von Kaltenborn, Die Vorläufer des Hugo Grotius, S. 237 ff.