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ADB:Hergot, Hans

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Artikel „Hergot, Hans“ von Johann Karl Seidemann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 210–212, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hergot,_Hans&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 15:25 Uhr UTC)
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Herrgott: Johann H., druckte seit 1522 in Nürnberg und war zugleich Buchführer. Schon 1523 klagte Luther, daß jetzt Viele sich des falschen Druckens und Verderbens der Bücher befleißigten; unter diesen zog sich auch H., der bis 1526 – sein Vertrag mit Michel Ruden über den Druck eines neuen Testaments mit Figuren vom 16. Juli 1526 ist im Nürnberger Stadtarchive vorhanden – meist deutsche Bibeln druckte, Luthers Unwillen zu durch Nachdruck der Decemberausgabe des Neuen Testaments, so daß Luther am 26. Septbr. 1523 (De Wette VI. 70) bei dem Nürnberger Rathe gegen „das Herrgöttlein" und Genossen klagbar wurde und um Abstellung des Nachdruckerunfugs ansuchte. Als Münzer am 27. Septbr. 1524 aus Mühlhausen hatte weichen müssen, begab er sich nach Nürnberg, trat hier mit Johann Denk, Schulrektor zu St. Sebald, in Verbindung und ließ seine „Hochverursachte Schutzred“ wider Luther drucken, ob noch Anderes und ob bei Herrgott? ist unerwiesen und nur so viel sicher, daß in seiner Werkstatt durch seine Gesellen insgeheim für den wandernden Buchführer Mellerstadt eine Schrift Münzers gedruckt wurde, von welcher mehrere hundert Exemplare nach Augsburg, wo Urbanus Rhegius eine Unterredung mit Münzer hatte, vor Beschlagnahme durch den Nürnberger Rath gerettet wurden; jeder der Gesellen erhielt 2 Tage Lochgefängniß, auch Mellerstadt ward eingezogen, aber bald wieder losgelassen und ihm für 400 weggenommene Exemplare vom Rathe mitleidig Geldentschädigung gewährt; vgl. v. Soden, Beiträge zur Geschichte der Reformation S. 204, 258, 341, 381, mein [211] Münzer S. 49. – Wohl im Herbste 1526, wo nicht schon 1525, erschien: Von der new- | en wandlung | eynes Christlichen | Lebens. | – – Hutt dich | Teuffel, die Hell wirdt | zurbrechen. | Titel zwischen zwei nach oben schmäler werdenden, bauchigen Säulen, die oben einen Bogen tragen, unten zwischen ihnen zwei Edelknaben, die ein zackiges Schild halten. 20 Octavblätter, deren letzte zwei leer sind. Signaturen A ij bis C v, B nur bis jjj, aber mit 4 Blättern; Custoden; kein Wasserzeichen; ohne Jahr, Ort, Drucker. Daß H. sie gedruckt oder gar verfaßt habe, ist nicht zu ermitteln. Sie vertheidigt die Sache der niedergeworfenen aufrührerischen Bauern, mißbilligt das harte Urtheil über sie, weissagt neue Umkehr des Bestehenden nur zu Gunsten der Bauerschaften, baut ein Utopien in communistischem Sinne auf und verwirft alle kirchlichen Secten, ist aber nicht ausgesprochen wiedertäuferisch; vgl. Uhlhorn, Urbanus Rhegius S. 136, 355. Der wider Luther und seine Anhänger fleißigst schreibende Leipziger Dominikaner Petrus Sylvius von Forst bezeichnet sie am 23. Juni 1527 und nochmals 1536 als Traumbuch Herrgott’s und ihren Inhalt als unsinnige und aufrührerische Träume desselben. Das Schriftchen kam, wo nicht früher, zum Neujahr 1527 (vielleicht nur in einem einzigen, dem in Leipzig noch heute vorhandenen Exemplare und aus Halle), nach Leipzig und wurde bei dem Studenten Martin Mentzer, welcher scriba d. i. Schreib- und Schulmeister war und Abschrift davon lieferte und dem Nichtstudenten Johann von Liegnitz, der es umtragen half, aufgefunden. Beide setzte der Rath um Invocavit, 10. März, bis Oculi, 24. März, ohne der Universität die gebührende Meldung zu thun, gefangen und ließ sie alsdann in vierspännigen Wagen durch Hans Jungerwirth (?) und andre reitende Knechte, sammt andern Dienern auf herzoglichen Befehl nach Dresden bringen: die Reisekosten hin und zurück, 3 Thaler 9 Groschen 3 Pfennige, trug die Stadtkasse. Die Universität kam dawider ein und Herzog Georg sandte beide zurück und bestimmte für Mentzer Universitäts- , für Johann von Liegnitz Rathshaft. Nun glich sich, Freitag 3. Mai, die Universität mit dem Rathe über diesen Eingriff in ihre Vorrechte aus. Auch der Student Christoph Brutenus, welcher mit mehreren anderen Nichtstudenten in diese Sache verwickelt war, erhielt unter Bürgenstellung Universitätshaft auf herzoglichen Befehl und suchte dann mit Mentzer beim Rektor um Freilassung nach, da ihre Mitangeklagten und zwar ohne Bürgen, aus der Haft des Rathes bereits entlassen seien. Dazu gab der Herzog aus Dresden am 27. Mai gegen Urfehde seine Einwilligung. – Dieser Vorgang war Vor-, Zwischen- oder Nachspiel zu der Einkerkerung Herrgotts, der Neujahr oder Ostern 1527 in Geschäften selbst nach Leipzig gekommen sein muß. Ueber den Prozeß, der ihm gemacht wurde, schwebt noch immer tiefes Dunkel. Montags nach Cantate, 20. Mai 1527, ist er öffentlich, wol auf dem Markte, hingerichtet worden. Die Stadtkasse berechnete Sabbato post Cantate, 1. Juni: Von Hergot zu begraben dem Todengreber 6 gr. In dem Aktenstücke des Stadtarchivs VII. B. Nr. 1: „Religion betreffende Sachen. Nachrichten über die Reformation des 16. Saeculi enthaltend“, befindet sich das unbeschnittene Exemplar des Schriftchens und eine gleichzeitige Hand hat auf dem angehefteten Papierumschlage bemerkt: Hans Hergots von Nurmberg vffrurisch buchlein, vmb welchs willen er mit dem Schwerte alhir gericht. Montag nach Cantate Anno Dom. xvc xxvy. Ein zweites Exemplar besitzt die Stadtbibliothek zu Zwickau in Sachsen in dem Sammelbande XVII, VIII, 21. Vgl. meine Reformationszeit in Sachsen, I. S. 83 ff. und Albrecht Kirchhoff’s Johann H., Buchführer von Nürnberg und sein tragisches Ende 1527 im Archiv für Geschichte des Deutschen Buchhandels. I. Leipzig, 1878, 8°, S. 15–55, wo auch S. 37–47 das Schriftchen als Anhang abgedruckt ist. Dr. W. Auerbach (d. i. Dr. med. Ewald Dietrich). [212] Die Blutzeugen des Protestantismus, Johann H., Buchführer und Buchdrucker zu Leipzig und seine Genossen. Grimma 1839. 12. Ein Aufsatz über H. in Leipzig erschien in: Deutsche Blätter, ein Beiblatt zur Gartenlaube. 1864. Juni. – Herzog Georgs Ingrimm gegen Luther und seine langanhaltende Angst vor dem Gespenste Münzers und seiner Bauernrotten erklären sein Verfahren gegen H. Der pirna’sche Mönch (Menck. II. 1576) weiß nur, daß 1527 in Leipzig ein Buchführer enthauptet und seine ketzerischen Bücher verbrannt worden seien. Waren dies seine anderen Verlagsartikel aus den Jahren 1525 und 1526? (Hat er auch Luthers Schrift wider den Mainzer Rathschlag 1526 nachgedruck? Weller’s Repertorium S. 430 Nr. 3899. Köstlin II. 8. 613). – Seine Wittwe Kunigunde führte in Nürnberg die Druckerei fort bis 1538 und nahm vielleicht erst 1527 das Druckerzeichen an, welches einen bärtigen Mann und ein Weib darstellt, die einen Schild halten, worin ein abgehauener Schwanenhals steht, zu jeder Seite mit dem Buchstaben H. (Weller, S. 426 f. 466. 177. 393).