Zum Inhalt springen

ADB:Herloßsohn, Georg Karl Reginald

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Herloßsohn, Georg Karl Reginald“ von Ernst Kelchner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 118–120, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Herlo%C3%9Fsohn,_Georg_Karl_Reginald&oldid=- (Version vom 30. November 2024, 20:47 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Herlitz, David
Nächster>>>
Herluca
Band 12 (1880), S. 118–120 (Quelle).
Karl Herloßsohn bei Wikisource
Karl Herloßsohn in der Wikipedia
Karl Herloßsohn in Wikidata
GND-Nummer 100166326
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|12|118|120|Herloßsohn, Georg Karl Reginald|Ernst Kelchner|ADB:Herloßsohn, Georg Karl Reginald}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100166326}}    

Herloßsohn: Georg Karl Reginald, Schriftsteller, geb. den 1. Sept. 1804 zu Prag, † den 10. Decbr. 1849. Sein eigentlicher Name war Herloß, seine Jugend- und Familienverhältnisse, welche er in dem Gedichte „Mein Weihnachtsbaum 1830“ (Buch der Lieder, S. 59) schildert, waren der traurigsten Art. Als siebenjähriger Knabe kam er in die Pfarrschule zu St. Niklas und konnte schon mit 16 Jahren (1820) die Universität besuchen. In gleichem Jahre trat H. mit seiner ersten Arbeit, der Novelle „Treu bis in den Tod“, in die Oeffentlichkeit (in Müller’s Taschenbuche „Feierstunden“). Seine traurigen häuslichen Verhältnisse zwangen ihn doch endlich, seine Vaterstadt zu verlassen und sich zur Fortsetzung des Rechtsstudiums nach Wien zu wenden; ohne Empfehlungen und ohne Mittel, mußte er hier eine Schule der Entbehrungen und der Leiden durchmachen, die aber sein Gemüth nicht verbitterten. Nach dem Ausbruche des griechischen Aufstandes wäre er gerne unter die Freiheitskämpfer gezogen, ward jedoch polizeilich daran gehindert. In seiner Noth wandte er sich an Zacharias Werner, auf dessen Zureden er fast unter die Liguorianer getreten [119] wäre. Mit der Aussicht auf eine Hauslehrerstelle 1822 nach Prag gegangen, aber in seiner Hoffnung getäuscht, sah er sich abermals in äußerster Noth und mußte sein Leben durch kleine litterarische Arbeiten fristen. Darüber kam er mit Theodor Hell in Dresden in brieflichen Verkehr. In diesem Jahre erschien auch seine zweite Novelle: „Eine Nacht in den Apenninen“ in der Zeitschrift „Kranz“. Endlich 1823 erhielt er durch die Verwendung eines Professors eine Hauslehrerstelle bei dem Amtsdirector Prochaska auf dem Gute Dewitz, eine halbe Stunde von Prag entfernt. Hier verlebte er nun zwei glückliche Jahre, theils unterrichtend, theils dichtend. Auf Anrathen seines Freundes Suchy, welcher in Leipzig studirt hatte, ging er 1825 dorthin. Aber auch hier begann aufs neue ein Leben voller Entbehrungen; erst durch die Bekanntschaft mit dem serbischen Dichter Simon Milutinovich ward seine mißliche Lage verbessert. Jener suchte für sein Heldengedicht „Serbianka“ einen deutschen Uebersetzer und war glücklich, denselben in H. zu finden. Durch einen, um jene Zeit in dem „Gesellschafter“ erschienenen Aufsatz über „Zacharias Werner“ wurde Brockhaus auf H. aufmerksam und nahm ihn für das „Litterarische Conversationsblatt“ (jetzt „Blätter für litterarische Unterhaltung“) als Mitarbeiter an. Damals schrieb er auch seinen ersten Roman: „Die Fünfhundert von Blanik“, wofür er im Ganzen 28 Thaler Honorar erhielt. Aber mehr noch machten „Emmy“ und „Vielliebchen“, zwei Parodien auf die Clauren’schen, damals von dem deutschen Publicum verschlungenen Erzählungen, welche er im J. 1826 unter Clauren’s Namen erscheinen ließ, auf ihn aufmerksam. Es entstand darüber ein Proceß, der während zwei Jahre die ganze litterarische Welt beschäftigte. Nachdem H. von einer schweren Krankheit genesen war, griff er wieder zur Feder. Er führte das freie Leben eines Litteraten, schrieb politische Satyren, Romane und Anderes, unternahm 1827 eine Reise nach dem Rhein, 1828 nach Berlin, wo er sich bei Saphir mehrere Wochen aufhielt. 1830 begründete er, angeregt durch die politischen Ereignisse und Umwälzungen dieses Jahres, in Leipzig die belletristische Zeitschrift „Der Komet“, welche 18 Jahre hindurch bis 1848 erschien. Sein Begründer hatte des öfteren prophezeit: „Daß der Komet nur dann schlafen gehe, wenn die Preßfreiheit eingeführt und der letzte Esel gestorben“. Er selbst redigirte diese Zeitschrift bis 1840 und wieder von 1844 bis zum Schluß. Daneben schrieb er eine Menge von Erzählungen und Romanen, gab mit von der Lühe das „Damen-Conversations-Lexikon“ (Adorf 1834–38) mit Robert Blum und Hermann Marggraff das „Theater-Lexikon“ (Altenburg 1839 bis 42), das Unterhaltungsblatt „Der Morgenstern“ (Leipzig 1843–44) und 1848 das von Spindler gegründete Taschenbuch „Vergiß mein nicht“ (Leipzig 1848) heraus. Durch diese litterarischen Beschäftigungen verschiedener Art hatte sich seine finanzielle Lage bedeutend verbessert und so lebte er im Ganzen angenehm, bis mit dem J. 1849 eine traurige Veränderung seiner Verhältnisse eintrat, die ihn auch geistig verstimmte und verdüsterte. Als ein heftig auftretendes physisches Leiden, was ihn während 18 Monate ans Krankenlager fesselte, hinzu kam, sah er sich in seiner Thätigkeit gänzlich gehemmt. So starb er, wiederum verarmt, hilflos und verlassen, im Jakobshospital zu Leipzig, in den letzten Wochen seines Lebens nur von dem Prager Buchhändler Kober mit edler Uneigennützigkeit unterstützt und zu derselben Zeit, in welcher der Leipziger seit vielen Jahren im „Tageblatt“ seine Weihnachtsbilder zu lesen gewohnt war. Von seinen zahlreichen Schriften seien noch genannt: „Löschpapiere aus dem Tagebuche eines reisenden Teufels“, 1827, 2 Thle. – „Luftballon oder die Hundstage in Schilda. Ein glück- und jammervolles Schau-, Lust- und Thränenspiel in beliebigen Akten“, 1827. – „Stephan Maly der Montenegrinerhäuptling“, 1828 (1853), 2 Bde. – „Der Venetianer“, 1829, 3 Bde. – „Hahn und Henne. Liebesgeschichte zweier Thiere“, 1830. – „Der Ungar. Historisch-romantisches [120] Gemälde aus der Zeit der Hunyaden“, 1832, 3 Bde. – „Mephistopheles. Ein politisch-satyrisches Taschenbuch aus dem J. 1833“, 1832. „Kometenstrahlen. Eine Sammlung von Erzählungen, ernsten und humoristischen Aufsätzen“, 1833–47, 2 Bde. – „Anatomische Leiden“. Novelle, 1832 (2. Aufl. 1836). – „Scherben“. Gedichte, 1838. – „Zeit- und Lebensbilder“, 1839–1843, 6 Bde. – „Buch der Liebe“ (in 3. Aufl. u. d. T. „Buch der Lieder“). Nebst einem Anhange, 1842 (1849, 1856, 1857). – „Mein Wanderbuch“, 1842, 2 Thle. – „Wallenstein’s erste Liebe“, 1844, 3 Bde. – „Die Mörder Wallenstein’s“, 1847, 3 Bde. – Gesammelte Schriften, Bd. I–VIII und Neue Folge Bd. I–IV. (1836) – „Ausgewählte Romane“, Bd. I–VII 1851 bis 1852. – „Histor. Romane“, 3. Aufl. 1870.

(Thomas) C. Herloßsohn, e. biogr. Skizze, Leipz. 1850. Wurzbach, Biogr. Lex. VIII, S. 370 f. Steger, Ergänzungs-Conv.-Lex. V, S. 441–43. N. N. d. D. II, 1315. Brümmer, Deut. Dichterlex. I. S. 350–52.